Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
Vom Netzwerk:
und die Musik wurde lebhafter, aber sobald die Saiten schwiegen, wurde sie wieder unharmonisch und nahm etwas traurig Martialisches an. Vor der Bar lösten sie sich aus der tanzenden Menge. Josefino ließ die Selvática los, die Chunga richtete sich in ihrem Schaukelstuhl auf, vier Köpfe drehten sich um und blickten die beiden an, und die blieben stehen. Die Leóns wirkten sehr heiter und Don Anselmos Haar war durcheinandergeraten, seine Brille hing schief, und Litumas Mund, voller Schaum, verzog sich, seine Hand suchte nach der Theke, um das Glas abzustellen, seine kleinen Augen ließen die Selvática nicht los, seine andere Hand hatte begonnen, durch seine Haare zu fahren, sie zu glätten, hastig und mechanisch. Plötzlich hatte er die Theke gefunden, die freie Hand schob den Affen beiseite, sein ganzer Körper beugte sich vor, er machte aber nur einen Schritt und blieb wankend stehen wie ein Kreisel ohne Schwung, auf derselben Stelle, die kleinen Augen verwirrt, die Leóns fingen ihn auf, als er schon am Hinschlagen war. Sein Gesicht veränderte den Ausdruck nicht, er sah immerzu die Selvática an, atmete tief aus, und erst als er auf die beiden zuging, ganz langsam, Schaum und Speichel vorm Mund, von den beiden Leóns gestützt, zog jäh etwas Gezwungenes, Schmerzliches, etwas wie ein Lächeln über seine Lippen und sein Kinn zitterte. Freut mich, dich zu sehen, Schatz, und die Grimasse breitetesich über sein Gesicht aus, seine kleinen Augen zeigten jetzt eine unerträgliche Trostlosigkeit, freut mich, dich zu sehen, Lituma, sagte die Selvática, und er, freut mich, dich zu sehen, Schatz, taumelnd. Die Leóns und Josefino umringten ihn, unvermittelt blitzte es in den kleinen Augen auf, eine Art Befreiung, und Lituma wandte sich zur Seite, hielt sich an Josefino fest, grüß dich, lieber Kollege, fiel in dessen Arme, welche Freude, dich zu sehen, Bruderherz. Er hielt seine Arme um Josefino geschlungen und stieß unverständliche Worte aus und dann und wann ein dumpfes Muhen, aber als er sich losmachte, schien er ruhiger, hatte das nervöse Flackern in seinen kleinen Augen aufgehört und auch die Grimasse, und er lächelte echt. Die Selvática stand still da, die Hände vor dem Rock ineinander, das Gesicht verborgen hinter den schwarzen und glänzenden Haarsträhnen.
    »Schatz, wir haben uns wiedergetroffen«, sagte Lituma, kaum mehr stotternd, das Lächeln immer breiter. »Komm her, wir wollen drauf trinken, müssen meine Rückkehr feiern, ich bin der Unbezwingbare Nummer Vier.«
    Die Selvática machte einen Schritt auf ihn zu, ihr Kopf bewegte sich, ihre Haare schwangen zur Seite, zwei grüne Flämmchen leuchteten sanft in ihren Augen auf. Lituma streckte eine Hand aus, nahm die Selvática an der Schulter, führte sie so bis zur Theke, und da waren die passiven und unverschämten Augen der Chunga. Don Anselmo hatte die Brille zurechtgerückt,seine Hände suchten in der Luft; als sie Lituma und die Selvática fanden, tätschelte er sie liebevoll, so mag ich’s Kinder.
    »Die Nacht der Wiederbegegnungen, lieber Alter«, sagte Lituma. »Sehen Sie jetzt, wie gut ich mich betragen hab? Gieß ein, Chunga chunguita, dir selbst auch ein Glas.«
    Er schüttete sein Glas mit einem Schluck hinunter, so daß er keuchte, das Gesicht feucht von Bier und Speichel, der bis auf den schmutzigen Revers des Rockes tropfte.
    »So was von Herz, Vetter«, sagte der Affe. »Wie die Sonne, so groß!«
    »Seele, Herz und Leben«, sagte Lituma. »Den Walzer möcht ich hören, Don Anselmo. Seien Sie nett, tun Sie mir den Gefallen.«
    »Ja, vergeßt das Spielen nicht«, sagte die Chunga. »Dort hinten protestieren sie schon, wollen Sie hören.«
    »Laß ihn noch ein bißchen bei uns, Chunguita«, sagte die Stimme Josés aufdringlich, süßlich, schmelzend. »Er soll noch ein paar Gläser mit uns trinken, dieser große Künstler.«
    Aber Don Anselmo hatte eine halbe Wendung gemacht und kehrte gefügig in die Ecke zu den Musikern zurück, sich an der Wand entlangtastend, die Füße schleifend, und Lituma, immer noch den Arm um die Selvática, trank weiter, ohne sie anzublicken.
    »Wir wollen die Hymne singen«, sagte der Affe. »Ein Herz wie eine Sonne, Vetter!«
    Die Chunga trank jetzt auch. Ihre lässigen, trüben, halbtoten Augen beobachteten die einen und die andern, die Unbezwingbaren und die Selvática, die dunkle Masse der Männer und der Insassinnen, die auf der Tanzfläche inmitten von Gemurmel und Gelächter hin und her wogte, die

Weitere Kostenlose Bücher