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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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abergläubisch, aber ihr habt mich angesteckt.«
    Lalita bekreuzigte sich und bedeutete ihm mit der Hand zu schweigen. Sargento, er sah doch, daß sie des Nachts reisten, wie konnte er da von solchen Dingen reden? Bis Mittwoch also, hm, und Adrián ließ ihn grüßen. Sie entfernte sich, wie sie gekommen war, laufend, und ehe er in das Kontrollhaus trat, um sich anzuziehen, wartete der Sargento, bis die kleine Gestalt sich erneut zwischen den Pflöcken abzeichnete und auf das Boot sprang: Kamerad, man hat dir das Bett gemacht. Er schlüpfte ins Hemd, zog die Hose und die Schuhe an, langsam, umgeben vom ruhigen Atmen der Guardias, und das Boot entfernte sich bestimmt schon zwischen den Kanus und Barkassen in Richtung auf den Marañón, und achtern senkte und hob wohl Adrián Nieves die Stake. DieseLeute aus der Selva, reisten mit ihrem Haus und allem, wie dieser Alte, dieser Aquilino, arbeitete der wirklich schon zwanzig Jahre auf den Flüssen? was für Sitten. Man hörte den Motor anspringen, ein mächtiges Gebrüll, das das Flattern und das Rumoren, das Zirpen der Grillen übertönte und dann schwächer wurde, sich entfernte, und die Geräusche des Urwalds lebten eines nach dem andern wieder auf, eroberten wieder die Nacht: jetzt herrschte erneut nur das Gemurmel der Pflanzen und Tiere. Eine Zigarette zwischen den Lippen, die Hemdsärmel bis zu den Ellbogen hochgekrempelt, ging der Sargento, nach allen Seiten spähend, das Treppchen hinunter und bis zur Cabaña des Teniente: ein ersticktes, fast zitterndes Atmen drang durch das Metallgitter heraus. Er ging hastig den Pfad entlang, inmitten ununterscheidbaren Krächzens, der phosphoreszierenden Pupillen von Uhus und Eulen und der sich ständig wiederholenden, gereizten Melodie der Grillen, spürte, wie immer wieder etwas leicht seine Haut streifte, Stiche wie von Nadeln, trat zarte Pflanzenbüschel nieder, die ächzten, trockenes Laub, das flüsterte, während es unter seinen Tritten zerfiel. Als er vor der Cabaña des Lotsen Nieves angekommen war, wandte er sich um: weißliche Schwaden verschleierten das Dorf, aber auf der Höhe der Hügel schimmerte deutlich das Wohnhaus der Nonnen mit den weißen Mauern, den glänzenden Wellblechflächen, auch der Giebel der Kapelle war zu sehen und ihr schlanker grauer Turm,der in das riesige, hohle Blau hineinragte. Der ringsum aufstrebende Wall des Urwalds, immer von einer sanften Bewegung durchlaufen, stieß unablässig ein eintöniges Gemurmel aus, eine Art nimmer endendes, gutturales Gähnen, und auf dem Acker, in dem die Füße des Sargento versanken, streiften warme und schleimige Egel flüchtig seine Knöchel. Er bückte sich, befeuchtete sich die Stirn und kletterte die kleine Treppe hoch. Das Innere der Cabaña war dunkel, und ein stechender Geruch, verschieden von dem des Urwalds, stieg von den Pfählen auf, so als lägen dort Essensreste oder irgendein verwestes Tier, und dann schlug auf dem Feld ein Hund an. Jemand mochte den Sargento von dem Spalt aus beobachten, der die Hüttenwand vom Dach trennte, zwei von diesen unruhigen Lichtern mochten die Augen einer Frau sein, keine Leuchtkäfer: War er nun ein Mangache oder nicht? wo war sein Ungestüm denn geblieben? Auf Zehenspitzen schlich er über die Terrasse, blickte nach links und rechts, der Hund jaulte in der Ferne weiter. Der Vorhang war zugezogen, und die schwarze Türöffnung der Cabaña atmete dichte Gerüche aus.
    »Ich bin’s, Don Adrián, der Sargento«, rief er. »Entschuldigen Sie, daß ich Sie aufwecke.«
    Etwas Wirres, ein plötzliches Hasten oder ein Wimmern, und dann wieder Stille. Der Sargento pirschte sich bis an die Türschwelle heran, hob die Taschenlampe und knipste sie an: ein kleiner gelber und runderMond huschte nervös über Tonkrüge, Maiskolben, Töpfe, über einen Eimer Wasser hin, Don Adrián: Sind Sie da? Ich muß Ihnen etwas sagen, Don Adrián, und während der Sargento stammelte, glitt der Mond an der Hüttenwand hoch, schwerelos und bleich, ließ Stellagen voller Dosen sehen, kroch über die Bretter und schoß gierig von einem erloschenen Kohlenbecken zu ein paar Rudern, von einigen Umhängetüchern zu einer Rolle Riemen und, da! ein Kopf, der sich duckte, Knie, zwei Arme, die sich abwinkelten: Guten Abend, war Don Adrián nicht da? Der Mond war auf der Gestalt zur Ruhe gekommen, auf der zusammengekauerten Frau, das ranzige Licht bebte auf zwei reglosen Hüften. Warum tat sie, als schliefe sie? Der Sargento redete doch mit ihr, und

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