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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Als er die Augen öffnete, stand sie aufrecht, blickte ihn an, und ihre Augen phosphoreszierten im Halbdunkel, ohne Feindseligkeit, mit einer Art von stillem Staunen. Der Sargento richtete sich ans Geländer gestützt auf, streckte eine Hand aus, und sie ließ sich das Haar berühren, das Gesicht, Schätzchen, wie hatte sie ihm das antun können, was für ein Dummchen sie war, zum Leerlauf hatte sie ihn gezwungen, und er umarmte sie heftig und küßte sie. Sie leistete keinen Widerstand, und nach einem Augenblick legten sich ihre Hände furchtsam auf die Schultern des Sargento, ohne Druck, als ruhten sie aus, Schätzchen: hatte sie bis jetzt noch keinen Mann gekannt, sag? Sie beugte sich ein wenig vor, reckte sich, drängte ihren Mund ans Ohr des Sargento: bis jetzt nicht, Patroncito, nein.»Wir waren auf dem Apaga, und die Huambisas hatten Spuren entdeckt«, sagte Fushía. »Und ich hab mich von den Hundskerlen anführen lassen. Man muß ihnen nachgehen, Patrón, die haben bestimmt viel Gummi bei sich, gehen das abliefern, was sie das Jahr über eingesammelt haben. Ich hab mich rumkriegen lassen, und wir sind den Spuren nachgegangen, aber die Hundskerle waren nicht auf Gummi aus, sondern auf den Überfall.«
    »Sind eben Huambisas«, sagte Aquilino. »Hättest sie eigentlich kennen sollen, Fushía. Und so seid ihr also auf die Shapras gestoßen?«
    »Ja, am Pushaga«, sagte Fushía. »Sie hatten natürlich kein Kügelchen Gummi und haben uns einen Huambisa umgelegt, bevor wir gelandet sind. Die andern sind wild geworden, wir haben sie nicht halten können. Du kannst’s dir nicht vorstellen, Aquilino.«
    »Kann ich mir durchaus vorstellen, ein schreckliches Gemetzel wird’s gewesen sein«, sagte Aquilino. »Sie sind die rachsüchtigsten von allen Eingeborenen. Haben sie viele umgebracht?«
    »Nein, fast alle Shapras hatten noch Zeit, sich im Dschungel zu verstecken«, sagte Fushía. »Nur zwei Frauen waren noch da, wie wir ins Dorf gekommen sind. Einer haben sie den Kopf abgeschnitten, und die andere ist die, die du kennst. Aber es war nicht leicht, sie zur Insel mitzunehmen. Mit dem Revolver hab ich ihnen drohen müssen, sie wollten sie nämlich auch umbringen. So hat das mit der Shapra angefangen, Alter.«
    Zwei Huambisas waren gekommen? Lalita rannte ins Dorf, Aquilino klammerte sich an ihren Rock, und einige Frauen heulten und kreischten: am Pushaga hatten sie einen umgebracht, Patrona, die Shapras hatten ihn mit einem vergifteten Bolzen umgebracht. Und der Patrón und die andern? Es war ihnen nichts zugestoßen, sie würden später kommen, fuhren langsam, brachten viel Beute mit, die sie in einer Aguarunasiedlung am Apaga gemacht hatten. Lalita ging nicht zur Cabaña zurück, blieb bei den Lupunas stehen und blickte über die Lagune, zur Mündung des Pflanzentunnels, und wartete darauf, daß sie auftauchten. Aber sie wurde des Wartens müde und vertrieb sich die Zeit, indem sie auf der Insel umherwanderte, Aquilino immer noch an ihren Rock geklammert: das Bassin der Charapas, die drei Cabañas der Weißen. Die Huambisas hatten ihre Angst vor den Lupunas längst verloren, hatten ihre Hütten darunter aufgestellt, berührten sie, und die Angehörigen des Toten weinten immer noch, wälzten sich auf der Erde. Aquilino lief auf ein paar alte Weiber zu, die Ungurabiblätter zu Matten verflochten. Die Dächer müssen ausgewechselt werden, sagten sie, sonst kommt der Regen, dringt ein und macht uns naß.
    »Wie alt war denn die Shapra, als du sie auf die Insel gebracht hast?« sagte Aquilino.
    »War noch ein Mädchen, vielleicht zwölf Jahre«, sagte Fushía. »Und war noch frisch, Aquilino, hatte noch niemand etwas mit ihr zu tun gehabt. Und hatsich nicht wie ein Vieh benommen, Alter, Liebkosungen hat sie erwidert, war zärtlich wie ein Junges.«
    »Die arme Lalita«, sagte Aquilino. »Die wird ein Gesicht gemacht haben, wie sie dich mit der hat ankommen sehen, Fushía.«
    »Mit der Sau brauchst du kein Mitleid zu haben«, sagte Fushía. »Heute tut’s mir leid, daß ich diese undankbare Nutte nicht richtig hab leiden lassen.«
    Waren sie wild, streitsüchtig? Vielleicht, aber zu Aquilino waren sie gut. Haben ihm beigebracht, wie man Pfeile macht, Harpunen, haben ihn mit den Staken spielen lassen, wenn sie sie zuspitzten, um ihre Blasrohre zu machen, und für bestimmte Dinge taugten sie vielleicht nicht viel, aber – hatten nicht sie die Cabañas und die kleinen Saatflächen und die Umhängetücher gemacht? hatten

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