Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
Vom Netzwerk:
beklagte sie sich denn, wo die Shapra ihr doch nichts wegnehmen würde, hatte es ihr ja schon gesagt, sie würde Dienstmädchen sein.
    »Bis sie ohnmächtig war, blutig hast du sie geschlagen«, sagte Aquilino. »Ich bin einen Monat später angekommen, und die Lalita hat immer noch am ganzen Leib blaue Flecke gehabt.«
    »Sie hat dir erzählt, daß ich sie verprügelt hab, aber nicht, daß sie die Shapra hat umbringen wollen«, sagte Fushía. »Ich war grad am Einschlafen, da habe ich sie den Revolver packen sehen, und da ist mir die Wut gekommen. Außerdem hat’s mir die Schlampe mehr als zurückgezahlt, daß ich sie ein paarmal versohlt hab.«
    »Die Lalita hat ein Herz aus Gold«, sagte Aquilino. »Wenn sie mit Nieves durchgebrannt ist, dann nicht, um sich an dir zu rächen, sondern aus Liebe. Und wenn sie die Shapra hat töten wollen, dann vermutlich aus Eifersucht, nicht aus Haß. Hat sie sich mit der auch angefreundet, später?«
    »Mehr als mit den Achuales«, sagte Fushía. »Hast du das denn nicht gemerkt? Sie wollte nicht, daß ich sie an Nieves abgab, und hat gesagt, sie sollte lieber bei mir bleiben, das tät mir gut. Und wie Nieves sie dann an Pantacha weitergegeben hat, haben sie und die Shapra zusammen geflennt. Hat ihr Spanisch und alles beigebracht.«
    »Frauen sind eigenartig, manchmal ist’s schwer, sie zu begreifen«, sagte Aquilino. »Aber jetzt wollen wir was essen. Nur – die Streichhölzer sind naß geworden, weiß nicht, wie ich den Kocher zum Brennen bringen soll.«
    Sie war schon alt damals, lebte allein, und ihr einziger Gesellschafter war der Esel, das Lasttier mit dem gelblichen Fell und der gemächlichen und umständlichenGangart, auf das sie jeden Morgen die Körbe mit der am Abend vorher in den Häusern der Principales abgeholten Wäsche lud. Sobald der Sandregen nachließ, tauchte Juana Baura aus der Gallinacera auf, in der Hand eine Gerte von einem Algarrobabaum, mit der sie von Zeit zu Zeit das Tier antrieb. Da, wo das Geländer am Malecón unterbrochen ist, bog sie ein, bewegte sich mit kleinen Rutschern einen staubigen Abhang hinab, ging unter den Metallträgern der Alten Brücke hindurch und ließ sich da nieder, wo der Piura ein Loch ins Flußufer gebissen hat und ein kleines Stauwasser bildet. Auf einem großen Stein im Fluß sitzend, das Wasser bis zu den Knien, fing sie an zu waschen, und der Esel ließ sich unterdessen, so wie ein Faulenzer oder ein sehr müder Mensch das tun würde, in den lockeren Sand fallen, schlief oder sonnte sich. Manchmal waren noch andere Wäscherinnen da, mit denen sie sich unterhalten konnte. Wenn sie allein war, wrang sie ein Umhängetuch aus, trällerte, spülte, Quacksalber, Halsabschneider, bringst mich fast um, seifte ein Bettuch ein, morgen ist erster Freitag, Padre García, ich bereue meine Sünden. Der Fluß hatte ihre Fußknöchel und Hände gebleicht, erhielt sie geschmeidig, frisch und jung, aber die Zeit runzelte den übrigen Körper immer mehr, ließ ihn dunkler werden. Beim Hineinwaten in den Fluß waren ihre Füße daran gewöhnt, in ein nachgiebiges Sandbett zu sinken; mitunter spürten sie statt des schwachen Widerstands etwas Festes oder etwas Zähes, Glitschigeswie einen im Schlamm gefangenen Fisch: diese unmerklichen Unterschiede waren das einzige, was die immer gleiche Morgenroutine änderte. Aber an jenem Sonnabend hörte sie plötzlich hinter sich ein Schluchzen, ganz nah und herzzerreißend: sie verlor das Gleichgewicht und kam im Wasser zu sitzen, der Korb, den sie auf dem Kopf trug, fiel um, die Wäschestücke trieben davon. Knurrend und grapschend erwischte sie den Korb, die Hemden, die Unterhosen, und Kleider, und dann erblickte sie Don Anselmo: er hielt den Kopf kraftlos zwischen den Händen, und das Wasser am Ufer umspülte seine Stiefel. Der Korb fiel erneut in den Fluß, und ehe die Strömung ihn überwältigte und versenkte, war Juana am Ufer und über den Mann gebeugt. Verwirrt stammelte sie einige Worte der Überraschung und des Trostes, und Don Anselmo weinte weiter, ohne den Kopf zu heben. Weinen Sie doch nicht, sagte Juana, und der Fluß bemächtigte sich der Wäschestücke, zerrte sie lautlos immer weiter weg. Um Gottes willen, beruhigen Sie sich, Don Anselmo, was ist denn passiert? sind Sie krank? Doktor Zevallos wohnt gegenüber, soll ich ihn rufen? wie Sie mich erschreckt haben! Der Esel hatte die Augen aufgeschlagen, betrachtete die beiden von der Seite her. Don Anselmo mußte schon eine ganze Weile

Weitere Kostenlose Bücher