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Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Das grüne Haus (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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ich hab sie auf immer von der Angst vor den Lupunas geheilt. Der Brand reinigte und entvölkerte die Insel: zwischen den Rauchschwaden schossen Vogelschwärme hervor, und an den Ufern tauchten Affen auf: Maguisapas, Frailecillos, Shimbillos, Pelejos sprangen quietschend auf die treibenden Stämme und Äste; die Huambisas wateten ins Wasser, fingen sie haufenweise, schlugen ihnen mit den Macheten die Köpfe ein, und er, das wird aber ein Bankett für sie werden, Lalita, der Zorn ist schon verraucht, und sie, ich möchte auch etwas essen, und wenn’s Affenfleisch ist, ich hab Hunger. Und als sie zur Insel zurückkehrten, fanden sie mehrere Lichtungen, aber die Lupunas entlang dem Uferabhang standen noch, und an vielen Stellen hatten Gruppen dichter Urwaldstämme überlebt. Sie begannen die Rodung, den ganzen Tag lang warfen sie verdorrte Stämme, verkohlte Vögel, Schlangen in die Lagune, und er, sag mir, daß du zufrieden bist, und sie, ich bin’s, Fushía, und er, glaubst du jetzt an mich? und sie, ja. Hinterher lag eine Fläche ebener Erde da, und die Huambisas spalteten Bäume und verbanden die Holzlängen mit Lianen und er, schau nur, Lalita, das ist wie ein Haus, und sie, das ja gerade nicht, aber besser ist’s, als im Urwald schlafen. Und am nächsten Morgen, als sie aufwachten, hatte ein Paucar sein Nest vor der Cabaña gebaut, sein schwarzes und gelbes Gefieder flammte inmitten des gefallenen Laubes, und er, das bringt Glück, Lalita, der Vogelda ist gesellig, wenn der gekommen ist, dann weil er weiß, daß wir hierbleiben.
    Und noch am selben Sonnabend holten einige Nachbarn die Leiche ab und brachten sie, in ein Bettuch gehüllt, zur Hütte der Wäscherin. Die Totenwache vereinigte viele Männer und Frauen aus der Gallinacera bei Juana Baura auf dem Vorplatz, und die weinte die ganze Nacht, küßte ein ums andere Mal die Hände, die Augen, die Füße der Toten. Im Morgengrauen führten ein paar Frauen Juana aus dem Zimmer, und Padre García half die sterbliche Hülle in den Sarg legen, der mit dem Ertrag einer Geldsammlung gekauft worden war. An jenem Sonntag zelebrierte Padre García die Messe in der Kapelle am Markt und führte den Trauerzug an, und vom Friedhof kehrte er an der Seite Juana Bauras in die Gallinacera zurück: die Leute sahen ihn die Plaza de Armas überqueren, umgeben von Frauen, bleich, mit sprühenden Augen, die Fäuste geballt. Bettler, Schuhputzjungen, Vagabunden schlossen sich dem Trauerzug an, und als der am Markt ankam, nahm er die ganze Breite der Straße ein. Dort, auf einer Bank stehend, begann der Priester zu zetern, und im Umkreis gingen die Türen auf, die Marktweiber verließen ihre Stände, um ihm zuzuhören, und zwei Stadtpolizisten, die versuchten, die Menge zu zerstreuen, wurden beschimpft und mit Steinen beworfen. Die Schreie Padre Garcías waren bis ins Schlachthaus zu vernehmen, und in der ›Estrella delNorte‹ verstummten die Fremden überrascht: Woher kam denn dieser Lärm? wohin gingen all die Frauen? Heimlich, weibisch, hartnäckig ging die Kunde durch die Stadt, während unter einem Himmel voller schmutziger Aasgeier Padre García weitersprach. Wenn er pausierte, hörte man das Schreien der Juana Baura, die zu seinen Füßen kniete. Da fingen die Frauen an, sich dumpf zu erzürnen, zu murren. Und als die Guardias mit den Knüppeln des Gesetzes auftauchten, brandete ihnen ein wildgewordenes Meer entgegen, voran Padre García, lodernd vor Zorn, ein Kruzifix in der Rechten, und als sie den Frauen den Weg verwehren wollten, regnete es Steine, Drohungen: die Guardias wichen zurück, flüchteten in die Häuser, andere stürzten, und das Meer schäumte über sie her, über sie hinweg, ließ sie zurück. So spülten die zürnenden Wogen über die Plaza de Armas hin, tosend, schäumend, strotzend von Prügeln und Steinen, und wenn sie vortobten, knallten die Sperrbalken der Türen herab, schnappten die Pförtchen ins Schloß, die Principales hasteten zur Kathedrale, und die Fremden, im Schutz der Säulengänge, waren sprachlos Zeugen, wie der reißende Strom einherrollte. Hatte Padre García mit den Guardias gerungen? Hatten sie ihn angegriffen? Seine zerfetzte Soutane ließ eine schmächtige und käsige Brust erkennen, lange, knochige Arme. Er hielt immer noch das Kruzifix hoch und stieß heisere Schreie aus. Und dann wälzte sich der Strom an der ›Estrella del Norte‹ vorüber, eine Steingischtspritzte auf und zerschlug die Fenster der Bar zu tausend Scherben, und

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