Das Gutachten
nun das Oberteil
anlassen und nur den Intimbereich entblößen, werden sich viele Frauen ihrer
Nacktheit und noch mehr ihrer Hilflosigkeit bewusst. Die Bluse wirkt dabei
sogar verstärkend, statt einen Schutz zu bieten.«
Sandra hatte seinen Worten
gar nicht richtig zugehört, empfand aber genau das, was er ihr gerade erklärt
hatte. Wäre sie völlig unbekleidet gewesen, hätte sie das wahrscheinlich eher
‚normal‘ gefunden. Jetzt allerdings fühlte sie sich wirklich nackt und
schutzlos.
»Nun darfst du dich gerne
setzen.« Dr. Renn wies auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch, der in etwas
anderer Position als sonst stand. Sie setzte sich auf den Lederstuhl und schlug
ihre Beine im gleichen Moment übereinander.
Dr. Renn war zu seinem
Schreibtisch zurückgegangen und hatte ihr dabei den Rücken gekehrt. Obwohl er
sie gar nicht hatte sehen können, sagte er noch während er sich umdrehte: »Na,
das ist doch nicht Sinn unserer Übung. Spreiz deine Beine!«
Sein Tonfall war nicht
verärgert, erlaubte jedoch keinerlei Widerspruch. Das wusste Sandra sofort und
sie reagierte, wenn auch zurückhaltend. Er sprach langsam und mit tiefer Stimme
weiter: »Erzähl mir heute von deinem ersten Mal, von deinem ersten echten Mal.«
Dr. Renn lehnte sich in
seinem schweren Sessel zurück und beobachtete Sandra, die vorsichtig ihr
rechtes Bein hob und neben das linke stellte. Ihre Knie berührten sich noch
leicht, doch Sandra nahm sich ein Herz und bewegte ihre Beine auseinander.
Wie viele Männer in den
vergangenen Jahren ihren Intimbereich gesehen hatten, konnte Sandra nicht mehr
sagen. Sie hatte sich eigentlich nie besonders geniert, im Gegenteil, oft und
gern hatte sie ihre männlichen Mitmenschen durch aufreizende Kleidung
provoziert und angemacht.
Wenn sie in eine
öffentliche Sauna gegangen war, liebte sie es, sich mit gespreizten Beinen vor
einen Mann zu setzen und scheinbar gedankenverloren an ihren Brüsten und ihrer
Vagina zu spielen. Die Männer mussten sich enorm konzentrieren, um wegzuschauen
und wenn es nicht so heiß gewesen wäre, hätten sie mit Sicherheit eine
sichtbare Erektion bekommen.
Aber jetzt, in diesem Büro
und in Gegenwart von Dr. Renn war die Situation eine andere. Sie hatte die
Kontrolle abgegeben und fühlte sich so unsicher wie schon lange nicht mehr. Auf
der anderen Seite fühlte sie sich nach wie vor erregt, sie spürte ihren
Pulsschlag deutlich in der Halsschlagader und auch ihr Atem ging schneller als
gewöhnlich.
»Sandra, dein erstes Mal.«
»Es war, es war Chris.
Also Christoph. Wir kennen uns ja schon sehr lange. Mein Bruder ist damals in
seiner Klasse gewesen und eigentlich fanden alle Mädchen auf unserer Schule
Chris toll. Er sah klasse aus und jeder wusste, dass er aus einem sehr reichen
Elternhaus kam. Immer coole Klamotten und natürlich der Erste, der einen
Motorroller hatte, dann der Erste, der ein Auto hatte und so weiter halt.«
»Wie alt warst du, als du
ihm zum ersten Mal begegnet bist?«
»Kann ich mich nicht genau
erinnern, er ist zwei Jahre älter als ich. So richtig wahrgenommen habe ich ihn
wohl als ich etwa 13, 14 war.«
»In dem Alter, als du auch
deinen Onkel getroffen hast?«
»Naja, in dem Alter fängt
doch das alles irgendwie an. Vorher liest man eben nur Bravo, schwärmt für
irgendwelche Popstars, deren Poster man sich an die Wand hängt und dann kommt
allmählich der Moment, in dem man sich umschaut, wer denn so alles in der
Realität zu finden ist.«
»Wie war das mit den Jungs
in der deiner Klasse?«
»Ach, die doch nicht. Die
waren doch entweder noch Kinder oder ... oder blöd.« Sandra hatte ein wenig zu
sehr gezögert und sich gleichzeitig etwas zu stark empört, als sie nach einem
Wort für die »blöden« Jungs suchte. Natürlich war dies Dr. Renn aufgefallen und
daher ließ er an diesem Punkt nicht locker.
»Was meinst du mit ‚blöd‘?«
»Was wohl? Blöd halt,
total bescheuert. Wie Jungs eben so sind.«
»Haben sie dir etwas
getan, Sandra?«
Es entstand eine längere
Pause und Sandra überlegte. Warum in aller Welt sollte sie diesem Psychofritzen
eigentlich alles erzählen? Das war doch längst vergessen, nicht mehr wichtig
und außerdem ging den das echt nichts an.
»Sandra, ich habe dir zu
Beginn unserer Sitzungen erzählt, dass es meine Aufgabe ist, ein umfangreiches
Bild von dir zu erstellen, in dem es vor allen Dingen um deine Persönlichkeit
und deine sexuelle Ausprägung geht, weil dies eine wichtige Rolle in der
Beurteilung
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