Das Gutachten
ich nicht noch einmal
aufschreien wollte. So etwas gehört wohl dazu, dachte ich, auch wenn es mir
eigentlich unangenehm war.
Ganz selbstverständlich
zog er mir mein Bikinihöschen aus, er hatte nicht ein einziges Mal auch nur im
Ansatz gefragt, ob ich das wollte, er hat es einfach vorausgesetzt.«
Sandra machte eine Pause
und blickte zu ihrem Lieblingsbild im Zimmer: Es zeigte ein Straßencafé in
Südeuropa, vermutlich in Italien und in der Schwarz-Weiß-Aufnahme konnte sie immer
neue Details erkennen, die ihr beim vorherigen Blick noch nicht aufgefallen
waren. Mal war es ein Blumenstrauß, den ein Geschäftsmann in der einen Hand
hielt, während der mit der anderen telefonierte. Oder die Katze, die nur ganz
dunkel im Schatten eines Autos auf dem Bürgersteig lag, um sich vor der heißen
Sonne zu schützen.
»Möchtest du etwas
trinken?« fragte Dr. Renn in seinem angenehmen Tonfall. Doch Sandra schüttelte
den Kopf, sie wollte die Geschichte jetzt zu Ende erzählen. Erst vor wenigen
Tagen hatte sie diesen Nachmittag noch einmal vor ihrem inneren Auge erlebt.
Sandra hatte in ihrem
Tagebuch begonnen, ihre Biografie aufzuschreiben, ihr noch relativ kurzes
Leben, das so stark von Chris geprägt worden war. Dabei war es ihr wie Schuppen
von den Augen gefallen, dass sie in ihrem eigenen Leben bislang nur eine
Nebenrolle gespielt hatte. Und selbst in dieser Rolle hatte ihr ein
übermächtiger Regisseur und Drehbuchautor alles vorgeschrieben.
»Chris störte es
offensichtlich nicht, dass ich nicht ‚mitmachte‘«, sie malte wieder
Gänsefüßchen in die Luft, »er genoss es, das Heft in der Hand zu haben.
Außerdem hatte er ja längst bemerkt, dass ich nicht wirklich erfahren war und
seine Erwartungen wohl entsprechend heruntergeschraubt.
Er hatte im Lauf der Zeit
meine Möse erreicht und begonnen mit seinen Fingern zwischen meinen Schamlippen
zu fahren. Ich war zwar aufgeregt, aber wahrscheinlich sexuell nicht wirklich
stimuliert. Es ist merkwürdig, dass ich mich daran erinnere, aber ich weiß noch
genau, dass ich ziemlich trocken war. Eine innere Angst schien mich zu
blockieren oder was weiß ich.
Wenn ich zu der Zeit an
mir selber herumgespielt hatte, bin ich immer schnell feucht geworden und ich
wusste auch, dass das normal und sogar notwendig ist. Aber in dem Moment mit
Chris im Wald, konnte ich mich kein bisschen fallen lassen oder seine
Berührungen genießen. Ich war wohl noch nicht bereit und mein Körper
signalisierte mir das auch.«
»Wie hat Christoph darauf
reagiert? Er hat es doch wahrscheinlich bemerkt.«
»Klar hat er das. Er war
auch ein bisschen genervt, hatte sich das wohl insgeheim anders vorgestellt:
ein kleiner Quickie im Wald und anschließend breites Grinsen gegenüber seinen
Kumpels. Dass er mich entjungfern würde, hatte wahrscheinlich nicht zu seinem Plan
gehört.
Irgendwann fragte Chris
mich, ob ich die Pille nehmen würde, was ich mit einem beschämten Kopfnicken
verneinte. Auch das war mir irgendwie peinlich. Ich kam mir vor wie die
leibhaftige, dümmliche ‚Unschuld vom Lande‘.
Aber das schien ihn nicht weiter
zu stören. Er holte ein Kondom aus seiner Tasche und zum ersten Mal bemerkte
ich seinen erigierten Penis. Bis auf die eine Situation auf der Klassenfahrt,
hatte ich noch nie einen Penis unmittelbar gefühlt. Ich wusste zu dem Zeitpunkt
nicht, wie groß er werden konnte.
Ich kann mich noch an die
Panik erinnern, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass dieses riesige Glied
bei mir reinpassen würde. Ich hatte doch hin und wieder sogar Probleme mit
Tampons, aber die waren im Vergleich doch winzig.
In diesem Moment habe ich
mich, glaube ich, einfach ausgeklinkt. Ich habe schlichtweg an andere Dinge
gedacht, an meinen letzten Urlaub, an einen Film, den ich kurz zuvor gesehen
hatte. Ich war irgendwie weg.«
Sandra stockte abermals
und Dr. Renn nutzte den Moment, um sich ein paar Notizen zu machen. Zum ersten
Mal sah sie auf dem Italien-Foto ganz in einer Ecke eine Kellnerin, die ein
Glas polierte. Obwohl sie sich in jeder Stunde das Bild intensiv angesehen
hatte, war sie wie aus dem Nichts aufgetaucht und bevölkerte die Szene.
»Auch wenn du dich, wie du
es nennst, ‚ausgeklinkt‘ hast: Woran erinnerst du dich noch oder hattest du
einen regelrechten Filmriss?«
»Nein, einen Filmriss
hatte ich nicht, es war eher wie in einem merkwürdigen Traum, in dem man nicht
selber agiert, selbst wenn man die Hauptperson ist.
Ich weiß noch, dass Chris
mir seinen Schwanz in
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