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das gutenberg-komplott

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Titel: das gutenberg-komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: born
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Süddeutschland, Thomas kannte Kaufleute aus der Augsburger Region mit einem ähnl i chen Dialekt. Er vermutete, dass sie aus einer gehobenen städt i schen Schicht stammte, möglicherweise dem Patriziat. Jede n falls kam es ihm vor, als habe sie bessere Tage gesehen.
    »Eines der Opfer war Klara Roth. Nun habe ich von einem Zeugen erfahren, dass Euer Mann kurz vor Klaras Tod bei ihr war.«
    Plötzlich kam Leben in ihre Augen, und sie wirkte intere s siert. »Davon hat er mir nichts gesagt.«
    »Der Zeuge behauptet, Klara habe ihrem Mann eine Kette gegeben, damit er sie repariert. Er soll ihr die Kette dann vo r beigebracht haben.«
    »Das halte ich für unwahrscheinlich.«
    Thomas war überrascht. »Weshalb?«
    »In der Regel kommen die Kunden zu meinem Mann und holen sich ihre Sachen wieder ab. Es ist nicht üblich, dass er sie ihnen vorbeibringt. Und Klara wohnte weit abseits. – Ich dac h te, der Mordfall sei aufgeklärt, die Täter gefasst.«
    »Man hat Unschuldige hingerichtet.«
    »Und Ihr wurdet entlassen.«
    »Das ist richtig.«
    »In wessen Auftrag kommt Ihr dann?«
    »In eigenem Auftrag«, sagte Thomas.
    »Was soll dieser Aufzug? Ihr habt kein Recht, mich ausz u fragen.«
    »Ich will die Wahrheit herausfinden. – Kommt es häufig vor, dass Euer Mann mehrere Tage verschwindet?«
    »Wenn seine Geschäfte es erfordern.«
    »Ist das momentan der Fall?«
    »Er hat gesagt, dass er geschäftlich weg muss.«
    Thomas hatte befürchtet, dass sie auf seine Fragen nicht mehr antworten würde. Er hatte nicht das Recht, sie zu verh ö ren, das war völlig richtig. Und der Aufzug, in dem er erschien, machte alles andere als einen seriösen Eindruck. Trotzdem ve r hielt sie sich nicht abweisend: als habe sie geahnt, dass die Morde nicht aufgeklärt waren und als ahne sie noch etwas a n deres, Schli m meres.
    »Ich finde sein Verhalten ungewöhnlich«, sagte Thomas.
    Sie nickte. »Er hat sich sehr verändert.«
    Ihre Kleider wirkten abgetragen, der graue Rock war an manchen Stellen fadenscheinig.
    »Die Werkstatt hat wohl bessere Tage gesehen?«
    »O ja, viel bessere.« Ihr Blick schweifte kurz ins Leere. Weshalb schwieg sie nicht einfach?
    Thomas glaubte nicht, dass sie ihm etwas vorspielte. Hatte sie resigniert? Thomas spürte, dass seine Fragen bei ihr etwas au s lösten. Sie schien sie sogar mit einer gewissen Neugier zu erwa r ten.
    »Heute muss selbst die Kirche sparen«, sagte sie, »die immer unser wichtigster Auftraggeber war. Wir sind eine achtköpfige Familie. Wir konnten nichts zur Seite legen, auch nicht in den guten Jahren. Es ist nur ein kurzer Weg bis zur Armut.«
    »Ich hörte, Ihr habt früher in Straßburg gelebt.«
    Sie zeigte keine Überraschung. »Auch das war eine schwere Zeit. Das ganze Leben …« Sie sprach den Satz nicht zu Ende, aber Thomas verstand, was sie sagen wollte. Er fühlte sich an einen Psalm erinnert, der häufig in Predigten zitiert wurde: »Und wenn es köstlich war, dann war es Mühe und Arbeit …« So oder ähnlich hieß es doch?
    »Hat Euer Mann mit Euch über Gutenberg gesprochen?«
    Ihre Aufmerksamkeit wuchs. »Warum fragt Ihr das?«
    Thomas gab keine Antwort.
    »Er spricht häufig von ihm.« Jede seiner Fragen bestätigte einen Verdacht, den sie hegte – so schien es ihm. Über die g e nauen Umstände tappte sie aber im Dunkeln. Wenn sie B e scheid wüsste, dachte Thomas, wäre ihr Verhalten anders.
    »Was sagt er über Gutenberg?«, fragte er.
    »Wenig Schmeichelhaftes!«
    »Er ist wütend auf ihn?«
    »Er hasst ihn.«
    »Weshalb?«
    »Weil er Erfolg hat. – Gehen wir in die Küche!« Sie wandte sich um und ging auf eine offen stehende Tür zu. Er folgte ihr. Die Küche lag ebenerdig. Es roch nach Kohl, und über dem Feuer hing ein schwarzer Kessel. Sie setzten sich auf dreibein i ge Schemel an einen Holztisch. Auf der dunklen, abgenutzten Tischplatte lagen Gemüsereste und ein Messer. Durch ein schmales Fenster schaute man in den winterlichen Garten.
    Hennings Frau saß so, dass ihre rechte Gesichtshälfte und die grauen Haare den Schein vom Feuer auffingen, während der Rest des Gesichts im Schatten lag und nur die Augen hervo r leuchteten.
    »In Straßburg hat mein Mann zeitweise für Gutenberg Spi e gel hergestellt«, nahm sie das Gespräch wieder auf. »Da war er noch gut auf ihn zu sprechen. Das änderte sich, als Johannes keine Arbeit mehr für ihn hatte. Da nannte mein Mann ihn ei n gebildet und hochnäsig. Aber es war enttäuschte Liebe, denn in Wahrheit

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