das gutenberg-komplott
fragte Thomas.
»Er ist erstochen worden.«
»Gibt es eine Tatwaffe?«
»Nein. Er hat mehrere Stiche in die Brust bekommen und e i nen in den Hals. Es muss ein Blutbad gewesen sein. Kein sch ö ner Anblick!«
Vier Männer hoben die Holzkiste an.
»Wo bringen sie ihn hin?«, fragte Thomas.
»Erst mal zum Schreiner. Dann werden wir mit seiner Frau r e den, ob sie ihn zu Hause aufbahren und Totenwache halten will.«
»Gibt es irgendwelche Spuren, die uns weiterhelfen?«
»Absolut nichts.«
Thomas schaute sich um. Der Boden war von der Me n schenmenge zerwühlt. Er kam zu spät, um Spuren zu sichern. Eigenartigerweise nahm er Buschs Verhalten gelassen und r u hig auf. Es mochte an diesem Gefühl von Trunkenheit liegen …
»Wo sind die Kinder, die ihn gefunden haben?«
Busch deutete mit dem Finger auf sie. »Die drei da drüben.«
Thomas ging zu ihnen und stellte ihnen einige Fragen. Viel kam nicht dabei heraus. Den drei Jungen war beim Räuberspi e len das aufgewühlte Laub aufgefallen. Als sie darunter lockeres, frisches Erdreich entdeckten, wuchs ihre Neugierde, und sie begannen zu graben. Statt des erhofften Schatzes fanden sie den Baumeister.
»Habt ihr in der Nähe etwas gefunden? Irgendeinen Gegen s tand?«, fragte Thomas.
»Nein.«
Etwa vierzig bis fünfzig Leute standen herum und wollten nichts verpassen. Davon würden sie noch ihren Enkeln erzählen können. Plötzlich sah er Katharina in der Menge. Sie hielt sich abseits, und er ging zu ihr.
»Es gibt Neuigkeiten«, sagte er. »Ich muss mit dir allein r e den.«
Sie gingen zum Gericht. Auf dem Weg dorthin redeten sie kein Wort. Sie betraten das Gebäude und sein Zimmer.
Katharina setzte sich auf einen Stuhl. »Was für Neuigke i ten?«, fragte sie.
»Ich habe heute eine alte Frau besucht. Ich weiß nicht, ob du sie kennst. Sie weiß viel über Kräuter.« Sein Kopf schwirrte noch immer.
»Klara erzählte mir von ihr. Ich kenne sie nicht persönlich.«
»Sie war Klaras engste Vertraute, und sie brachte mich auf eine neue Spur. Es geht um den Begriff ›Schwarze Kunst‹, den wir in Klaras Totentanz fanden, neben dem Bild eines Schre i bers an seinem Pult. Mit ›Schwarzer Kunst‹ ist keine Hexerei gemeint, sondern eine neue Erfindung. Es geht dabei um die Kunst, Bücher mit Hilfe einer Presse zu vervielfältigen.«
»Du redest von Gutenberg?«
»Du hast also von ihm gehört?«
»Jeder in Mainz kennt ihn. Er stammt aus einer alten Patr i zierfamilie. Ich weiß, dass er an einer Erfindung arbeitet und dass sie etwas mit Büchern zu tun haben soll.«
»Warum hast du mir das nicht früher erzählt?«
»Es gibt viele Leute, die ihn nicht ernst nehmen, er hat einen eher zweifelhaften Ruf. Und woher hätte ich wissen sollen, dass ein Zusammenhang mit dem Mord besteht? Es ist das erste Mal, dass ich den Begriff ›Schwarze Kunst‹ in Verbindung mit G u tenberg höre.«
»Erzähl mir von ihm.«
»Ich kenne ihn kaum persönlich. Er war lange in Straßburg.«
»Was hat er dort gemacht?«
»Das weiß ich nicht.«
»Und dann kam er von Straßburg zurück nach Mainz?«
»Vor ein paar Jahren. Seitdem arbeitet er an seiner Erfi n dung.«
»Was sagt man über ihn?«
»Verschiedenes. Zum Teil natürlich Unsinniges. Aber es gibt auch ein paar verlässliche Informationen. Er hat einen hohen Kredit aufgenommen bei einem Mann namens Fust; wohl mehr als tausend Gulden.«
Die Höhe des Kredits überraschte Thomas; das war ein Ve r mögen.
»Mein Vater«, fuhr Katharina fort, »hat erzählt, dass es um eine neue Methode geht, Bücher herzustellen. Worin aber die Methode besteht, weiß keiner so recht. Einige Pfaffen sind a larmiert, weil sie ihre Privilegien in Gefahr sehen.«
»Wie verhält sich der Kurfürst? Es muss ihm doch zu Ohren gekommen sein.«
»Abwartend. Vielleicht erhofft er sich Vorteile.«
»Was ist Gutenberg für ein Mensch?«
»Von der äußeren Erscheinung her eher unauffällig; mitte l groß, robust, er trägt einen Bart. Man sagt ihm nach, dass er sehr energisch ist – und auch streitbar.«
»Hat er Mitarbeiter?«
»Bestimmt mehr als zehn.«
»Wo ist seine Werkstatt?«
»Er bewohnt einen ehemaligen Patrizierhof, die Wohngebä u de und die Werkstatt bilden einen zusammengehörigen Ko m plex. In die Werkstatt lässt er aber niemanden rein. Jedenfalls hat man mir das gesagt.«
»Was denken die Leute über ihn?«
»Die meisten halten ihn für einen Sonderling. Wenige kö n nen sich vorstellen, dass er mit seinen Ideen
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