das gutenberg-komplott
abwegig. Sie ist immerhin die Schwester. Sie hat das Haus von Klara durchsucht, und vie l leicht hat sie sie gefunden, während sie uns entgangen sind.«
»Auch damit sollten wir rechnen. Wenn einer von beiden die Pläne hat, werden wir sie bekommen. Gleichzeitig müssen wir den Richter loswerden. Sobald man uns und Gutenberg in einen Zusammenhang bringt, haben wir schlechte Karten.«
»Willst du ihn töten?«, fragte Henning. Der Goldschmied rieb sich mit den Händen übers Gesicht. »Davon halte ich nicht viel.«
»Du hängst in der Sache genauso drin wie ich«, sagte Bol o gna. »Ohne dich hätte ich nie von der Erfindung erfahren. Du hast doch förmlich darum gebettelt, dass ich komme.«
»Weißt du, wie das ist, wenn du deine Frau und deine Kinder nicht mehr ernähren kannst?«
»Spiel nicht das Unschuldslamm. Wir werden gemeinsam Erfolg haben oder gemeinsam scheitern. Aber wenn ich merke, dass du kalte Füße bekommst, lernst du mich von einer anderen Seite kennen.«
Der Goldschmied machte eine beschwichtigende Geste. »Reg dich nicht auf! Aber überleg doch mal, was es bedeutet, wenn der Richter und Katharina Roth die Hintergründe aufd e cken!«
»Darüber denke ich die ganze Zeit nach. Wir müssen kühlen Kopf bewahren. Übrigens steht der Richter mächtig unter Druck! Der Bischof hat ihm eine Frist von drei Tagen gesetzt. Wenn er bis dahin im Dunkeln tappt, verliert er seine Stelle.«
»In drei Tagen kann eine Menge geschehen.«
»Es sind nur noch zwei. Dann sind wir den Richter los. Wir versuchen, die Sache ohne Blutvergießen zu regeln. Sollte sich rausstellen, dass das nicht geht – erst dann werden wir ha n deln.«
»Der gute Mann ist nicht zu beneiden«, meinte Henning. »Im einen Fall verliert er seine Stelle – im andern Fall das Leben!«
20.
K
atharina stand neben ihrem Bett und packte die Pläne in e i nen Ledersack. Kurze Zeit später machte sie sich auf den Weg zum Gericht, ging dort einen Gang entlang zum Zimmer von Thomas. Er stand beim Fenster, als sie ei n trat. Sie hatte ihn bisher immer allein angetro f fen, und es kam ihr so vor, als sei er innerhalb des Amts völlig is o liert. Sie sprach ihn da r auf an.
»Die haben mich schon abgeschrieben«, sagte Thomas. »Man geht mir aus dem Weg. Natürlich haben alle mitbeko m men, was läuft, sie wissen, dass der Kurfürst mich vom ersten Tag an nicht wollte und mich loswerden möchte. Was mich a ber am meisten enttäuscht, ist das Verhalten von Steininger. Seit er weiß, was Erbach von mir hält, geht auch er mir aus dem Weg.«
Katharina ging an ihm vorbei und legte den Lederbeutel auf einen mit Papieren übersäten Tisch.
»Das sind die Pläne«, sagte sie. Sie löste eine Schnur und breitete mehrere Papierrollen auf dem Tisch aus. Thomas war sehr ungeduldig, er entrollte eines der Papiere, das mit einer kleinen, gleichmäßigen Schrift bedeckt war und eine Zeichnung im Text enthielt.
»Ist das die Schrift deiner Schwester?«, fragte er.
»Ja, daran besteht kein Zweifel.«
Thomas trat ans Fenster, damit mehr Licht auf das Blatt fiel und las laut: »Die Presse ist das größte und imposanteste Gerät. Wer sie bedient, muss Kraft haben. Sie ist nach dem Vorbild der Weinpressen gebaut. Es ist für einen geschickten Schreiner kein Problem, eine Presse herzustellen, wenn man ihm eine g u te Zeichnung liefert. Vor allem die Holzkonstruktion dürfte kaum Schwierigkeiten bereiten. Viel schwieriger ist es, die M e tallteile herzustellen; den Wagen, den Schlitten, den Rahmen. Hierfür braucht man einen fähigen Metallwerker, der sich in mechan i schen Fragen auskennt. Trotzdem war dieser Teil der Erfindung nicht der schwierigste.«
An dieser Stelle kam die Zeichnung, auf die Thomas zuvor nur einen flüchtigen Blick geworfen hatte; sie zeigte die Presse. Er las weiter: »An der Presse arbeiten in der Regel zwei Mann. Einer ist für die Knochenarbeit zuständig und bedient den H e bel. Der andere schwärzt die Lettern mit einem Ballen, legt die P a pierbogen ein, beziehungsweise nimmt sie nach dem Druckvo r gang heraus und hängt sie an der Leine zum Trocknen auf. Bi s her wurde nur mit schwarzer Farbe gedruckt, aber auch Zweifa r bendruck ist möglich. Es stellt sich jedoch die Frage, ob sich das aufwendige Verfahren lohnt oder ob nachträgliches Rubrizieren von Hand nicht billiger wäre.« Er runzelte die Stirn.
»Die Sache ist ziemlich kompliziert«, sagte Katharina. »Du liest momentan den Teil, der noch am einfachsten zu
Weitere Kostenlose Bücher