Das Hades Labyrinth (German Edition)
er gleich explodieren. Also ging er so langsam, bis der letzte der Gruppe vor ihm um einen Bogen verschwand. Dann zog er die Hose herunter und hockte sich hin. Jürgen Baumgärtner war so mit seinem Stuhlgang beschäftigt, dass er den, sich leise nähernden Schatten erst bemerkte, als es schon zu spät war. Eine trockene, schwielige Hand schloss sich um seine Stirn und riss seinen Kopf nach hinten. Die Klinge eines scharfen Messers fuhr wie ein metallener Draht über seine Kehle. Baumgärtner verspürte keinen Schmerz, aber Angst erfüllte ihn. Er wollte schreien, doch kein Laut verließ seinen aufgerissenen Mund. Schließlich rollten seine Augen ein letztes Mal in den Höhlen und er sank stumm in sich zusammen.
Der Schatten hob den Leichnam auf, legte ihn sich über die Schulter und verschwand wieder in der Dunkelheit.
Merkan versuchte nochmals mit Hardt über den Einsatz zu sprechen. Er schloss zu dem Kollegen auf, der am Ende der Marschkolonne ging.
„Andreas, rede du doch mal mit Bodrig, auf dich hört er vielleicht. So kann es doch nicht weitergehen. Bodrig führt uns immer tiefer unter die Erde und niemand weiß, wo wir sind.“
„Du hast ihn doch gehört. Tepes kann nicht mehr weit weg sein. Der Typ glaubt sich in Sicherheit, also dürften wir leichtes Spiel haben.“
„Das ist doch Quatsch. Dieser Tepes ist ein ganz gefährlicher Hund, der macht es uns nicht einfach. Wahrscheinlich weiß er längst, dass wir kommen.“
Hardt blieb stehen. „Tim, ich sage es jetzt zum letzten Mal. Lass mich in Ruhe. Wenn du Probleme mit diesem Einsatz hast, klär’ das mit Bodrig.“
„Und ich dachte, du bist ein Kumpel.“
Hardts Blick bohrte sich in seine Augen. „Hier und jetzt bin ich im Dienst und nichts anderes.“
Merkan ließ sich wieder zurückfallen.
Und was mache ich jetzt?, fragte er sich in Gedanken.
Nach dem Durchqueren der Tropfsteinhöhle erreichte das Kommando einen tiefen Abgrund über den sich eine zerbrechlich aussehende, natürliche Steinbrücke wölbte. Wie der Bogen eines Aquädukts spannte sich die Brücke über eine Felsspalte, die mindestens dreißig Meter breit und unergründlich tief war. Von unten drang das wilde Rauschen eines Flusses herauf. Die Luft war noch kälter und mit so hoher Luftfeuchtigkeit angereichert, dass ihnen das Atmen schwerfiel.
Bodrig blieb am Rand des Abgrundes stehen und lenkte den Schein seiner Lampe nach unten, aber die Finsternis war dort unten vollkommen. Er Anstalten machte weiterzugehen, da trat Merkan neben ihn.
„Das kannst du nicht verlangen, Leon“, sagte er wütend. Bodrigs Blick stampfte ihn in den Boden. „Du bist beim SEK, und das da...“ Seine Hand deutete auf die Steinbrücke. „...sollte jemanden wie dich nicht abschrecken.“
Merkan wich zurück. Er wandte Unterstützung suchend den Blick um, aber alle anderen sahen betreten zu Boden. „Ihr wollt da wirklich rübergehen? Seid ihr bescheuert?“
„Wir sind so weit gekommen, ich habe keine Lust erfolglos umzukehren“, sagte Hardt unwirsch.
„Und danach.“ Merkan hatte sich in Rage geredet. „Was kommt als Nächstes?“
Hardt zuckte mit den Achseln.
„Das hier ist schon lange kein normaler Einsatz mehr. Leon schnappt langsam über und hat schon längst jedes Maß und Ziel verloren, aber ihr folgt ihm wie eine Herde Schafe.“
Plötzlich war Bodrig vor ihm. Die offene Hand des Kommandoführers stieß hart gegen Merkans Brust, der rückwärts stolpernd zu Boden fiel.
„Ich habe die Schnauze voll von deinem Gejammer.“ Bodrigs Gestalt ragte drohend über ihm auf. „Dann bleib halt hier oder geh zurück. Ist mir scheißegal, was du machst. Aber wenn wir wieder oben sind, hat die Sache ein Nachspiel.“
Merkan sprang wild auf die Füße. Seine Augen funkelten wütend und alle dachten, er würde sich auf Bodrig stürzen, aber dann schulterte er sein Gewehr und verschwand in dem Höhlengang, aus dem sie gekommen waren.
„Noch jemand?“, fragte Bodrig.
Niemand antwortete ihm.
„Dann los. Lombardo, du wie immer zuerst. Der Rest folgt in einem Abstand von jeweils zwei Metern. Wir werden uns mit dem Seil sichern, falls einer ausrutscht.“
Keiner bemerkte, dass Jürgen Baumgärtner nicht mehr bei ihnen war.
Wie an einer Perlenschnur aufgezogen, marschierten die Männer auf die Brücke. Lombardo hielt seine Lampe nach unten gerichtet und setzte langsam einen Fuß vor den anderen. Fischer ging direkt hinter ihm. Die Brücke war zunächst noch ausreichend
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