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Das hätt' ich vorher wissen müssen

Das hätt' ich vorher wissen müssen

Titel: Das hätt' ich vorher wissen müssen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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nicht warten, bis wir aus diesem verdammten Wald raus sind?«
    »Nein, ich muß gleich. Außerdem sieht mich hier ja keiner.«
    Damit hatte sie nur zu recht. Während sie einen Platz suchte, wo ihr der Schnee nur bis an die Kniekehlen reichte, studierte ich nochmals die Karte, aber das hätte ich mir sparen können. Weder fand ich dieses verflixte Münkenstein noch erst recht nicht den Kuhpfad, auf dem wir hier herumkrochen.
    Kurze Zeit später bohrten sich die Scheinwerfer erneut ins Dunkel. Doch dann lichtete sich endlich der Wald, die Straße wurde breiter, und plötzlich tauchte das Ortsschild auf. Münkenstein – Landkreis Calw.
    »Siehste, wir hätten doch in die andere Richtung fahren müssen!« trumpfte ich auf. »Dieser Trampelpfad ist gar nicht die reguläre Straße!«
    »Na, auf alle Fälle sind wir da.« Steffi bremste an einer Kreuzung und spähte in die Finsternis. »Rechts oder links?«
    »Keine Ahnung. Unbewohnt sieht es auf beiden Seiten aus.«
    »Dann fahren wir linksrum«, entschied sie, »da liegt weniger Schnee.«
    Drei Häuser, eine müde im Wind schwankende Laterne quer über der Straße, ein halbverfallener Schuppen und danach nichts mehr. »Also doch andersrum!« Sie wendete und fuhr zurück. »Guck mal, noch ‘ne Laterne und da hinten sogar eine Edeka-Reklame! Ich glaube, wir nähern uns der City!«
    Beinahe wären wir vorbeigefahren, aber die zwei geparkten Autos am Straßenrand machten uns stutzig. »Mensch, da isses ja!« Erleichtert zeigte Stefanie auf die vergoldete Kuh, die bei jedem Windstoß jämmerlich in den Angeln quietschte. »Das soll sicherlich ein Lamm sein, wahrscheinlich sehen die Viecher hier anders aus als bei uns.«
    Wir stiegen aus und sahen uns erst einmal um, obwohl es eigentlich gar nichts zu sehen gab. Zwei Halbwüchsige lehnten neben dem Eingang an der Mauer und beobachteten uns.
    »Hier fällt jeder Fremde auf wie’n bunter Hund«, sagte Stefanie grinsend. Dann zeigte sie auf die beiden Autos. »Dein Publikum ist aber schon sehr zahlreich erschienen.«
    »Sei nicht so pessimistisch! Da dieses Nest offenbar nur aus zwei Dutzend Häusern besteht einschließlich Kneipe und Tante-Emma-Laden, geht man natürlich zu Fuß.«
    »Oder man geht überhaupt nicht«, murmelte sie, vorsichtig die Wirtshaustür öffnend. Drinnen war es warm, verräuchert und ziemlich laut. Der Lärm stammte aber keineswegs von den angeblich vollzählig erschienenen Kulturjüngern, er kam schlicht und einfach aus einem voll aufgedrehten Fernsehapparat. An der Theke hockten zwei müde Gestalten, am Stammtisch wurde Binokel gespielt, sonst waren keine Gäste zu sehen.
    »Ich glaube, wir sind doch falsch.« Steffi machte bereits einen Rückzieher.
    Der Dicke an der Theke plierte uns über sein Bierglas hinweg an. »Wo wolle Se denn hie?«
    »Zum Kulturverein«, sagte ich schnell.
    »Do müsse Se de Gang nunnergehn un dann rechts. Do isch der Saal.«
    Wir tasteten uns durch den schmalen, nur von einer matten Funzel beleuchteten Flur und öffneten vorsichtig die am Ende liegende Tür. »Ach du liebe Zeit«, entfuhr es Steffi, als sie die endlosen Holztische sah, die aneinandergeschoben waren und den riesigen Raum fast völlig ausfüllten. Ganz vorne mit dem Rücken zur Bühne thronte der Vorstand, vertreten durch Herrn Dreher und zwei weitere Männer. Einer von ihnen hielt ein Blatt in der Hand, von dem er endlose Zahlenkolonnen ablas.
    »Das ist der Kassenwart«, flüsterte Steffi erklärend, denn sie hatte in ähnlicher Eigenschaft zwei Jahre lang die Klassenkasse verwaltet und jedesmal kurz vor Schuljahresende erhebliche Schwierigkeiten gehabt, Einnahmen und Ausgaben halbwegs in Einklang zu bringen. Mit einem Blick auf meine Uhr stellte ich fest, daß wir ohnehin zwanzig Minuten zu früh dran waren, aber als ich die Tür leise wieder schließen wollte, fing sie entsetzlich an zu knarren, und sofort richteten sich alle Augen auf uns.
    »Guten Abend«, sagte ich, weil mir nichts Besseres einfiel.
    Totenstille, obwohl der Saal fast bis auf den letzten Platz besetzt war. Endlich wandte sich auch Herr Dreher um und sah uns. Er flüsterte kurz mit seinem Nachbarn zur Rechten, dann kam er schnell auf uns zu, zog uns aus dem Saal und schloß die Tür.
    »Endschuldige Se bidde, awer mir sen noch net ganz ferdich. Des dauert doch e bißle länger wie vorg’sehe. Wolle Se reikomme, oder wolle Se liewer in de Gaschdschdub neihocke? Des geht denn nadürlich uff unser Rechnung.«
    »Sehr großzügig, vielen

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