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Das Hagebutten-Mädchen

Das Hagebutten-Mädchen

Titel: Das Hagebutten-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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hätten sie sich für den heutigen Nachmittag in Minnerts Laden verabredet, quasi vor dieser Kutschfahrt hier, damit Redlefsen das wertvolle Akkordeon in Augenschein nehmen konnte. Zum Verkauf hätte es jedoch nicht gestanden, das hätte Minnert ihm quasi schon im ersten Satz mitgeteilt.
    Wencke saß ihm gegenüber, die Kutsche rumpelte in Richtung Westen und Axel Sanders schien seine Sache als Wagenlenker gut zu machen. Etliche Pferdehintern vor ihnen spielte der Musikverein Wir lagen vor Madagaskar … Wencke musste sich nach vorn beugen, denn Redlefsen sprach leise und sein Stimmchen wurde vom Hufgetrappel, Musikgeblase und Liedgegröle ringsherum übertönt.
    »Schien Kai Minnert nervös zu sein? Hatten Sie den Eindruck, dass er sich vor irgendetwas ängstigte? Vielleicht sogar im direkten Bezug auf dieses Instrument, von dem Sie sprachen?«
    »Aber nein«, antwortete Redlefsen. »Kai Minnert schien sich eher zu freuen, er war aufgeregt wie ein kleiner Junge. Ich bin da ja ein ganz anderer Typ, quasi das Gegenteil von Minnert. Wenn das Akkordeon wirklich so besonders war, wie es aus seinen Andeutungen herauszuhören war, dann würde ich mir quasi dauernd Sorgen machen, ob ich der Verantwortung für einen solchen Schatz gewachsen wäre. Doch Kai Minnert hatte keine Probleme damit. Ich hätte zu gern gewusst, was es mit diesem Instrument auf sich hat.«
    »Können Sie mir sagen, um welchen Wert in Euro es sich gehandelt haben könnte?«
    Redlefsen neigte den Kopf und schien zu überlegen.
    »Ach, wissen Sie, für Menschen wie Minnert kann ein solches Instrument quasi unbezahlbar sein. Doch die höchsten Preise, die meines Wissens für Handzuginstrumente gezahlt wurden, belaufen sich auf fünfzehn bis zwanzigtausend Euro.«
    Wencke zog erstaunt die Augenbrauen hoch. Das war viel Geld für eine Ziehharmonika, doch es war nicht genug Geld für ein Mordmotiv. Obwohl, der Sekt im Magen, der Alkoholpegel im Blut des Toten, dies alles hätte gut dazu gepasst, dass Minnert noch jemand anderem sein »Schätzchen« gezeigt und es gebührend gefeiert hatte.
    »Haben Sie eine Ahnung, wer noch von dieser Sache wusste?«
    »Ich könnte es mir vorstellen, dass Josefine Janssen von Spiekeroog auch davon wusste. Sie ist unsere Expertin für Fliesen und Kacheln aus friesischen Kaminöfen und hatte, soweit ich weiß, auch ein gutes Verhältnis zu Minnert. Wir sind quasi ein Netzwerk von Antiquitätenhändlern auf den ostfriesischen Inseln und tauschen Informationen, Kunden und Ware untereinander aus.«
    »Wer sind wir?«, hakte Wencke nach.
    Er hielt seine schmalen Hände hoch und zählte umständlich mit den Fingern. »Kai Minnert, Josefine Janssen, Gerold Dontjeer von Wangerooge, der es mit Büchern und Schriften hat, tja, und meine Wenigkeit.«
    Wencke schrieb kurz mit. Es war schwer, bei dem Gewackel der Kutsche eine einigermaßen leserliche Notiz zu machen, doch Redlefsens Aussage klang wichtig genug, um sie niederzuschreiben. »Und wer von Ihnen ist zurzeit auf Juist?«
    Redlefsen sah sie erschrocken an. »Sie meinen doch nicht, dass wir quasi…«
    »Nur eine reine Routinefrage«, unterbrach sie.
    »Na ja, Josefine Janssen ist schon über siebzig, die wird wohl kaum mitgekommen sein. Aber ich habe gestern mit Dontjeer gesprochen. Er ist mit der Wangerooger Theatergruppe da. Wie gesagt, er ist der Fachmann für alles Geschriebene und schreibt meines Wissens nach auch die Stücke für die Laienspieler. Er war aber bisher nie bei den Inseltreffen dabei.«
    »Er könnte also auch wegen Minnert hier sein. Haben Sie mit ihm darüber gesprochen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Obwohl wir zwar quasi einen Interessenverband bilden, sind wir sehr diskret und sprechen nicht von den Geschäften, die wir untereinander tätigen. Ich habe keine Ahnung, ob Dontjeer und Minnert sich getroffen haben. Es wäre aber durchaus denkbar. Schließlich ging es irgendwie um Theodor Storm und diese Dichter und Poeten sind ja nun mal Dontjeers Sache. Doch wie gesagt, ich habe ihn nicht danach gefragt.«
    Auf einmal wurde es fast still. Nur ein dumpfes Rumsen dröhnte herüber. Die Kapelle hatte anscheinend zu Ende gespielt, ohne dass der Paukenspieler es mitbekommen hatte. Nun konnte man für einen Moment die Brandung hören. Der Strand musste ganz in der Nähe sein, denn nur ein aufgeregtes, rhythmisches Vogelkonzert lag zwischen ihnen und dem Meeresrauschen.
    Wencke notierte fleißig und unterstrich Theodor Storm gleich zweimal. Sie wollte diesen Gerold

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