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Das Hagebutten-Mädchen

Das Hagebutten-Mädchen

Titel: Das Hagebutten-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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sie hätte sich verhört. »Was soll das denn jetzt?«
    »Siehst du, du hast noch nicht einen Moment darüber nachgedacht, wie es nun weitergehen soll. Ich freue mich ja über das Kind. Und ich möchte gern mit dir und Paul und dem kleinen Unbekannten da zusammenleben, glaube mir!«
    Der Ton, in dem er sprach, machte es Seike nicht gerade einfach, ihm zu glauben.
    »Aber hier ist kein Platz, und vor allem ist hier auch kein Geld, von dem wir leben können. Wie stellst du dir das vor? Die Villa Waterkant gehört einzig und allein meiner Frau, sie hat das Haus vererbt bekommen und muss ihren Bruder Henner dafür ausbezahlen. Du magst von ihr und ihrer Art ja halten, was du willst: Sie hält mit ihrer Vermietung unsere ganze Familie über Wasser. Füttert uns drei durch und tilgt Monat für Monat die Erbschulden an Henner. Es bleibt kein Pfennig übrig von der ganzen Schufterei. Das bedeutet aber Folgendes: Wenn ich mich von ihr trenne, was ja nach deiner heutigen Stunde der Wahrheit akut ansteht, dann bleibt mir nichts. Gar nichts! Astrid müsste das Haus verkaufen, damit sie mir ein läppisches Trostpflaster für all die Ehejahre ausbezahlen könnte. Ich würde keinen Job mehr finden, weil ich schon seit Jahren nicht mehr richtig in meinem Beruf arbeite. Vielleicht könnte ich eine Saisonstelle als Kellner oder bei der Kurverwaltung bekommen, doch letztlich hätten wir alle zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel.«
    »Ja, aber…« Aber was ist mit unserer Liebe und unseren Kindern? Ich kann mir doch auch einen Job suchen und dann schaffen wir es schon, wenn wir zusammenhalten… Dies wollte sie ihm alles sagen, doch er unterbrach sie bereits nach den ersten zwei Worten.
    »Nichts aber! Bei mir gibt es kein Aber!« Endlich trat er noch den einen, letzten Schritt auf sie zu und legte seine Arme auf ihre Schultern. »Es ist doch so, dass ich mir schon ganz lange wünsche, endlich an deiner Seite aufzuwachen. Doch nicht um jeden Preis. Was nutzt es uns, zusammen arm zu sein? Wir müssten früher oder später die Insel verlassen, weil wir uns das Leben hier einfach nicht leisten könnten. Und das willst du doch auch nicht!«
    »Es wäre mir egal!«
    »Ja, aber wenn du eine Möglichkeit sehen würdest, an Geld zu kommen, sagen wir mal an eine Viertelmillion, und wenn es eine Möglichkeit wäre, die niemandem wirklich wehtäte, die aber alle diese phantastischen Pläne wahr werden lassen könnte, dann würdest du doch auch nicht zögern, sie zu ergreifen, oder? Genau das habe ich getan.«
    Er küsste sie sanft auf die Nasenspitze.
    »Willst du, dass ich dir für irgendetwas Absolution erteile?«, fragte Seike misstrauisch.
    »Und wenn ich es nur für uns getan hätte?«
    Er sagte nicht, um was es wirklich ging. Er wand sich um die Wahrheit herum. Er leckte ihr den Nacken, statt zu reden, und fuhr mit seinen Händen von unten in ihr langes Haar. Seike schauderte, nicht nur wegen der knisternden Berührungen auf ihrem Körper. Ihr wurde kalt wegen der vielen unausgesprochenen Worte. Geheimnisse. Es sollte doch endlich keine mehr geben. Warum fing jetzt alles so verkehrt an?
    Sie schob ihn von sich, stemmte die Hände gegen seinen Brustkorb und streckte die Arme durch.
    »Gerrit Kreuzfeldt, was sagst du da? Zweihundertfünfzigtausend? Einfach so? Du sagst, sie hätte niemandem wehgetan, diese Sache, diese Möglichkeit, an diesen Haufen Geld zu kommen. Aber Mord tut weh, Gerrit! Sag mir doch endlich, was am Freitagabend geschehen ist, nachdem du Kai Minnert so überstürzt hinterhergerannt bist!«
    Und da klingelte es an ihrer Haustür. Seike und Gerrit zuckten beide zusammen. Hatten sie so laut gesprochen, dass Axel ihr Gespräch mit angehört hatte und nun kam, sie auszufragen?
    »Ich bleibe hier im Bad und du gehst hin!«, befahl Gerrit und schob sie in den Flur. Seike wollte am liebsten die Zeit anhalten, einen kurzen Moment durchatmen, einen Augenblick gewinnen, um die Situation in den Griff zu kriegen. Doch dann öffnete sie beinahe automatisch die Tür. Sie stellte sich in den Türrahmen, um Axel auf diese Weise zu signalisieren, dass er keinen Zutritt in ihre Wohnung bekommen würde. Konnte sie seinem Gesicht entnehmen, dass er inzwischen alles wusste?
    Doch Sanders räusperte sich nur, er wirkte fast verlegen. »Entschuldige, ich wollte nicht stören, aber ich habe einen Durchsuchungsbefehl für Wortreichs Wohnung, allerdings scheint er nicht da zu sein und ich möchte nicht die Tür aufbrechen. Hast du zufällig

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