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Das halbe Haus: Roman (German Edition)

Das halbe Haus: Roman (German Edition)

Titel: Das halbe Haus: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunnar Cynybulk
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Triebe, warst zu klein, aber ich hab was gesehen, und bei dir, Smoktun, war nicht klar, ob du die Schule packst, jedes Jahr ein Jammer, aber du hast.«
    Smoktun nickte, und der Trainer trat einen Schritt vor. »Sieben habe ich mit in die nächste Förderstufe genommen, ins TZ . Siebeck hatte nur den großen Namen und war zu weich, und über Paul breiten wir besser den Mantel des Schweigens. Ihr fünf seid geblieben.«
    Wieder sah er sie der Reihe nach an. »Wir haben den Bezirksrekord in vier mal Sechzig geknackt. Smoktun ist in Kugel auf der ewigen Bestenliste. Kößling und Smoktun haben den Speerwurfrekord eingestellt. Krüger ist in achthundert Landesfünfter, Triebe und Friedrich sind im Fünfkampf unter den Ersten. Und Friedrich war Jahrgangssieger in Weit.« Er verschränkte die behaarten Arme. »Nächste Saison will ich keinen von euch wiedersehen. Haben wir uns verstanden?«
    Alle nickten. Dem Trainer war es nicht genug. »Die einen sagen, heute geht es mehr um Gesinnung als um Leistung. Ob ihr sozialistische Sportlerpersönlichkeiten seid, ob ihr gut im Pionierkollektiv und im Trainingskollektiv funktioniert. Nur dann gehört ihr angeblich auf die Kinder- und Jugendsportschule. Ich verstehe davon nichts. Ich kann nur einen guten von einem schlechten Charakter unterscheiden. Ich kann sagen, wer ein hart gekochtes und wer ein weich gekochtes Ei ist. Daher gilt für mich allein: Citius, altius, fortius.«
    Der Trainer sah Smoktun an, der seinen Blick in die Ecke rutschen ließ. »Was heißt das, Smoktun?«
    Smoktuns Blick kümmerte sich um die Ecke.
    »Smoktun?«
    Leise fragte Smoktun: »Dabei sein ist alles?«
    »Kopflosigkeit«, antwortete der Trainer, »hilft nur bei Mundgeruch. – Triebe?«
    »Weiter, schneller, höher.«
    »So in etwa. Männer, ich erwarte Bestleistungen. Ich erwarte einen Wirkungsgrad von mindestens neunzig. Bei einigen werden neunzig nicht reichen, da will ich PB s sehen.«
    Alle nickten. PB bedeutet »persönliche Bestleistung«, und der Wirkungsgrad im Mehrkampf ist die Summe der Bestleistungen in den Einzeldisziplinen im Verhältnis zum Wettkampfergebnis. Es ist wichtig, dass der Athlet im Bilde ist. Dass er genau weiß, was er und zu welchem Zweck tut. Im Sinne der Bewusstheit, der Verinnerlichung des Leistungswissens. So steht es in den Lehrbüchern, und so steht es im Trainingstagebuch.
    »Du zum Beispiel, Friedrich«, sagte der Trainer. »Du hältst dich für so toll, dass du denkst, nur das Nötigste machen zu müssen. Aber wenn’s schwierig wird, dann machst du die Biege.« Er tat den Armzug eines Brustschwimmers. »Das wird aber heute nicht klappen. Heute musst du dahin gehen, wo du noch nicht gewesen bist. Wo die Luft so dünn ist, dass die Dämonen trällern.«
    Er wusste, was der Trainer mit dem Biegemachen meinte, hatte aber nicht die leiseste Ahnung, was die dünne Luft und die Dämonen betraf.
    »Die Dämonen«, fuhr der Trainer fort, jetzt zu allen sprechend, »wollen euerm jämmerlichen Ich weismachen, dass der Schmerz unerträglich ist, dass ihr mal wieder die Biege machen sollt. Aber dagegen muss euer heroisches Ich anrennen.«
    »Meinen Sie das jetzt irgendwie dialektisch?«, fragte Kößling, der immer alles verstehen will.
    »Entschuldigt bitte«, sagte der Trainer und klang plötzlich müde. »Es ist auch für mich ein wichtiger Tag.« Er ging in die Hocke, sodass die Jungen zu ihm hinabsehen mussten. »Denkt bitte ans Trinken und Essen. Aber keine Bratwurst vor den Achthundert, keine Selters vor den Sprints, ist ja klar. Keiner soll aus den Kübeln und Kanistern trinken, die für jedermann sind. Meine Frau hat kalten Tee gemacht, die Kannen bleiben hier. Außerdem habe ich mit Afrika telefoniert, und Afrika hat mir ein paar Bananen geschickt.« Er deutete auf eine braune Kiste und dann auf ein Köfferchen mit rotem Kreuz. »Tapes, Salben, Pflaster sind da drin. Es wird wehtun. Und jetzt raus mit euch. Die Sechzig werden gleich gestartet.«
    »Junge«, sagte der Trainer, als er die Kabine verließ. »Dein Gegner bist einzig und allein du selbst. Vergiss Kupfer.«
    Aber er sieht die Adern unter Kupfers Haut, ein Geflecht blauer Flüsse – Irtysch, Ob, Ischim –, er sieht Kupfers Adamsapfel, der zuckt. Sein eigener Atem ist flach, er spürt seinen Herzschlag nicht. Schon den ganzen Morgen fühlt er sich so fern. Draußen geht der Wind, das Gras riecht nach Marzipan, und der Kampfrichter sagt: »Fertig.« Die acht Jungen recken ihr Gesäß, und da ist auch

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