Das Halsband der Koenigin 2
einer Maske vor dem Gesicht, unserem Postillon ein paar Pistolen; er raubt uns unsere Tratten, unsere Diamanten, prügelt Herrn Böhmer durch, und Alles ist abgethan.«
»Ich verstand das nicht so,« sagte der Kammerdiener. »Ich sah Herrn Beausire sich mit Herrn Böhmer nach Portugal einschiffen.«
»Sehr gut.«
»Herr Böhmer liebt, wie alle Deutsche, das Meer und geht auf dem Verdeck spazieren. An einem Tag, wo das Schiff schwankt, neigt er sich hinaus und fällt. Man glaubt, das Etui sei mit ihm hinabgefallen. Warum sollte die See nicht für fünfzehnmal hunderttausend Livres Diamanten behalten, während sie die indischen Galionen behalten hat?«
»Ah! ja, ich begreife,« sagte der Portugiese.
»Das ist ein Glück,« brummte Beausire.
»Nur,« versetzte Don Manoel, »nur wird man dafür, daß man Diamanten entwendet, in die Bastille geworfen, dafür, daß man den Herrn Juwelier hat in's Meer schauen lassen, gehenkt.«
»Hat man Diamanten gestohlen, so kann man festgenommen werden,« entgegnete der Commandeur; »dafür aber, daß man diesen Menschen ertränkt, kann man nicht eine Minute in Verdacht kommen.«
»Wir werden überdieß sehen, wenn wir einmal dort sind,« sagte Beausire. »Nun zu unseren Rollen. Betreiben wir die Gesandtschaft als Muster-Portugiesen, damit man von uns sage: Waren sie nicht ächte Gesandte, so sahen sie wenigstens so aus. Das ist immerhin schmeichelhaft. Warten wir die drei Tage ab.
XXX.
Das Haus des Zeitungsschreiber.
Es war am Tage, nachdem die Portugiesen mit Böhmer das Geschäft gemacht hatten, und drei Tage nach dem Opernball, dem wir einige von den Hauptpersonen dieser Geschichte beiwohnen sahen.
In der Rue Montorgueil, im Hintergrunde eines durch ein Gitter geschlossenen Hofes, erhob sich ein kleines, langes, schmales Haus, geschützt vor dem Geräusch der Straße durch Läden, welche an das Provinzleben erinnerten.
Im Hintergrunde dieses Hofes bot das Erdgeschoß, das man mittelst einer Sondirung der verschiedenen Furten von zwei oder drei stinkenden Pfützen suchen mußte, eine Art von halboffener Bude, wenn man das Hinderniß des Gitters überwunden und den Raum des Hofes durchschritten hatte.
Es war dieß das Haus eines ziemlich bekannten Journalisten, eines Zeitungsschreibers, wie man damals sagte. Der Redacteur bewohnte den ersten Stock. Das Erdgeschoß diente zur Aufhäufung der Zeitungslieferungen, welche mit Nummern versehen waren. Die zwei andern Stockwerke gehörten ruhigen Leuten, welche sehr wohlfeil die Unannehmlichkeit bezahlten, mehrere Male im Hofe geräuschvollen Scenen beizuwohnen, die dem Zeitungsschreiber durch Polizeiagenten, durch beleidigte Privatleute oder durch Schauspieler, welche er als Heloten behandelt hatte, gemacht wurden.
An diesem Tage schloßen die Miethleute vom Hause mit dem Gitter, so nannte man es im Quartier, ihre vorderen Fenster, um besser das Gezänke des Zeitungsschreibers zu hören, der, wenn er verfolgt wurde, sich gewöhnlich in die Rue des Vieux-Augustins durch einen Ausgang flüchtete, welcher auf gleichem Boden mit seinem Zimmer lag.
Eine Geheimthüre öffnete und schloß sich wieder, der Lärm hörte auf; der bedrohte Mensch war verschwunden; die Angreifer befanden sich allein vor vier Füsilieren der französischen Garde, welche eine Magd in der Eile auf dem Posten in der Halle requirirt hatte.
Es geschah wohl zuweilen, daß die Angreifenden, wenn sie Niemand fanden, gegen den sie ihren Zorn losbrechen lassen konnten, sich an die befeuchteten Papierwische des Erdgeschosses hielten und eine Anzahl schuldiger Papiere zerrissen, zerstampften oder verbrannten, wenn sich unglücklicher Weise Feuer in der Gegend befand.
Aber was ist ein Stück Zeitung für eine Rache, welche Stücke von der Haut des Zeitungsschreibers fordert?
Abgesehen von diesen Scenen war die Ruhe des Hauses mit dem Gitter beinahe sprichwörtlich.
Herr Reteau ging Morgens aus, machte seine Runde auf den Quais, auf den Plätzen und den Boulevards. Er fand die Lächerlichkeiten, die Laster, schrieb Noten dazu, zeichnete sie nach der Natur und nahm sie ganz porträtirt in seine nächste Nummer auf.
Die Zeitung erschien wöchentlich.
Das heißt vier Tage hindurch machte Herr Reteau seine Artikeljagd, die drei andern Tage ließ er drucken, und der Tag, an dem er die Nummer veröffentlichte, war für seine Belustigung bestimmt.
Das Blatt war an dem Tag, von dem wir sprechen, erschienen, gerade zweiundsiebenzig Stunden nach dem Opernball, wo
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