Das Halsband der Koenigin 2
geworden.
Die Liebe trug den Sieg davon.
Niemand sollte den Gegenstand seiner Liebe berühren. Er lief wie ein Pfeil nach dem Hause der Rue Dauphine.
Uebrigens hatte er ein unbegrenztes Vertrauen zu der Schnelligkeit seines Laufes; seine Feinde, so behend sie auch waren, konnten ihm nicht zuvorgekommen sein.
Er warf sich indessen in einen Fiaker; dem Kutscher zeigte er einen Sechs-Livres-Thaler, und sagte:
»Nach dem Pont-Neuf!«
Die Pferde liefen nicht, sie flogen.
Der Abend kam.
Beausire ließ sich hinter die Statue Heinrichs IV. führen. Es war dieß ein trivialer Ort zu einem Stelldichein, aber er wurde viel benützt.
Hier streckte er seinen Kopf behutsam zu dem Kutschenschlag hinaus und tauchte mit seinen Blicken in die Rue Dauphine.
Beausire war nicht ganz unbekannt mit den Leuten der Policei; er hatte zehn Jahre damit zugebracht, sie kennen zu lernen, um ihnen geeigneten Ortes und zur geeigneten Zeit auszuweichen.
Er bemerkte auf dem Abhang der Brücke, auf der Seite der Rue Dauphine, zwei in einiger Entfernung von einander stehende Männer, welche ihre Halse gegen diese Straße vorstreckten, um darin irgend ein Schauspiel zu betrachten.
Diese Männer waren Spione. Spione auf dem Pont-Neuf waren nichts Seltenes, denn ein Sprüchwort jener Epoche sagt, um zu jeder Zeit einen Prälaten, ein Freudenmädchen und ein weißes Roß zu sehen, könne man nichts Besseres thun, als über den Pont-Neuf gehen.
Die weißen Rosse aber und die Prälatenkleider und die Freudenmädchen sind stets Beobachtungspunkte für die Leute von der Policei gewesen.
Beausire war nur ärgerlich, nur beengt; ei machte sich ganz buckelig, ganz hinkend, um seinen Gang zu verdecken, durchschnitt die Menge und erreichte die Rue Dauphine.
Keine Spur von dem, was er für sich befürchtete. Er erblickte schon das Haus, an dessen Fenstern sich die schöne Oliva, sein Gestirn, häufig zeigte.
Die Fenster waren ohne Zweifel geschlossen, sie ruhte auf dem Sopha, oder las irgend ein schlechtes Buch, oder knusperte an einer Leckerei.
Plötzlich glaubte Beausire den Oberrock eines Soldaten von der Scharwache im Gang gegenüber zu sehen.
Mehr noch, er sah einen am Fenster des kleinen Wohnzimmers erscheinen.
Der Schweiß erfaßte ihn wieder: ein kalter Schweiß; dieser ist ungesund. Ein Zurückweichen war unmöglich; man mußte am Hause vorübergehen.
Beausire hatte diesen Muth; er ging vorüber und betrachtete dieses Haus.
Welch ein Schauspiel!
Ein Gang vollgepfropft mit Fußgängern der Garde von Paris, unter denen man einen ganz schwarz angekleideten Commissär des Chatelet erblickte.
Diese Leute ... der rasche Blick Beausire's sah sie unruhig, verblüfft, aufgebracht. Man hat sie oder man hat sie nicht, die Gewohnheit, in den Gesichtern der Policei zu lesen; hat man sie, wie Beausire, so braucht man keinen doppelten Anlauf zu nehmen, um zu errathen, daß diese Herren ihren Streich verfehlt haben.
Beausire sagte sich, ohne Zweifel, gleichviel wie oder von wem unterrichtet, habe Herr von Crosne Beausire verhaften lassen wollen, habe aber nur Oliva gefunden. Inde irae. Daher der Aerger. Hätte sich Beausire unter gewöhnlichen Umständen befunden, hätte er nicht hunderttausend Livres in seiner Tasche gehabt, so würde er sich sicherlich mitten unter die Alguazils geworfen und wie Nisus gerufen haben: Hier bin ich! hier bin ich! Ich bin es, der Alles gethan hat!
Doch der Gedanke, diese Leute würden seine hunderttausend Livres betasten und sich ihr ganzes Leben lang damit lustig machen; der Gedanke, sein so kühn und fein ausgeführter Handstreich würde nur den Agenten des Policei-Lieutenants Nutzen bringen, siegte über alle Bedenklichkeiten und erstickte jeden Liebeskummer.
»Logik ...« sagte er zu sich selbst, »mache ich, daß man mich festnimmt, mache ich, daß man die hunderttausend Livres nimmt, so nütze ich Oliva nichts ... Ich richte mich zu Grunde. Ich beweise ihr, daß ich sie liebe wie ein Wahnsinniger ... Doch ich verdiente, daß sie zu mir sagt: Du hättest mich weniger lieben und mich retten sollen.
»Wir wollen lieber tüchtig ausgreifen und das Geld in Sicherheit bringen, denn das ist die Quelle von Allem: die Quelle der Freiheit, des Glücks, der Philosophie.«
Nach diesen Worten drückte Beausire die Cassenbillets an sein Herz und fing wieder an nach dem Luxembourg zu laufen. Denn seit einer Stunde ging er nur noch durch den Instinct, und da er Oliva hundertmal im Garten des Luxembourg aufgesucht hatte, so
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