Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)
Spaltung in der Versammlung.
Man schritt zum letzten Verhör, eine beinahe unnütze Förmlichkeit bei solchen Angeklagten, da es den Zweck hatte, Geständnisse vor dem Spruch hervorzurufen, und da weder Friede noch Waffenstillstand von den erbitterten Gegnern zu erlangen war, welche schon seit so geraumer Zeit kämpften. Es war weniger ihre eigene Freisprechung, was sie forderten, als die Verurteilung ihrer Gegenpartei.
Dem Gebrauche gemäß hatte der Angeklagte vor seinen Richtern auf einem hölzernen Stühlchen sitzend zu erscheinen, auf einem demüthigen, niedrigen, schmählichen, durch die Berührung der Angeklagten, welche von diesem Sitze aus nach dem Schaffot gegangen waren, entehrten Schemel.
Dahin setzte sich der Fälscher Villette, der mit seinen Thränen und seinen Gebeten um Gnade flehte.
Er erklärte, was man schon weiß, nämlich, er sei schuldig der Fälschung, schuldig der Genossenschaft mit Jeanne von La Mothe. Er bezeugte, seine Reue, seine Gewissensbisse seien schon für ihn eine Strafe, welche die Richter zu entwaffnen im Stande sein sollte.
Dieser interessirte Niemand. Er war und erschien nur als ein Spitzbube. Vom Gerichtshof entlassen, kehrte er flennend in seine Zelle in der Conciergerie zurück. Nach ihm erschien am Eingange des Saales Frau von La Mothe, geführt von dem Gerichtsschreiber Fremyn.
Sie trug eine Mantille und ein Oberkleid von Linon-batiste, hatte eine Haube von Gaze ohne Bänder; eine Art von weißer Gaze; ihre Haare ohne Puder. Ihre Erscheinung machte einen lebhaften Eindruck auf die Versammlung.
Schon hatte sie die erste der Beschimpfungen, welche ihr vorbehalten waren, auszuhalten gehabt: man hatte sie über die kleine Treppe gehen lassen, wie die gemeinen Verbrecher.
Die Hitze des Saales, das Geräusch der Gespräche, die Bewegung der Köpfe, welche in allen Richtungen wogten, fingen an sie zu beunruhigen; ihre Augen schwankten einen Moment, als wollten sie sich an die Spiegelung von diesem ganzen Gesammtwesen gewöhnen.
Nun führte derselbe Gerichtsschreiber, der sie bei der Hand hielt, sie ziemlich rasch zu dem im Mittelpunkte des Halbkreises stehenden Schemelchen, das jenem kleinen unheimlichen Blocke glich, der sich auf den Schaffoten erhebt.
Bei dem Anblick dieses entehrenden Sitzes, den man für sie bestimmte, für sie, die stolz darauf war, sich Valois zu nennen und in ihren Händen das Geschick einer Königin von Frankreich zu halten, erbleichte Jeanne von La Mothe und warf einen zornigen Blick umher, als wollte sie die Richter einschüchtern, die sich diese Beschimpfung erlaubten; doch da sie überall nur festen Willen und Neugierde statt des Mitleids oder der Barmherzigkeit traf, so drängte sie ihre wüthende Entrüstung in ihr Inneres zurück und setzte sich nieder, um nicht das Aussehen zu haben, als fiele sie auf den Schemel.
Man bemerkte in den Verhören, daß sie ihren Antworten all die Unbestimmtheit gab, aus der die Gegner der Königin am meisten Nutzen zur Vertheidigung ihrer Sache hätten ziehen können. Sie drückte nichts scharf aus, als die Versicherungen ihrer Unschuld, und nöthigte den Präsidenten, eine Frage an sie über die Existenz der Briefe zu richten, von denen sie behauptete, sie seien vom Cardinal an die Königin geschrieben worden, so wie auch derer, welche die Königin an den Cardinal geschrieben haben sollte.
Jeanne fing damit an, daß sie betheuerte, es sei ihr inniger Wunsch, die Königin nicht bloßzustellen, und fügte dann bei, Niemand könne diese Frage besser beantworten als der Cardinal.
»Fordern Sie ihn auf,« sprach sie, »diese Briefe oder die Abschriften davon zu produciren, damit man sie vorlesen und Ihre Neugierde befriedigen kann. Ich für meine Person kann nicht behaupten, ob diese Briefe vom Cardinal an die Königin, oder von der Königin an den Cardinal geschrieben sind; ich finde diese zu frei und zu vertraulich von einer Fürstin an einen Unterthan; ich finde jene zu unehrerbietig als von einem Unterthan an eine Königin gerichtet.«
Das tiefe, furchtbare Stillschweigen, welches auf diesen Angriff folgte, mußte Jeanne beweisen, daß sie nur ihren Feinden Abscheu, ihren Parteigängern Schrecken, ihren unparteiischen Richtern Mißtrauen eingeflößt hatte. Sie verließ indessen den Schemel mit der süßen Hoffnung, der Cardinal würde nach ihr darauf sitzen. Diese Rache genügte ihr so zu sagen. Wie wurde ihr aber, als sie sich umwandte, um zum letzten Mal diesen Stuhl der Schmach zu betrachten, auf den
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