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Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)

Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)

Titel: Das Halsband der Königin - 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas (der Ältere)
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verständlich werden, und dann wäre er vor Wuth und Eifersucht gestorben. Doch nichts, nichts. In dem Augenblick, wo die Stimme sich aufklärte, zwang eine bezeichnende Geberde der horchenden Begleiterin den leidenschaftlichen Redner, den Klang seiner Elegie zu dämpfen.
    Die Königin beobachtete ein hartnäckiges Stillschweigen.
    Bitten auf Bitten häufend, was Charny aus der vibrirenden Melodie seiner Tonbiegungen errieth, erhielt der Andere nur die süße Einwilligung des Stillschweigens, eine ungenügende Gunst für die glühenden Lippen, welche die Liebe zu trinken angefangen haben.
    Doch plötzlich entschlüpften der Königin ein paar Worte. Man muß es wenigstens glauben. Sehr unterdrückte, sehr erstickte Worte, da der Unbekannte allein sie vernommen hatte; doch kaum hatte er sie vernommen, als er im Uebermaß seines Entzückens, so daß er sich selbst hörbar machte, ausrief:
    »Dank, o meinen Dank, süße Majestät! Morgen also?«
    Die Königin verbarg ihr schon so gut verborgenes Gesicht vollends gänzlich.
    Charny fühlte einen eisigen Schweiß, den Todesschweiß, langsam in schweren Tropfen von seinen Schläfen herabfließen.
    Der Unbekannte hatte die beiden Hände der Königin gegen sich ausstrecken sehen. Er nahm sie in die seinigen und drückte einen so langen und zärtlichen Kuß darauf, daß Charny während seiner Dauer den Schmerz aller Martern kennen lernte, welche die wilde Menschheit den höllischen Barbareien gestohlen hat.
    Als dieser Kuß gegeben war, erhob sich die Königin rasch und ergriff den Arm ihrer Gefährtin.
    Beide entflohen, wie am Tage vorher, an Charny vorüber.
    Der Unbekannte entfloh ebenfalls, und Charny, der den Boden nicht hatte verlassen können, an den ihn die Lähmung eines unsäglichen Schmerzes gefesselt hielt, vernahm unbestimmt das gleichzeitige Geräusch zweier Thüren, die man wieder schloß.
    Wir werden es nicht versuchen, die Lage zu schildern, in der sich Charny nach dieser gräßlichen Entdeckung befand.
    Die Nacht verging für ihn in wüthenden Gängen durch den Park, durch die Alleen, denen er in Verzweiflung ihre strafbare Mitschuld zum Vorwurf machte.
    Einige Stunden lang wahnsinnig, fand Charny seine Vernunft erst wieder, als er in seinem blinden Lauf an den Degen stieß, den er weggeworfen hatte, um nicht in Versuchung zu gerathen, sich desselben zu bedienen.
    Diese Klinge, die ihm zwischen die Beine kam und seinen Fall verursachte, rief ihn plötzlich zum Gefühl seiner Stärke wie seiner Würde zurück. Ein Mann, der einen Degen in seiner Faust fühlt, kann, wenn er noch wahnwitzig ist, nur entweder sich selbst oder seinen Beleidiger damit durchbohren; er hat kein Recht mehr, schwach oder furchtsam zu sein.
    Charny wurde wieder, was er immer war, ein starker Geist, ein kräftiger Körper. Er unterbrach seine wahnsinnigen Läufe, bei denen er an die Bäume anrannte, und ging gerade und schweigsam in die noch von den Tritten der zwei Frauen und des Unbekannten durchfurchte Allee.
    Er wollte den Platz besuchen, wo die Königin gesessen hatte. Die noch niedergedrückten Moose enthüllten ihm sein Unglück und das Glück eines Andern. Statt zu seufzen, statt die Dünste des Zorns abermals in sein Gehirn aufsteigen zu lassen, dachte Olivier über die Natur dieser verborgenen Liebe und über den Rang der Person nach, die dieselbe einflößte.
    Er untersuchte die Tritte dieses vornehmen Herrn mit derselben Aufmerksamkeit, womit er bei Untersuchung der Fährte eines wilden Thieres zu Werke gegangen wäre. Er erkannte die Thüre hinter den Apollo-Bädern, Er sah, indem er die Mauerkappe erkletterte, Eindrücke von Pferdehufen und eine Verheerung im Grase.
    »Er kommt von dort her! Er kommt nicht von Versailles, sondern von Paris,« dachte Olivier. »Er kommt allein, und morgen wird er wieder kommen, da man ihm gesagt hat: Morgen.
    »Bis dahin will ich schweigend, nicht mehr die Thränen, die meinem Auge entfließen, sondern das Blut, das in Wellen aus meinem Herzen strömt, verschlucken.
    »Morgen wird der letzte Tag meines Lebens sein, sonst bin ich ein Feigling und habe nie geliebt.
    »Sachte, sachte,« sprach er, indem er sanft an sein Herz klopfte, wie der Reiter seinem Pferde, das in Hitze geräth, auf den Hals klopft, »Ruhe, Stärke, da die Prüfung noch nicht beendigt ist.«
    Nach diesen Worten schaute er zum letzten Male umher und wandte die Augen vom Schlosse ab, indem er das Fenster der treulosen Königin beleuchtet zu sehen fürchtete; denn dieses

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