Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)
der Aufregung der Nacht vor.
Allmälig erloschen alle Lichter vom Dienste. Der Park füllte sich mit Stillschweigen und Kühle. Sollte man nicht glauben, die Bäume, welche sich bei Tage anstrengen, zu strotzen, um den Blicken zu gefallen und die Vorübergehenden zu liebkosen, arbeiten in der Nacht, wenn Niemand sie sieht und Niemand sie berührt, an her Wiederherstellung ihrer Frische, ihrer Wohlgerüche und ihrer Geschmeidigkeit? Die Bäume und die Pflanzen schlafen in der That wie wir.
Charny hatte die Stunde des Rendezvous der Königin wohl behalten. Es schlug Mitternacht.
Charny's Herz wäre bald in seiner Brust gebrochen. Er drückte sein Fleisch an das Geländer des Fensters, um die Schläge zu ersticken, welche laut und geräuschvoll wurden. »Bald,« sagte er zu sich selbst, »bald wird die Thüre sich öffnen, werden die Riegel klirren.«
Nichts störte den Frieden des Gehölzes.
Charny wunderte sich dann, daß er zum ersten Mal daran dachte, zwei Tage hinter einander fallen dieselben Ereignisse nicht vor; nichts sei verbindlich in dieser Liebe, außer die Liebe selbst, und diejenigen seien sehr unklug, welche, so starke Gewohnheiten annehmend, nicht zwei Tage hinbringen könnten, ohne sich zu sehen.
»Ein gewagtes Geheimniß,« dachte Charny, »wenn sich die Tollheit darein mischt.«
Ja, es war eine unbestreitbare Wahrheit, die Königin würde am zweiten Tag die Unvorsichtigkeit vom vorhergehenden nicht wiederholen.
Plötzlich klirrten die Riegel und die kleine Thüre wurde geöffnet.
Todesblässe überströmte Oliviers Wangen, als er die zwei Damen in der Kleidung der vorhergehenden Nacht erblickte.
»Wie muß sie verliebt sein!« murmelte er.
Die zwei Damen machten dasselbe Manöver, das sie an Tage vorher gemacht hatten, und gingen rasch unter Charny's Fenstern vorüber.
Er sprang wie am vorhergehenden Tage hinab, so bald sie fern genug waren, daß sie ihn nicht mehr hören konnten, und während er hinter jedem ein wenig dicken Baum ging, schwur er sich, klug, stark, unempfindlich zu sein; nicht zu vergessen, daß er der Unterthan war und sie die Königin; er ein Mann, das heißt zur Ehrfurcht verbunden, sie eine Frau, das heißt berechtigt, Rücksichten zu verlangen.
Und da er seinem ungestümen, stets zum Ausbruch geneigten Character mißtraute, so warf er seinen Degen hinter einen Holderbusch, der einen Kastanienbaum umgab.
Mittlerweile waren die zwei Damen zu demselben Ort wie am Tage zuvor gelangt. Ebenfalls wie am vorhergehenden Tage, erkannte Charny die Königin, und diese umhüllte ihre Stirne mit ihrer Caputze, während die diensteifrige Freundin den Unbekannten, den man Monseigneur nannte, aus seinem Versteck holte.
Dieses Versteck, was war es? das fragte sich Charny. Wohl lag in der Richtung, welche die Gefällige nahm, der Saal der Apollo-Bäder, beschützt von den hohen Hagebuchen und dem Schatten seiner marmornen Piaster; doch wie konnte sich der Unbekannte hier verbergen? wo kam er herein?
Charny erinnerte sich, daß auf dieser Seite des Parks eine kleine Thüre vorhanden war, ähnlich der, welche die Damen öffneten, um zum Rendezvous zu kommen. Der Unbekannte hatte ohne Zweifel einen Schlüssel zu dieser Thüre. Er schlüpfte hier durch bis zu den Apollo-Bädern und wartete, bis man ihn holte.
Alles war auf diese Art festgestellt; dann entfloh Monseigneur durch dieselbe Thüre nach seiner Unterredung mit der Königin.
Charny erblickte nach einigen Minuten den Mantel und den Hut, wie er es am Tage vorher gesehen hatte.
Dießmal ging der Unbekannte auf die Königin nicht mehr mit der ehrfurchtsvollen Zurückhaltung zu; er kam mit großen Schritten, ohne daß er zu laufen wagte, doch fehlte nicht viel dazu.
An ihren großen Baum angelehnt, setzte sich die Königin auf den Mantel, den dieser moderne Raleigh für sie ausbreitete, und während die wachsame Freundin, wie am Tage vorher, lauerte, kniete der verliebte Herr auf das Moos nieder und fing an mit einer leidenschaftlichen Geschwindigkeit zu reden.
Einer verliebten Schwermuth preisgegeben, neigte die Königin das Haupt. Charny hörte die Worte des Cavaliers nicht, aber die Melodie. Die Rede hatte das Gepräge der Poesie und Liebe. Jede der Betonungen ließ sich in eine glühende Betheurung übersetzen.
Die Königin antwortete nichts. Der Unbekannte verdoppelte indessen die Liebkosung seiner Reden; zuweilen kam es Charny, dem unglückseligen Charny, vor, als sollte das Wort, in jenes harmonische Schauern gehüllt,
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