Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)
schön war.
Schön in der That, mit ihren schönen, auf den Schläfen emporgehaltenen Haaren, ihrem Gesichte mit den zarten Zügen, ihrem lächelnden Munde, ihren ermüdeten, aber von einer sanften Klarheit glänzenden Augen.
Plötzlich erblickte sie Charny am Ende der Reihe. Sie erröthete und gab einen Ausruf des Erstaunens von sich.
Charny bückte den Kopf nicht. Ei schaute fortwährend diese Königin an, in deren Blick er ein neues Unglück las. Sie kam auf ihn zu und sagte mit strengem Tone:
»Ich glaubte, Sie wären auf Ihren Gütern, Herr von Charny?«
»Ich bin von dort zurückgekehrt, Madame,« erwiderte er mit kurzem, beinahe unhöflichem Ausdruck.
Sie blieb erstaunt stehen, da ihr nie eine Nuance entging.
Nach diesem Austausch von Blicken und beinahe feindlichen Worten wandte sie sich gegen die Frauen.
»Guten Morgen, Gräfin,« sagte sie freundschaftlich zu Frau von La Mothe. Und sie blinzelte ihr ganz vertraulich mit den Augen zu.
Charny bebte. Er schaute aufmerksamer.
Unruhig über dieses, eine Absichtlichkeit verrathende Anschauen wandte Frau von La Mothe den Kopf ab.
Charny folgte ihr wie ein Verrückter, bis sie ihm noch einmal ihr Gesicht gezeigt hatte.
Dann drehte er sich um sie, um ihren Gang zu studiren.
Rechts und links grüßend, folgte jedoch die Königin diesem Manöver der beiden Beobachter.
»Sollte er den Verstand verloren haben?« dachte sie. »Armer Junge!«
Und sie kehrte zu ihm zurück und fragte mit milderem Ton:
»Wie befinden Sie sich, Herr von Charny?«
»Sehr gut, Madame, doch, Gott sei Dank, minder gut als Eure Majestät.«
Und er verbeugte sich auf eine Art, daß er die Königin mehr erschreckte, als er sie in Erstaunen gesetzt hatte.
»Dahinter ist Etwas,« sagte die aufmerksame Jeanne.
»Wo wohnen Sie denn gegenwärtig?« fuhr die Königin fort.
»In Versailles, Madame,« erwiderte Olivier.
»Seit wie lange?«
»Seit drei Nächten,« sprach der junge Mann, indem er mit dem Blick, mit der Geberde und mit der Stimme einen Nachdruck auf die Worte legte.
Die Königin offenbarte keine Bewegung; Jeanne bebte.
»Haben Sie mir nicht etwas zu sagen?« fragte die Königin Charny mit einer engelgleichen Sanftmuth.
»Oh! Madame,« erwiderte dieser, »ich hätte Eurer Majestät nur zu viel zu sagen.«
»Kommen Sie!« sprach Marie Antoinette ungestüm.
»Wachen wir,« dachte Jeanne.
Die Königin ging mit großen Schritten nach ihren Gemächern. Jedermann folgte ihr nicht minder bewegt.
Was Frau von La Mothe providentiell vorkam, war der Umstand, daß Marie Antoinette, um den Anschein zu vermeiden, als suchte sie unter vier Augen zu sein, mehrere Personen aufforderte, ihr zu folgen.
Mitten unter diese Personen schlüpfte Jeanne.
Die Königin trat in ihr Gemach und entließ Frau von Misery und ihren ganzen Dienst.
Es war ein mildes, verschleiertes Wetter; die Sonne durchdrang die Wolken nicht, ließ jedoch ihre Wärme und ihr Licht durch ihre dichte Weiße und blaue Fütterung sickern.
Die Königin öffnete das Fenster, das auf eine kleine Terrasse ging; sie setzte sich an ihr mit Briefen überdecktes Arbeitstischchen und wartete.
Die Personen, welche ihr gefolgt waren, begriffen allmälig ihren Wunsch, allein zu sein, und entfernten sich.
Ungeduldig, vom Zorn verzehrt, zerknitterte Charny seinen Hut zwischen den Händen.
»Sprechen Sie! sprechen Sie!« sagte die Königin; »Sie scheinen sehr beunruhigt zu sein, mein Herr?«
»Wie werde ich anfangen?« sagte Charny, der laut dachte; »wie werde ich es wagen, die Ehre, die Treue, die Majestät anzuklagen?«
»Wie beliebt?« rief Marie Antoinette, indem sie sich lebhaft mit einem flammenden Blick umwandte.
»Und dennoch werde ich nur sagen, was ich gesehen habe,« fuhr Charny fort.
Die Königin erhob sich und sprach mit kaltem Ton:
»Mein Herr, es ist noch zu früh am Morgen, daß ich Sie für betrunken halte; und dennoch nehmen Sie hier eine Haltung an, die sich schlecht für nüchterne Edelleute geziemt!«
Sie erwartete, ihn durch diese verächtliche Anrede niedergeschmettert zu sehen. Doch er fuhr unbeweglich fort:
»Im Ganzen, was ist eine Königin? ein Weib. Und ich, was bin ich? ein Mann ebensowohl als ein Unterthan.«
»Mein Herr!«
»Madame, verwirren wir nicht das, was ich Ihnen sagen muß, durch einen Zorn, der auf eine Tollheit auslaufen würde. Ich glaube Ihnen bewiesen zu haben, daß ich Ehrfurcht vor der königlichen Majestät hegte; ich befürchte, bewiesen zu haben, daß ich eine
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