Das Halsband der Königin - 3 (German Edition)
während ich als Freundin herbeieile, Vorwürfe oder die verschleierte Leidenschaftlichkeit einer unversöhnlichen Feindin treffen?«
Andree schlug die Augen auf, erstaunt über diese Leutseligkeit, an welche Marie Antoinette ihre Diener nicht gewöhnt hatte. Sie war hochmüthig und schroff, wenn sie auf Widerstand stieß.
Die Worte, welche Andree gesprochen, anzuhören, ohne sich zu erhitzen, war eine Anstrengung der Geduld und der Freundschaft, welche die heißblütige Einsiedlerin merkbar rührte.
»Eure Majestät weiß wohl, daß die Taverney nicht ihre Feinde sein können,« sagte sie leiser.
»Ich begreife,« sprach die Königin; »Sie verzeihen mir nicht, daß ich kalt gegen Ihren Bruder war, und er selbst klagt mich vielleicht des Leichtsinns, der Launenhaftigkeit sogar an.«
»Mein Bruder ist ein zu ehrerbietiger Unterthan, um die Königin anzuklagen,« entgegnete Andree, die ihre Starrheit zu behaupten sich bemühte.
Die Königin sah wohl, daß sie sich verdächtig machen würde, wenn sie die Dosis Honig, welche den Cerberus bändigen sollte, vermehrte. Sie hielt mitten in ihren Zuvorkommenheiten inne und sagte:
»Es ist immerhin gewiß, daß ich, als ich nach Saint-Denis kam, um mit Madame zu sprechen, Sie sehen und Ihnen die Versicherung geben wollte, ich sei von nahe wie von fern Ihre Freundin.«
Andree fühlte diese Nuance; sie befürchtete, diejenige, welche ihr schmeichelte, beleidigt zu haben; sie befürchtete noch viel mehr, ihre schmerzliche Wunde vor dem stets hellsehenden Auge einer Frau enthüllt zu haben.
»Eure Majestät überschüttet mich mit Ehre und Freude,« sagte sie traurig.
»Sprechen Sie nicht so, Andree,« erwiderte die Königin, indem sie ihr die Hand drückte; »Sie zerreißen mir das Herz. Wie! es soll nicht gesagt werden, eine elende Königin könne eine Freundin haben, könne über eine Seele verfügen, könne mit Vertrauen ihre Augen auf reizenden Augen, wie die Ihrigen, ruhen lassen, ohne im Grunde dieser Augen Interesse oder Groll zu vermuthen! Ja, ja, Andree, beneiden Sie diese Königinnen, diese Herrinnen der Güter, der Ehre und des Lebens Aller. Oh! ja, sie sind Königinnen! oh! ja, sie besitzen das Gold und das Blut ihrer Völker, doch das Herz! nie! nie! Sie können es nicht nehmen, und man muß es ihnen schenken.«
»Ich versichere Sie, Madame,« sprach Andree, erschüttert durch diese warme Anrede, »ich habe Eure Majestät so sehr geliebt, als ich je in dieser Welt lieben werde.«
So sprechend erröthete sie und neigte das Haupt.
»Sie ... haben mich ... geliebt!« rief die Königin, diese Worte auffangend, »Sie lieben mich nicht mehr?«
»Oh! Madame!«
»Ich verlange nichts von Ihnen, Andree ... Verflucht sei das Kloster, das so schnell die Erinnerung in gewissen Herzen vertilgt!«
»Klagen Sie mein Herz nicht an,« rief Andree lebhaft »es ist todt!«
»Ihr Herz ist todt! Sie Andree, wie können Sie bei Ihrer Jugend und Schönheit sagen, Ihr Herz sei todt! Ah! spielen Sie nicht mit diesen unseligen Worten! Das Herz ist nicht todt bei derjenigen, welche dieses Lächeln, diese Schönheit bewahrt; sagen Sie das nicht, Andree.«
»Ich wiederhole Ihnen, Madame, nichts bei Hofe, nichts in der Welt ist mehr für mich. Hier lebe ich wie das Gras und die Pflanze; ich habe Freuden, die nur ich allein verstehe; darum habe ich, als ich Sie vorhin glänzend und fürstlich wiederfand, ich, die schüchterne und dunkle Nonne, nicht sogleich begriffen: meine Augen haben sich, geblendet durch Ihren Glanz, geschlossen; ich flehe Sie an, mir zu verzeihen: es ist kein sehr großes Verbrechen, dieses Vergessen der stolzen Eitelkeiten der Welt; mein Beichtvater wünscht mir jeden Tag Glück hiezu; ich flehe Sie an, seien Sie nicht strenger, als er.«
»Wie! Sie gefallen sich im Kloster?«
»Ich umfasse mit Wonne das Leben der Einsamkeit.«
»Es ist nichts mehr da, was Sie gebieterisch zu den Freuden der Welt hinzieht?«
»Nichts.«
»Mein Gott!« dachte voll Angst die Königin, »sollte ich scheitern?«
Und ein tödtlicher Schauer durchlief ihre Adern.
»Wir wollen sie in Versuchung führen,« sagte sie zu sich selbst; »scheitert dieses Mittel, so nehme ich meine Zuflucht zu den Bitten. Oh! sie zu diesem Ende bitten, sie bitten, Herrn von Charny anzunehmen ... gütiger Himmel! muß ich so unglücklich sein!«
»Andree,« sagte Marie Antoinette, ihre Aufregung beherrschend, »Sie haben Ihre Zufriedenheit in Worten ausgesprochen, die mir die Hoffnung rauben,
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