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Das Halsband der Königin

Das Halsband der Königin

Titel: Das Halsband der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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brauchte ja nur durch die geheime Tür zu verschwinden und nach der Rue des Vieux-Augustins zu entwischen.
    Den Schlüssel zu der kleinen Hinterpforte trug er stets bei sich.
    Doch dieser Tag blieb dem armen Journalisten nicht so günstig, wie er begonnen hatte. Vor der Hintertür anlangend, gewahrte er einen anderen jungen Mann von drohendem Aussehn.
    Jener aber, dem er entronnen war, hatte die Tür gesprengt, die er vor ihm zugeschlagen, und Herr Réteaux sah sich bestürzt zwischen zwei Feuern.
    »Mein Herr, lassen Sie mich hinaus, um Himmels willen«, bat Réteaux den Wächter in der Rue des Vieux-Augustins.
    »Lassen Sie den Schuft nicht entkommen, Herr de Taverney«, rief der nachstürzende Charny diesem zu, denn er war es, der wenig zuvor dem Zahler die Klinke aus der Hand genommen.
    Beide, Taverney und Charny, hatten morgens beim Lesen der Gazette den gleichen Gedanken gehabt und ihn ausgeführt, ohne daß einer dem andern sich mitgeteilt hätte.
    Sie wollten den Schreiber des schmählichen Artikels zur Rede stellen und ihn ihren Stock fühlen lassen, wie es damals üblich war unter Adligen, wenn ein Geringerer ihren Zorn erregt hatte. Nur empfand jeder bei Ansicht des anderen heftigen Unmut; daß sie beide die gleiche Idee gehabt, machte offenkundig, daß sie Rivalen waren.
    »Nun, ich sehe«, sagte Taverney bitter, »ich werde dem Fest lediglich beiwohnen, Charny, falls Sie nicht die Güte haben, mir die Tür zu öffnen.«
    »Das Fest?« fragte stockend der Zeitungsmann. »Wollen Sie mich umbringen, meine Herrn?«
    »Oh, das Wort ist stark«, sagte Charny, »nein, umbringen werden wir Sie nicht. – Sie gestatten, Taverney, daß ich mit dem Strolch auf meine Weise verfahre?«
    »Sie waren der erste, Sie haben den Vortritt«, antwortete Philippe.
    »Stellen Sie sich gegen die Wand«, befahl Charny dem Zeitungsmann, »alsdann, teurer Herr, Sie geben zu, diese Schmiererei gegen die Königin verfaßt und veröffentlicht zu haben?«
    »Das geht nicht gegen die Königin.«
    »Ah, das fehlte noch! ›Etteniotna‹, halten Sie uns für dumm, mein Wertester? Antworten Sie, und zwar sofort: Hatten Sie einen Komplizen bei der Abfassung dieses Pamphlets?«
    »Ich bin kein Verräter«, antwortete Réteaux.
    »Gut, also hatten Sie einen. Der Graf de Cagliostro, der Ihnen die tausend Exemplare abgekauft hat, wird seine Schurkerei bezahlen, so wie Sie die Ihre jetzt bezahlen werden.«
    Damit begann Herr de Charny, dem Journalisten den Buckel zu bläuen, bis sein Arm endlich erlahmte. Der Schmerzensschreie Réteaux’ hatte er sowenig acht wie der Klagen Aldegondes, die herbeigeeilt war. Ohnmächtig in seinem Zorn sah Taverney von außen dem Schauspiel zu.
    »Nachdem Sie das Ihre getan haben, Charny, öffnen Sie mir.
    Man muß die Aufl age vernichten«, sagte Philippe.
    »Richtig«, versetzte Charny, »wie klug man doch zu zweit ist.
    Daran hätte ich nicht mehr gedacht.«
    Und während die jungen Herren, den armen Réteaux vor sich herstoßend, das Lager aufsuchten, erkundigte sich Charny, welchem Umstand es zu danken sei, daß Taverney an der Hintertür sich eingefunden hatte.
    »Ich habe mich in der Gegend nach den Gewohnheiten des Burschen umgehorcht; so erfuhr ich, daß er immer davonläuft, und dachte mir, daß irgendwer mir den Fuchs wohl zutreiben würde.«
    Wie zwei Freunde Feinde wurden
    Als Aldegonde ihren Herrn hatte schreien hören, war sie zur Wachstation gelaufen und hatte Hilfe erbeten. Aber die Soldaten erschienen erst, als das Feuer im Hof die Zeitungen schon in Asche verwandelt hatte. Die jungen Herren waren unterdessen durch jene Hintertür entschwunden, die der unglückliche Réteaux ihnen verraten hatte. Die Wachleute konnten dem Geprügelten nur noch empfehlen, seinen Rücken mit Kampferspiritus ein-zureiben.
    Stets neugieriger als die Polizei, verharrte die Menge der Schaulustigen bis zum Nachmittag im Hof des Gitterhauses in der Erwartung, daß eine ähnliche Szene sich wiederholen würde.
    Aldegonde in ihrer Verzweifl ung verfl uchte die Österreicherin, segnete Herrn de Cagliostro und pfl egte ihren geschundenen Herrn.
    »Nun, da unsere Exekution beendet ist«, sagte Charny, als er neben Taverney die Rue des Vieux-Augustins betrat, »darf ich hoffen, Ihnen noch weiterhin von Nutzen zu sein?«
    »Tausend Dank! Dieselbe Frage wollte ich soeben an Sie richten.«
    »Dank auch Ihnen. Ich war in Privatdingen nach Paris gekommen, die mich vermutlich noch einige Zeit hier aufhalten werden.«
    »Mir geht

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