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Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Titel: Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
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Grund. Du glaubst nicht mehr.«
    »Fang nicht schon wieder mit diesem Scheiß an«, fauchte Theodore. »Ich habe dem Herrn genug gedient. Und ich hab die Beine, um das zu beweisen.«
    »Du brauchst nur etwas Ruhe«, sagte Roy. »Wir suchen uns vor der Dunkelheit einen hübschen Baum, unter dem wir schlafen können.«
    »Klingt trotzdem richtig nett. Kaffee nach dem Essen.«
    »Himmel, wenn du einen Kaffee willst, hol ich dir einen. Wir haben noch ein wenig Kleingeld.«
    »Wenn wir doch nur bei dem Zirkus wären«, seufzte Theodore. »Da haben wir es am besten gehabt.«
    »Tja, dann hättest du besser die Hände von dem Kleinen lassen sollen.«
    Theodore nahm einen Stein und warf ihn ins Wasser. »Da kommt man ins Grübeln, nicht?«
    »Weswegen?« fragte Roy.
    »Weiß nicht«, sagte der Krüppel schulterzuckend. »Man kommt einfach nur ins Grübeln, das ist alles.«

4. TEIL
WINTER

25.
    Es war ein kalter Februarmorgen im Jahr 1966, Carls und Sandys fünftes gemeinsames Jahr. Die Wohnung war kühl wie ein Eisschrank, doch Carl hatte Sorge, dass, wenn er noch einmal bei der Vermieterin unten anklopfte und forderte, sie solle doch endlich den Thermostat hochdrehen, er die Nerven verlieren und sie mit ihrem eigenen dreckigen Haarnetz erdrosseln würde. Er hatte noch nie jemanden in Ohio umgebracht, man schiss nicht ins eigene Nest, Regel Nr. 2. Mrs. Burchwell war also tabu, obwohl sie es mehr verdiente als alle anderen. Sandy wachte kurz vor Mittag auf, legte sich eine Decke über die dürren Schultern und schlurfte ins Wohnzimmer, wobei die Enden der Decke durch Staub und Dreck schleiften. Dort kauerte sie sich auf dem Sofa zu einem zitternden Ball zusammen und wartete darauf, dass Carl ihr eine Tasse Kaffee brachte und den Fernseher einschaltete. In den folgenden Stunden rauchte sie, schaute sich ihre Seifenopern an und hustete vor sich hin. Um drei Uhr brüllte Carl aus der Küche, es sei Zeit, sich für die Arbeit fertig zu machen. Sandy kellnerte an sechs Nächten in der Bar, und sie kam jedes Mal zu spät; eigentlich sollte sie Juanita gegen vier Uhr ablösen.
    Stöhnend stand sie auf, drückte die Zigarette im Aschenbecher aus und warf die Decke von den Schultern. Sie schaltete den Fernseher aus und zog sich zitternd ins Bad zurück; beugte sich über das Waschbecken und spritzte sich ein wenig Wasser ins Gesicht. Dann trocknete sie sich ab, besah sich im Spiegel und versuchte vergeblich, die braunen Flecken von den Zähnen zu kriegen. Sie zog die Lippen rot nach, schminkte sich die Augen und band die braunen Haare zu einem schlappen Pferdeschwanz. Überall hatte sie blaue Flecken und alles tat ihr weh. Letzte Nacht hatte sie sich nach Barschluss von einem Arbeiter aus der Papierfabrik, der kürzlich eine Hand im Rückspuler verloren hatte, für zwanzig Dollar über den Pooltisch legen lassen. Ihr Bruder hatte seit diesem gottverdammten Anruf ein Auge auf sie, aber zwanzig Piepen waren zwanzig Piepen, wie man es auch drehte und wendete. Carl und sie konnten damit einen halben Staat durchqueren oder die Stromrechnung eines Monats bezahlen. Es ärgerte sie, auf der einen Seite drehte Lee all diese illegalen Dinger, und auf der anderen machte er sich Sorgen, sie könnte ihn Wählerstimmen kosten. Der Mann mit dem Stumpf hatte noch einen Zehner drauflegen wollen, wenn er ihr seinen Metallhaken hätte reinschieben dürfen, doch Sandy hatte gesagt, das solle er sich lieber für seine Frau aufsparen.
    »Meine Frau ist keine Nutte«, hatte der Mann gesagt.
    »Na klar«, keifte Sandy zurück und zog sich den Schlüpfer runter. »Sie hat schließlich dich geheiratet, oder nicht?« Die ganze Zeit über, während er sie bearbeitete, hielt sie den Zwanziger fest. So hart war sie schon seit Langem nicht mehr rangenommen worden; der alte Mistkerl bekam richtig was für sein Geld. Er hörte sich an, als würde er gleich einen Herzanfall kriegen, so stöhnte er und schnappte nach Luft, und die ganze Zeit drückte der kalte Metallhaken gegen ihre rechte Hüfte. Als er fertig war, war der Schein in ihrer Hand ein kleiner, schweißgetränkter Ball. Er ließ von ihr ab, sie strich den Schein auf dem grünen Filz glatt und schob ihn sich in den Pullover. »Außerdem«, setzte sie nach, »steckt in dem Ding genauso viel Gefühl wie in einer Bierdose.« Nach einer solchen Nacht wünschte sie sich manchmal, sie würde wieder in der Morgenschicht des
Wooden Spoon
arbeiten. Der alte Grillkoch Henry war wenigstens sanft mit ihr umgegangen.

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