Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels
Kirche opfern soll – damit Sie alle von dem guten Fleisch nehmen können. Und genau das werde ich tun, meine Freunde, ich werde diese Innereien essen, damit Sie alle sich das Beste teilen können. Keine Sorge, so bin ich nun mal. Ich nehme mir unseren guten Herrn Jesus zum Vorbild, wann immer es mir möglich ist, und heute Abend hat er mir eine weitere Gelegenheit gegeben, in seine Fußstapfen zu treten. Amen.« Dann sagte Prediger Teagardin etwas mit leiser Stimme zu seiner rothaarigen Frau; sie ging direkt zum Nachtisch, wobei sie auf ihren hohen Absätzen ein wenig wackelte, und füllte die Teller mit Sahnetorte und Karottenkuchen und Mrs. Thompsons Zuckerkeksen, während er die Pfanne Hühnerleber an den Kopf eines der langen Tische trug, die vorn in der Kirche für das Essen aufgebaut worden waren.
»Amen«, wiederholte die Gemeinde. Einige schauten verwirrt, andere, vor allem jene, die das gute Fleisch mitgebracht hatten, grinsten glücklich. Ein paar warfen Emma, die mit Lenora am Ende der Schlange stand, scheele Blicke zu. Als Emma die auf sie gerichteten Augen spürte, wurde ihr ganz schwindlig, und das Mädchen packte sie am Ellbogen. Arvin eilte zu ihr und half ihr hinaus. Er ließ sie sich auf einen grasbewachsenen Flecken unter einem Baum setzen, und Lenora brachte ihr ein Glas Wasser. Die alte Frau trank einen Schluck und fing an zu weinen. Arvin klopfte ihr auf die Schulter. »Schon gut, schon gut«, sagte er, »mach dir um diesen schleimigen Angeber keine Gedanken. Soll ich mit ihm reden?«
Emma wischte sich die Augen mit dem Saum ihres guten Kleids trocken. »Mein ganzes Leben war mir noch nie etwas so peinlich«, sagte sie. »Ich wäre am liebsten unter den Tisch gekrochen.«
»Soll ich dich nach Hause bringen?«
Sie schniefte noch ein wenig und seufzte dann. »Ich weiß nicht, was ich machen soll.« Sie sah zur Kirchentür. »Das ist gewiss nicht der Prediger, auf den ich gehofft hatte.«
»Ach was, Grandma, dieser Idiot ist überhaupt kein Prediger«, sagte Arvin. »Der ist ja genauso schlimm wie diese Kerle im Radio, die um Geld betteln.«
»Arvin, so darfst du nicht reden«, mahnte ihn Lenora. »Prediger Teagardin wäre nicht hier, wenn der Herr ihn nicht gesandt hätte.«
»Ja, ja.« Arvin half seiner Großmutter auf. »Hast du gesehen, wie er die Leber verschlungen hat?« sagte er und versuchte, sie zum Lächeln zu bringen. »Mann, der Kerl hat wahrscheinlich seit ewigen Zeiten nichts mehr so Gutes gegessen. Deshalb wollte er es ganz allein für sich.«
33.
Preston Teagardin lag auf dem Sofa des Hauses, das die Gemeinde für seine Frau und ihn gemietet hatte, und las in seinem alten Psychologie-Handbuch aus dem College. Das Haus war eine viereckige Schachtel mit vier dreckigen Fenstern und einem externen Plumpsklo. Es war von Trauerweiden umgeben und stand am Ende eines Schotterwegs. Der undichte Gasherd war voller mumifizierter Mäuse, und die ausrangierten Möbel, die sie ihm zur Verfügung gestellt hatten, rochen nach Hund oder Katze oder irgendeinem anderen dreckigen Vieh. So wie die Menschen hier hausten, überlegte er, hätte es ihn nicht überrascht, wenn es Schweinegeruch gewesen wäre. Er war erst zwei Wochen in Coal Creek, doch schon jetzt hasste er das Kaff. Teagardin bemühte sich, seine Berufung an diesen Außenposten im Hinterland als eine Art spiritueller Prüfung des Herrn zu verstehen, aber vor allem war seine Mutter daran schuld. Oh ja, die alte Hexe hatte ihn nach Strich und Faden reingelegt, hatte ihm richtig in den Hintern getreten. Keinen Penny Unterstützung mehr würde er kriegen, wenn er nicht mehr Eifer an den Tag legte, hatte sie erklärt, als sie herausfand, dass er das Bibel-College schon am Ende des ersten Semesters hatte sausen lassen. Bis dahin hatte sie geglaubt, sein Abschluss stünde unmittelbar bevor. Einen Tag später hatte ihre Schwester angerufen und gesagt, dass Albert erkrankt sei. Perfektes Timing. Sie hatte ihren eigenen Sohn verpflichtet, ohne ihn überhaupt zu fragen.
Das einzig Gute an seiner Collegezeit war der Psychologiekurs gewesen, den er bei Dr. Phillips belegt hatte. Was zum Henker bedeutete denn schon ein Abschluss am Bibel-College in einer Welt der Ohio University oder Harvard? Da hätte er sich genauso gut ein Diplom von einer dieser Bestelladressen kaufen können, die auf den Rückseiten der Comichefte inserierten. Er hatte auf eine richtige Universität gehen und Jura studieren wollen, aber nein, nicht von dem Geld seiner
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