Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels

Titel: Das Handwerk des Teufels - Pollock, D: Handwerk des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donald Ray Pollock
Vom Netzwerk:
als würde er beten. Sie wartete, bis sie ihn »Amen« sagen hörte, dann ging sie langsam nach vorn.
    Teagardin spürte ihre Anwesenheit hinter sich. Seit drei Wochen hatte er geduldig auf Lenora gewartet. Er war nahezu jeden Tag gegen Schulschluss in die Kirche gekommen und hatte die Tür offen gelassen. Meistens fuhr sie mit ihrem Halbbruder, oder was immer er war, in diesem Schrotthaufen von Bel Air nach Hause, doch ein oder zwei Mal hatte er sie alleine gesehen. Er hörte ihre leisen Schritte auf dem groben Dielenboden. Er konnte ihren Kaugummi-Atem riechen, als sie näher kam; wenn es um junge Frauen und ihren Duft ging, hatte er die Nase eines Bluthundes. »Wer ist da?« fragte er und hob den Kopf.
    »Lenora Laferty, Prediger Teagardin.«
    Er bekreuzigte sich und drehte sich lächelnd zu ihr um. »Was für eine Überraschung.« Er betrachtete sie eingehender. »Mädchen, du siehst aus, als ob du geweint hättest.«
    »Ach, das ist nichts«, erwiderte sie kopfschüttelnd. »Nur ein paar Kinder in der Schule. Die ziehen mich gern auf.«
    Teagardin sah einen Augenblick an ihr vorbei und suchte nach einer passenden Bemerkung. »Ich nehme an, sie sind einfach nur neidisch«, sagte er. »Neid bringt in den Menschen das Schlimmste an den Tag, vor allem bei jungen Menschen.«
    »Ich glaube nicht, dass es das ist«, sagte sie.
    »Wie alt bist du, Lenora?«
    »Fast siebzehn.«
    »Ich erinnere mich noch, als ich so alt war«, begann Teagardin. »Ich war voll des Herrn, und die anderen Kinder zogen Tag und Nacht über mich her. Es war furchtbar, all die fürchterlichen Vorstellungen, die mir durch den Kopf gingen.«
    Lenora nickte und setzte sich auf die Bank auf der anderen Seite. »Und was haben Sie dagegen getan?« fragte sie.
    Er ging nicht auf die Frage ein, schien tief in Gedanken versunken. »Ja, das war eine harte Zeit«, sagte er schließlich und seufzte schwer. »Gott sei Dank ist das vorbei.« Dann lächelte er wieder. »Musst du in den nächsten paar Stunden irgendwo sein?«
    »Nein, eigentlich nicht«, antwortete sie.
    Teagardin stand auf und nahm ihre Hand. »Nun, dann finde ich, ist es an der Zeit, dass du und ich eine Spazierfahrt unternehmen.«
    Zwanzig Minuten später hielten sie auf einer alten Farmzufahrt, die Teagardin schon seit seiner Ankunft in Coal Creek im Auge hatte. Sie hatte früher mal zu ein paar Heuweiden ein, zwei Meilen abseits der Hauptstraße geführt, doch das Land war in der Zwischenzeit von Möhrenhirse und dichtem Gestrüpp überwuchert. Seine Reifenspuren waren die einzigen, die er in den letzten zwei Wochen dort gefunden hatte. Ein sicheres Fleckchen für ein Stelldichein. Teagardin schaltete den Wagen aus, sprach ein kurzes Gebet, legte seine warme, fleischige Hand auf Lenoras Knie und sagte ihr genau das, was sie hören wollte. Verdammt, jede von ihnen wollte so ziemlich dasselbe hören, selbst die, die ganz von Jesus erfüllt waren. Er wünschte sich nur, sie hätte ein wenig mehr Widerstand geleistet, doch Lenora war leicht herumzukriegen, genau wie er vorhergesagt hatte. Und doch, so oft er das auch schon getan hatte, als er ihr die Kleidung auszog, schien es, als könne er meilenweit jeden einzelnen Vogel hören, jedes Insekt, jedes Tier im Wald. So war das mit einer Neuen immer beim ersten Mal.
    Als er fertig war, streckte Preston die Hand aus und hob ihren grauen, schäbigen Schlüpfer vom Fußraum auf. Er wischte sich damit das Blut ab und reichte ihn dann Lenora. Er wedelte eine Fliege fort, die um seinen Schritt summte, zog dann die braune Hose hoch, knöpfte sich das weiße Hemd zu und sah zu, wie Lenora sich wieder in das lange Kleid mühte. »Du wirst doch niemandem etwas verraten, oder?« sagte er. Eigentlich wäre es ihm nun lieber gewesen, er wäre zu Hause geblieben und hätte sein Psychologie-Handbuch gelesen, vielleicht sogar versucht, das Gras mit dem Rasenmäher zu schneiden, den Albert ihm geschickt hatte, nachdem Cynthia vor dem Plumpsklo auf eine zusammengerollte schwarze Schlange getreten war. Unglücklicherweise gehörte er nicht zu den Männern, die sich bei körperlichen Arbeiten geschickt anstellten. Schon bei dem Gedanken, den Rasenmäher auf dem steinigen Hof hin und her zu schieben, wurde ihm übel.
    »Nein«, sagte Lenora. »Das würde ich nie tun. Ich verspreche es.«
    »Das ist gut. Manche Menschen würden das nicht verstehen. Und ich bin der ehrlichen Überzeugung, dass die Beziehung eines Menschen zu seinem Prediger Privatsache sein

Weitere Kostenlose Bücher