Das Harvard-Konzept
organisiertes Experiment für einen bestimmten Zeitraum zulässt, als von vornherein ein ganzes Problem zu billigen.
Viele Leute sind sehr stark von ihrer Vorstellung von Rechtmäßigkeit |118| beeinflusst. Ein effektiver Weg zur Lösung solcher Probleme besteht daher darin, alles so zu organisieren, dass die Sache unbedingt legitim erscheint. Die Gegenseite wird Lösungen um so leichter zustimmen, wenn es den Anschein hat, dass man das Rechte tut – recht im Sinne von fair, legal, ehrenhaft und so weiter.
Kaum etwas erleichtert Verhandlungen so wie ein Präzedenzfall. Suchen Sie danach. Suchen Sie nach einer Entscheidung oder einem Kernsatz, den die Gegenseite in einer ähnlichen Situation geäußert hat und bauen Sie darauf Ihren Vorschlag für die Übereinkunft auf. Das verschafft Ihnen eine objektive Ausgangslage für Ihren Antrag und erleichtert den anderen das Mitziehen. Stellen Sie den vermuteten Wunsch der Gegenseite nach Beständigkeit in Rechnung und klären Sie, was früher getan oder gesagt wurde. Das hilft Ihnen bei der Entwicklung von Optionen, die Sie akzeptieren können und die gleichzeitig den Standpunkt der anderen mit einbeziehen.
Drohungen helfen nicht
Sie sollten nicht nur über die Inhalte der von Ihnen gewünschten Entscheidungen nachdenken, sondern auch vom Standpunkt der Gegenseite aus die daraus folgenden Konsequenzen bedenken. Wenn Sie die anderen wären, welche Ergebnisse würden Sie am meisten fürchten? Worauf würden Sie hoffen?
Oft versuchen wir andere durch Drohungen und Warnungen vor möglichen Konsequenzen im Ablehnungsfall zu beeinflussen. Positive Angebote sind jedoch viel effektiver. Konzentrieren Sie sich darauf, die Konsequenzen einer Zustimmung zu Ihrem Vorschlag deutlich zu machen, und erhöhen Sie die Wirkung noch, indem Sie sich dabei auf den Standpunkt der Gegenseite stellen. Wie können Sie Ihre Angebote noch glaubwürdiger machen? Welche speziellen Dinge würden den anderen wohl gefallen? Würde es ihnen entgegenkommen, den abschließenden Vorschlag selbst zu unterbreiten, oder das Ganze der Öffentlichkeit vorzustellen? Was kann man sich |119| ausdenken, das für die Gegenseite attraktiv ist und Sie gleichzeitig wenig kostet?
Zur Einschätzung einer Wahlmöglichkeit vom Standpunkt der Gegenseite her überlegt man am besten, in welcher Weise die Verhandlungsführer im Falle der Annahme kritisiert würden. Formulieren Sie für sich einige Sätze, mit denen die Gegenseite die von Ihnen gewünschte Entscheidung am heftigsten kritisieren könnte. Dann notieren Sie ein paar Sätze, mit denen die Gegenseite, nun zur eigenen Verteidigung, auf Kritik antworten könnte. Das hilft Ihnen zur Einschätzung der Einschränkungen, unter denen die Gegenseite verhandelt. Und es hilft bei der Entwicklung von Optionen, die gleichermaßen die Interessen der Gegenseite in Rechnung stellt, sodass diese ihrerseits in Ihrem Sinne entscheiden kann. Ein abschließender Test für eine Option besteht darin, sie in Form eines Vorschlags niederzuschreiben, sodass zur Antwort der Gegenseite ein schlichtes »Ja« ausreichend, realistisch und grundlegend für die Zusammenarbeit wäre. Wenn das möglich ist, dann haben Sie das Risiko einer allzu starken Selbstbezogenheit hinreichend reduziert und die Interessen der anderen entsprechend in Ihr Kalkül einbezogen.
In einer komplexen Situation ist kreatives Erfinden eine absolute Notwendigkeit. Das öffnet Türen bei jeder Art von Verhandlung und schafft Übereinkünfte, die beide Seiten zufriedenstellen. Deshalb sollten Sie möglichst viele Optionen produzieren, ehe Sie unter diesen auswählen. Erst erfinden, dann entscheiden. Halten Sie Ausschau nach gemeinsamen Interessen ebenso wie nach unterschiedlichen, die man aber zu beiderseitigem Nutzen verwenden kann. Und trachten Sie danach, der Gegenseite die Entscheidungen zu erleichtern.
|120| Bestehen Sie auf der Anwendung neutraler Beurteilungskriterien
Wie gut Sie auch immer die Interessen der Gegenseite verstehen, wie genial Sie auch die Interessen zusammenbringen, wie hoch Sie auch die künftigen gegenseitigen Beziehungen einschätzen mögen – immer werden Sie mit der harten Wirklichkeit einander widerstreitender Interessen konfrontiert sein. Und keine noch so schöne Rede vom beiderseitigen »Gewinn« kann das aus der Welt schaffen. Sie wünschen eine niedrigere Miete; der Vermieter eine höhere. Sie möchten, dass die Waren morgen geliefert werden; der Händler will das erst nächste Woche
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