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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Gero jegliche Macht im Havelland verliert. Weder wird er Truppen gegen die Heveller führen noch einem von ihnen je wieder ein Leid zufügen. Mich selbst eingeschlossen«, fügte er mit einem grimmigen kleinen Lächeln hinzu.
    Otto nickte, als habe er damit gerechnet. Und offenbar war ihm die Lösung schon eingefallen: »Wir gründen ein Bistum in Brandenburg. Gero wird nicht wagen, zu protestieren, wenn es Gott ist, dem er einen Teil seines Herrschaftsbereichs abtreten muss.«
    »Aber das Havelland gehört den Hevellern«, wandte Tugomir entrüstet ein. »Möglicherweise werde ich protestieren, wenn Ihr mir einen Bischof vor die Nase setzt.«
    »Auch wenn es mein Cousin Widukind wäre?«
    Tugomir dachte darüber nach. Widukind, wusste er, würde sein Volk nicht mit Verächtlichkeit behandeln, weil sie Heiden waren.
    Sein Schweigen machte Otto Mut. »Du und Widukind könnt ein Kloster ansiedeln, und die Bekehrung der Heiden wird umso schneller voranschreiten«, prophezeite er.
    Tugomir nickte zögernd. Er wusste, die Heveller würden ihm bestenfalls mit Argwohn begegnen, wenn er die Priester des Buchgottes mit ins Havelland brachte. Aber er sah keinen anderen Weg.
    »Und hast du noch weitere Bedingungen?«, fragte der König.
    »Dragomira.«
    »Natürlich.« Ein leises Bedauern schwang in Ottos Stimme. »Wenn es ihr Wunsch ist, kann sie dich selbstverständlich begleiten.«
    Vor allem wird es ihr Wunsch sein, Widukind zu begleiten, dachte Tugomir. »Semela, seine Familie und alle daleminzischen Sklaven, die Euer persönliches Eigentum sind.« Er wusste, mehr konnte er nicht fordern, denn er durfte nicht verlangen, dass der König geltendes Recht brach, indem er über die Sklaven verfügte, die ihm nicht gehörten. Das hätte auch bei den slawischen Völkern als ein Akt der Willkür gegolten.
    Otto seufzte verdrossen. »Sonst noch etwas?«
    »Nur eine Kleinigkeit …«
    Der König sah ihn an und verstand. »Alveradis? Natürlich. Gero wird es einfach unmöglich sein, seine Friedenspflicht zu missachten, wenn der Fürst der Heveller sein Schwiegersohn ist …«
    Tugomir wusste, das Gegenteil würde der Fall sein. Wenn es möglich war, Geros Hass auf ihn noch weiter zu schüren, war seine Heirat mit Alveradis der sicherste Weg, das zu erreichen. Aber das war ihm gleich. »Das heißt, Ihr gebt sie mir?«
    »Was könnte näher liegen?«
    »Ohne … ohne das Einverständnis ihres Vater?«
    »Ich bin der König, Tugomir«, erinnerte Otto ihn. »Ich kann verheiraten, wen ich will.«
    Tugomir überkam eine solche Seligkeit, dass seine Knie plötzlich ganz weich wurden, und er musste den verrückten Impuls niederkämpfen, dem König um den Hals zu fallen. Stattdessen bemerkte er trocken: »Das letzte Mal, als ich um sie angehalten habe, habt Ihr mich ein Jahr lang eingesperrt.«
    Der König winkte ungeduldig ab. »Was vornehmlich an den schändlichen und … tätlichen Begleitumständen deines Antrags lag. Und natürlich hätte ich sie niemals einem heidnischen Barbarenprinzen geben können. Aber einem christlichen Fürsten? Begreifst du denn nicht, dass sich dadurch alles geändert hat?«
    »Gero wird diese Auffassung nicht teilen«, warnte Tugomir.
    »Gero wird in den nächsten Tagen eine sehr deutliche Botschaft erhalten«, entgegnete der König. »Sie wird ihn von meinen Entscheidungen in Kenntnis setzen und ihm unmissverständlich darlegen, was ich von dem Blutbad in Meißen halte. Um Gero mach dir also keine Sorgen.«
    Doch Tugomir wusste es besser, als die Zuversicht des Königs zu teilen. Und Gero würde nicht seine einzige Sorge sein, wenn er nach Hause zurückkehrte, wer weiß, vielleicht nicht einmal seine größte. Er machte sich nichts vor. Nichts würde leicht werden. Aber das änderte nichts an dem Weg, den er mit einem Mal klar und deutlich vor sich sah. Womöglich hatte Otto recht. Vielleicht hatte Gott hier wirklich seine Hand im Spiel.
    »Wann kann ich nach Quedlinburg reiten? Ich schätze, ich sollte sie fragen, ob sie mich überhaupt noch will.«
    Otto breitete kurz die Hände aus. »Wann immer es dich gut dünkt. Du bist ein freier Mann, Prinz Tugomir.«

Quedlinburg, Juni 939
    »Du verbrauchst zu viel Pergament und bei Weitem zu viel Lampenöl, Schwester«, sagte die Äbtissin, den Blick auf die Wachstafel in ihrer Linken gerichtet. »Darf ich dich daran erinnern, dass dies hier eine Gemeinschaft frommer Schwestern sein soll, deren vornehmste Aufgabe es ist, den Herrn zu preisen, der Toten zu

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