Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
Vom Netzwerk:
vergessen, saßen einander zugeneigt und redeten. Manchmal hatte Otto Mühe, sich auf das zu konzentrieren, was Editha sagte, denn er versank gelegentlich in der Betrachtung ihrer Lippen, ihrer Mimik, ihrer herrlichen großen Augen. Aber das machte nichts. Er ahnte, dass es ihr nicht anders erging, denn gelegentlich wurde ihr Blick vage, wenn sie ihm lauschte. Ihr ist das Gleiche passiert wie mir, erkannte er voller Seligkeit. Vermutlich kann so etwas nur geschehen, wenn es auf Gegenseitigkeit beruht. Er hatte schon davon gehört, dass die Liebe einen Mann treffen und fällen konnte wie der Hieb einer Streitaxt. Aber er hatte nie so recht gewusst, ob er es glauben sollte, und vor allem hätte er nie damit gerechnet, dass etwas so Magisches und Unvernünftiges ausgerechnet ihm passieren würde. Wann konnte er sie fragen? Und was würde geschehen, wenn …
    »Vergebt mir, Prinz Otto.«
    Ein wenig unwillig riss der Prinz sich aus seinen Träumereien und sah auf. »Nanu, Bruder Waldered.«
    Der Mönch war nur ein Schreiber in der königlichen Kanzlei und hatte hier in der Halle bei offiziellen Anlässen nichts verloren. Vermutlich war er deswegen so nervös. Er versteckte die Hände in den Ärmeln seiner Kutte. »Verzeiht mein Eindringen«, bat er die vornehmen Herrschaften, den Blick unverwandt auf Otto gerichtet. »Aber wenn Ihr auch morgen noch einen Hevellerprinzen als Geisel haben wollt – lebend, meine ich –, dann sollte irgendwer Gero Einhalt gebieten. Und zwar … so schnell wie möglich.«
    Otto musste sich zusammennehmen, um den Schreiber nicht anzufahren, denn das Letzte, was er wollte, war, die Tafel jetzt zu verlassen. Aber ihm lag daran, dass Editha einen guten Eindruck von ihm gewann und sah, dass er seine Pflichten ernst nahm. Und außerdem wusste er, dass Gero seinem Hass auf die Slawen manchmal gar zu freien Lauf ließ. Obendrein erkannte er unter leisen Gewissensbissen, dass ihm Dragomira und sein ungeborenes Kind völlig entfallen waren, seit Editha die Halle betreten hatte. Also entschloss er sich schweren Herzens, nach dem Rechten zu sehen.
    Aber unerwartet kam sein Bruder ihm zuvor. »Schon gut, Otto«, sagte Thankmar und stand auf. »Ich kümmere mich darum.« Er verneigte sich vor der Königin und den beiden ehrwürdigen Bischöfen, und im Hinausgehen zwinkerte er Egvina zu.
    Tugomir brannte. Er hörte das ölgetränkte Holz seines Scheiterhaufens knistern – oder war es das Bersten seiner Haut? –, und er sah die Flammen, die an seiner Brust leckten. Sein Gesicht hatten sie noch nicht erreicht, aber das war nur eine Frage der Zeit. Der Schmerz war monströs, fraß wie ein Geschwür an ihm. Tugomir hatte schon reichlich Bekanntschaft mit Schmerz gemacht. Aber nichts, was er bislang erfahren hatte, hatte ihn hierauf vorbereitet, und er hatte diesem Schmerz nichts entgegenzusetzen. Er wollte schreien, aber er bekam keine Luft. Vielleicht würde er ersticken, eh er verbrannt war. So hatte es sich also angefühlt, als seine Mutter gestorben war. Er war nicht sicher, ob irgendein Mensch verdiente, so zu sterben, nicht einmal sie.
    Die Flammen züngelten jetzt höher, arbeiteten sich zu seiner linken Schulter hoch, und wieder zerrte er an seinen Fesseln, wieder vergeblich , als ihn ein kalter Wasserschwall ins Gesicht und auf die Brust traf.
    Keuchend riss Tugomir die Augen auf und sah an sich hinab. Keine Flammen. Natürlich nicht. Doch der grelle, allzu lebhafte Traum, den seine Bewusstlosigkeit ihm beschert hatte, kam nicht von ungefähr: Drei längliche Brandwunden zogen sich über seine Brust und den Bauch oberhalb des Nabels, wo Gero ihm mit dem weißglühenden Eisen zu Leibe gerückt war.
    Er hatte den slawischen Prinzen zur Schmiede führen und an einen unbeladenen Karren fesseln lassen, der davor abgestellt war. Der Schmied hatte längst Feierabend gemacht, aber in der Esse war noch Glut. Gero hatte das Feuer aufgeschürt und das erstbeste halbfertige Werkstück hineingelegt, das er auf der Werkbank fand. Während er darauf wartete, dass es heiß wurde, hatte sich eine Zuschauerschar eingefunden, mehrheitlich Soldaten, aber auch einige Frauen – Mägde und Huren –, die das Geschehen mit Spannung verfolgten.
    Ein paar hatten Fackeln dabei. Im unruhigen Lichtschein sah Tugomir Wasser aus seinem Haar tropfen. Oder vielleicht war es auch Blut. Er hatte eine Platzwunde oberhalb der Schläfe, die wie ein sprudelnder Quell blutete.
    Er war in sich zusammengesackt, als er das

Weitere Kostenlose Bücher