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Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Haupt der Welt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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hoffe, sie … ist nicht schwanger. Mein Kind ist … wenigstens in Liebe gezeugt.«
    »Dann solltest du dich glücklich schätzen. Die wenigsten Kinder sind das, scheint mir. Möge der Herr deines segnen.«
    »Egal, ob er es segnet, sie werden mein Kind trotzdem einen Bastard nennen.«
    »Darüber darfst du dich jetzt nicht bekümmern, Dragomira. Erst einmal musst du es zur Welt bringen, dein Kind der Liebe.«
    Das tat sie eine Stunde nach Einbruch der Dunkelheit und etliche Stunden nachdem sie geglaubt hatte, sie sei am Ende.
    »Es ist ein Junge«, verkündete die Hebamme stolz. »Ein kräftiger, gesunder Junge.«
    Dragomira stützte sich auf die Ellbogen. »Gebt ihn mir.«
    Die Hebamme hielt das schreiende Neugeborene in den Händen und sah unsicher zur Mutter Oberin.
    »Gebt ihn mir!«, verlangte Dragomira mit mehr Nachdruck. »Ich weiß, dass ich ihn nicht behalten kann, aber er ist mein Sohn, und ich will ihn halten.«
    Die Äbtissin nickte der Hebamme zu, die das Kind der Mutter auf den Bauch legte. Es war verschmiert, das Gesicht beängstigend feuerrot, der feuchte Flaum dunkel. Dragomira war zu erschöpft, um den Kopf länger hochzuhalten. Sie ließ sich zurücksinken, ertastete ihren Sohn mit beiden Händen, fühlte seine Winzigkeit und seine Wärme. Allmählich beruhigte er sich, ruderte ein wenig mit den Armen und wurde still. Ein kleines Stück Otto, dachte Dragomira. Ein Abschiedsgeschenk von meinem blonden Prinzen. Sie strich mit dem Finger über den Flaum und fragte sich, wie sie es ertragen sollte, dass man ihr auch dieses Geschenk wegnehmen würde.
    »Königin Mathildis hat mir geschrieben, falls es ein Knabe von guter Gesundheit und Gestalt werde, solle er auf den Namen Wilhelm getauft werden. Das wird noch heute geschehen, Vater Alcuin wartet in der Kirche«, sagte die Äbtissin.
    »Aber ein Junge darf keinen richtigen Namen bekommen, ehe sein Vater ihm zum ersten Mal das Haar schneidet«, protestierte Dragomira erschrocken. »Sonst weckt er die Aufmerksamkeit böser Geister!«
    Hilda von Kreuztal lächelte nachsichtig: »Das ist nur heidnischer Aberglaube. Wie du deinen Sohn in deinem Herzen nennst, ist allerdings allein deine Angelegenheit.«
    Dragomira fuhr mit den Fingern abwärts über die kleinen Schultern und Arme des Kindes. »Und was hat Königin Mathildis sonst noch geschrieben? Was soll mit ihm geschehen?«
    »Er soll von einer Amme gesäugt werden. Ich denke, wir haben eine gute gefunden. Auch sie wartet schon auf ihren Schützling.«
    »Und sie bringt ihn fort, nicht wahr?«
    Äbtissin Hilda strich ihr kurz das feuchte Haar aus der Stirn und verschränkte die Hände dann wieder im Schoß ihres makellos sauberen, schlichten Habits. »Ja, mein Kind. Heute ist das letzte Mal, dass du deinen Sohn siehst. Ich weiß, wie schwer das für dich ist, aber es ist nicht zu ändern. Andere Mütter müssen tote Kinder zur Welt bringen. Das hat Gott dir in seiner Güte erspart. Dein Sohn lebt und ist gesund. Und wo immer er aufwächst, wird er es gut haben, denn er ist ein Enkel des Königs. Damit wirst du dich begnügen müssen.«
    Wie von selbst schlossen Dragomiras Hände sich fester um den kleinen Körper. »Ich glaube nicht, dass ich das kann«, bekannte sie. Tränen rannen aus ihren Augenwinkeln, liefen über die Schläfen und versickerten in ihrem Haar. »Wenn Euer Gott gütig ist, ehrwürdige Mutter, wieso schenkt er mir dann ein gesundes Kind, einen kleinen Menschen, der meine Liebe nicht zurückstoßen würde, so wie alle anderen es getan haben, nur um ihn mir dann gleich wieder wegzunehmen?«
    »Ich weiß es nicht«, bekannte die Mutter Oberin. »Seine Wege sind unergründlich und für uns oft schwer zu verstehen. Aber er wird dir helfen, deinen Schmerz zu überwinden, mein Kind, das weiß ich genau. Nicht heute und auch nicht morgen, aber irgendwann wirst du bereit sein, zu begreifen, welche Gnade er dir erwiesen hat, indem er dich zu uns führte.«
    Dragomira glaubte ihr kein Wort. Die Äbtissin und auch die meisten der Stiftsdamen waren ihr mit Freundlichkeit begegnet, manche sogar mit Güte. Solche wie Schwester Irmgardis waren eher die Ausnahme. Aber die Vorstellung, ein Leben hinter hohen Mauern und nur unter Frauen zu verbringen, flößte ihr Entsetzen ein. Sie verstand nicht, was diese Frauen hier taten, was es mit ihrem seltsamen Gott auf sich hatte, und sie war voller Misstrauen.
    »Du musst schlafen, Dragomira. Du bist erschöpft.«
    Die Stimme schien aus weiter Ferne zu

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