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Das Haus am Abgrund

Das Haus am Abgrund

Titel: Das Haus am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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ch war zu matt, um mich gegen ihn zu wehren. »Was wollen Sie von mir?«, antwortete ich.
    Moriartys Augen weiteten sich ein wenig. Ich sah das Blut in den Äderchen pulsieren. »Sie wollen wirklich mit mir reden, Master Adrian?«
    Seine offensichtliche Überraschung brachte mich zum Lachen. »Es bleibt mir doch kaum etwas anderes übrig, so hartnäckig, wie Sie mich verfolgen.«
    Er senkte den Blick für einen kurzen Moment auf seine Hände. Dann sah er mich wieder an, beinahe flehend. »Sie interessieren sich für die Vorgänge um Heathcote Manor«, begann er flüsternd zu sprechen. »Das ist ein nicht ganz ungefährliches Interesse, Master Adrian. Ich bin hier, um Sie zu warnen.« Er klapperte mit den Lidern wie eine Puppe. Anscheinend erwartete er eine Antwort von mir.
    »Gefährlich – warum? Und warnen – wovor?« Ich war zu erledigt, um anders als schroff auf seine umständliche, geheimniskrämerische Art zu reagieren. »Ich soll also meine Nase dort nicht hineinstecken, oder mir und meiner Familie wird etwas Schreckliches zustoßen. Richtig?«
    Er fuhr zurück, als hätte ich ihn geschlagen. Auf seinen Wangenknochen erschienen hellrote, kreisrunde Flecken. »Nein, aber nein«, rief er aus. »Mitnichten, Master Adrian. Ich möchte Sie nur eindringlichst darauf hinweisen, dass Sie sich äußerster Wachsamkeit befleißigen müssen, sollten Sie sich mit dieser Angelegenheit beschäftigen.«
    Ich sortierte seine geschraubte Ausdrucksweise in meinem benommenen Kopf. Was wollte er von mir? »Worauf wollen Sie hinaus?«
    E r rang seine Hände. Das war etwas, worüber ich bisher nur gelesen hatte, und ich hatte mich immer schon gefragt, wie so etwas wohl aussehen würde. Jetzt wurde es mir demonstriert – es sah so aus, als würde man ein imaginäres Kaninchen erwürgen. Ich riss meinen Blick von seinen Händen los und sah ihm ins Gesicht. Er hatte die Lippen von den langen, gelben Zähnen zurückgezogen und sein Gesicht in schmerzliche Falten gelegt.
    »Master Adrian«, stammelte er, »ich befinde mich in einer wahrhaft unangenehmen Zwickmühle. Ich darf Ihnen nicht mehr sagen als das: Geben Sie ungemein acht. Lassen Sie sich nicht täuschen oder in die Irre führen. Es sind Kräfte am Werk, die Böses im Schilde führen. Vertrauen Sie niemandem, gerade dann nicht, wenn er Sie anlächelt und freundlich zu Ihnen ist. Uralte Bosheit spinnt ihre Fäden, und Sie, Master Adrian, und Ihre Familie haben das Netz der Spinne schon zum Erzittern gebracht.« Er schnappte nach Luft und zog ein Tüchlein aus seiner Brusttasche, um sich das Gesicht zu trocknen, obwohl ich nicht erkennen konnte, dass er ins Schwitzen geraten wäre.
    Seine theatralische Warnung ließ mich den Kopf schütteln. Was dachte er, wo wir waren? Auf Dagobah? Schwer zu sehen, in ständiger Bewegung die Zukunft ist? Alles klar, Meister Yoda.
    »Sie lächeln«, sagte er kummervoll. Er faltete das Tüchlein sorgfältig wieder zusammen und steckte es zurück in die Tasche. »Ich muss befürchten, dass ich umsonst gekommen bin.«
    »Warten Sie, Mr Moriarty.« Ich schüttelte die Benommenheit ab und setzte mich auf. »Was ist mit Heathcote Manor? Können Sie mir über das Haus etwas sagen? Zum Beispiel, wer dort wohnt?«
    Er leckte sich kurz und nervös über die Lippen. Seine Zunge w ar grau und spitz und hinterließ keine Feuchtigkeit. Er blinzelte mehrmals. »Das Haus ist ein Ort der Bosheit«, sagte er dann. »Es hält seine Bewohner für alle Zeit gefangen und lässt niemanden mehr frei von dannen gehen, der es gewagt hat, länger in seinen Mauern zu verweilen.«
    »Ach, kommen Sie!« Sein Geschwätz begann mich zu nerven. »Und in den Kellern hausen die Großen Alten. Fhtagn! Sie haben zu viel Lovecraft gelesen.«
    Seine Miene veränderte sich nicht. Er nickte langsam und bedächtig. »Ja. Ganz recht. In seinen Kellern wohnt das Böse, und dessen giftiger Einfluss reicht weit über die stofflichen Begrenzungen des Hauses hinaus. Sie spüren ihn doch sogar hier in Ihrem friedlichen Domizil, Master Adrian.«
    Ich wollte lachen, aber das Lachen verging mir, als ich über seine Worte nachzudenken begann.
    »Was raten Sie mir also?« Meine Augen schmerzten, und die Kalte Stelle trieb einen eisigen Dorn tief in meinen Kopf.
    Seine betrübte Miene hellte sich um eine winzige Schattierung auf. Meine Frage schien ihn zu erleichtern. Er beugte sich noch ein wenig näher zu mir. »Gehen Sie behutsam und mit Klugheit vor, Master Adrian. Hören Sie auf die Stimme der

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