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Das Haus am Abgrund

Das Haus am Abgrund

Titel: Das Haus am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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darüber, mit niemandem. Es war das erste Mal, dass sie es laut ausgesprochen hatte. Sie spürte, wie Adrians Arm sich kurz anspannte, dann lockerten sich seine Muskeln wieder.
    Er atmete schnell und tief ein. »Ich hab davon gehört«, sagte er. »Das ist eine ganz schöne Scheiße.«
    »Kannst du sagen.« Sie senkte den Blick auf den steinigen Weg. Es tat weh, tat weh, tat weh. »Wir wollten von hier wegziehen«, sagte sie so leise, dass Adrian sich dicht an sie schmiegen musste, um sie zu verstehen. »Nach London. Das Haus hat sie umgebracht, damit ich hierbleibe.« Jetzt hatte sie es gesagt, obwohl sie sich geschworen hatte, es nie wieder laut auszusprechen. Sie wollte nicht wieder in die Klapsmühle zurück.
    N ovember hob den Kopf, sah Adrian an. Er erwiderte ihren Blick, und es war eine solche Palette von Gefühlsausdrücken in seinem Gesicht zu lesen, dass ihre Knie weich wurden. Sie las Mitgefühl und Trauer, aber vor allem war da ... Verstehen. Bestätigung. Zorn. Er drückte ihren Arm so fest, dass es wehtat, aber es war ein guter Schmerz.
    »Das Haus«, sagte er. »Oder Cenn Crúach?«
    November verschlug es die Sprache. »Der fremde Mann aus Großmutters Geschichte?«
    Adrian nickte grimmig. »Ich bin ihm begegnet«, sagte er. »In der Geschichte, die deine Großmutter erzählt hat. Er hat mich getötet.«
    »Was?« November stockte der Atem.
    »Ich bin auch dir begegnet«, fuhr Adrian fort. »Also ... du warst auch da. Aber nicht so wie jetzt. Du warst anders, aber du warst es. Und du brauchtest Hilfe.« Er stockte. »Wenn deine Großmutter mich nicht danach gefragt hätte, hätte ich alles vergessen, was ich im Haus gesehen habe. Sie hat mir die Erinnerung daran zurückgegeben.«
    November schluckte. Ein Traumbild kämpfte sich nach draußen, wollte an die Oberfläche ihres Bewusstseins dringen. »Ich war auf einem Ball«, sagte sie stockend. »Vater wollte, dass ich Bridge spiele, und Cousin Jules war da ...« Sie schluckte. »Adrian, ich habe doch keinen Cousin Jules! Und ich stand auf einer Klippe. Ich hatte Angst, und dann ... habe ich dich gesehen.« Sie fröstelte und suchte Adrians Blick. »Was passiert mit uns? Was passiert mit mir?«
    Er sah sie ruhig an. »Ich weiß es nicht. Aber etwas ist da. Etwas ist im Haus .«
    D as war doch alles krankes, verrücktes Zeug, der direkte Weg zurück in die Klapse. Und doch wusste sie, dass etwas Wahres daran war. Es war das Haus , das ihre Familie zerstört hatte. Auch wenn sie ihrer Therapeutin vorgelogen hatte, dass sie daran nicht mehr glaubte, so konnte sie es doch fühlen. Wollte es am liebsten laut herausschreien. Das Haus war für all das verantwortlich, das Haus verfolgte sie bis in ihre Träume! War sie verrückt? »Der Joker«, rief sie und blieb stehen.
    Adrian fuhr zu ihr herum und sie erschrak über sein Gesicht. Seine Augen waren weit aufgerissen, er bleckte die Zähne wie ein erschrecktes Tier. »Was?«, rief er, »was sagst du da? Woher, wie kannst du ...?«
    Sie hob die Hände. »Der Joker«, wiederholte sie, unsicher geworden, weil er so heftig auf ihre Worte reagierte. »Kennst du doch. Batman. Der Comic. Die Filme.«
    Er packte sie bei den Schultern und schüttelte sie so heftig, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen. »Wo. Hast. Du. Ihn. Gesehen?«
    »Adrian, du tust mir weh«, keuchte sie und riss sich los. »Als du auf Gribben losgegangen bist. Du hast plötzlich ausgesehen wie der Joker.«
    Sein Blick, sein Gesichtsausdruck, seine angespannte Haltung machten ihr Angst. Sie wich zurück und hob besänftigend die Hände. »Ganz ruhig, alles ist gut.«
    Er stieß einen tiefen, schrecklich klingenden Seufzer aus und schlug die Hände vors Gesicht. »Das ist alles nicht wahr«, hörte sie ihn sagen. »Ich liege im Bett und träume. Ich hatte wieder einen Anfall, Jonty hat mir meine Medikamente gegeben und jetzt träume ich wirres Zeug. Kein Grund zur Panik, Adrian.«
    November verharrte unschlüssig. Er klang so unglücklich und v erwirrt. Sie verstand nicht, was an ihren Worten ihn so aus der Bahn geworfen hatte, aber jetzt stand er einfach nur da und hielt sich die Augen zu wie ein kleiner Junge, der Verstecken spielt. Sie trat zu ihm. »Ary, ich bin hier. Was ist los?«
    Er schüttelte den Kopf. »Geh lieber nach Hause«, sagte er mit erstaunlich nüchtern klingender Stimme. »Ich bin ein bisschen aus dem Tritt.« Er ließ die Hände sinken. Sein Gesicht war angespannt. »Was siehst du?«
    Sie zwang sich zu einem Lächeln und hob die

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