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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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und der Zivilisation gibt es Schlangen, wilde Hunde und tückische Eingeborene. Und Sonne, Erschöpfung und Durst, die noch viel gefährlicher sind.« Die Augen des Constable bewegen sich zum Buschland, das den Strand säumt. »Derjenige hätte ebenso gut in den Rachen eines Ungeheuers laufen können.«
    Percy denkt darüber nach, noch immer auf allen vieren, die Finger noch immer im Sand. Er betrachtet das Stück Spitze, das er in der Hand hält, und malt sich aus, wie Isabella auf der Suche nach einer zivilisierten Siedlung in den Wald gewandert ist. Mit dem Pferdewagen sind sie stundenlang in der sengenden Sonne hergefahren. Hätte sie das überlebt?
    Verdammt. Er kann es sich vorstellen. Da ist etwas in ihr – eine Art anmaßende Eigenliebe, die man mit einer edlen Natur verwechseln kann –, das ihr die nötige Stärke verleiht. Sie hat sich ihnen stets überlegen gefühlt; das reicht zum Überleben. Wie gern er ihr diese Arroganz austreiben würde.
    »Haben Sie im Wald gesucht?«
    »Ja.«
    »Nichts?«
    »Nichts. Es tut mir schrecklich leid, Sir.« Als der Constable aus dem hellen Sonnenlicht tritt, blitzt etwas unter einer dünnen Sandschicht auf. Im Nu hält Percy es in der Hand. Eine Messingschließe von der Kiste aus Walnussholz, die eigens für den Amtsstab angefertigt wurde.
    Er spürt, wie er rot wird, und wendet sich ab, damit der Constable es nicht sieht. In seinem Kopf entsteht sofort ein Bild. Isabella ist mit dem Amtsstab geflohen. Vielleicht hat sie den Schiffsuntergang sogar verursacht. Vielleicht hat sie seinen Bruder über Bord gestoßen. Die Überzeugung setzt sich in seinen Eingeweiden fest. Und die Vorstellung, dass sie irgendwie entkommen ist, dass sie in diesem Land frei umherläuft und sich an unzähligen Orten verstecken kann, verursacht ihm körperlichen Schmerz.
    »Tut mir leid«, sagt der Constable noch einmal. »Ich lasse Sie jetzt allein.« Percy schaut ihm nach, als er zum Strand zurückgeht. Was jetzt? Soll er im Wald nach ihr suchen? Nach Hause gehen und gar nichts tun? Sie hat den Amtsstab. Er will ihn zurück.
    Percy weiß, dass er im Wald nicht überleben wird, aber er kann auch nicht aufgeben und mit leeren Händen zurückkehren. Nein, falls Isabella überlebt hat, dann ist sie irgendwo und hat irgendjemanden kennengelernt. Wenn er bekanntgibt, dass sie, die geliebte Schwiegertochter einer einflussreichen Familie, vermisst wird, wird sich jemand bei ihm melden. Es kann dauern, aber er wird sie irgendwann finden.
    ***
    Isabella steht vor dem Spiegel. Sie trägt ein blaues Blusenkleid, das genau zur Farbe ihrer Augen passt. Es ist so lange her, dass sie sich gut angezogen hat. Sie besitzt kein Korsett, doch ihre Taille ist von Natur aus sehr schmal. Sie hat das Haar im Nacken locker mit einem blauen Band zusammengebunden, einige Strähnen umrahmen ihr Gesicht. Am Kragen steckt eine selbstgefertigte Saphirbrosche.
    Es klopft, Berenice tritt ein. Sie betrachtet Isabella, die endlich standesgemäß gekleidet ist, und hält inne. »Sie sehen wunderbar aus, meine Liebe. Soll ich Ihr altes Kleid verbrennen?«
    Isabella lacht.
    »Das ist kein Scherz. Ganz und gar nicht«, erwidert Berenice mit ernster Miene.
    Isabella unterdrückt ihr Gelächter. »Nein. Ich nehme es besser wieder mit.«
    Berenice entdeckt die Brosche und betastet sie vorsichtig. »Die ist wunderbar.«
    »Ich habe sie selbst gemacht.«
    Berenice’ Augenbrauen schießen in die Höhe. »Tatsächlich? Sie stecken wirklich voller Überraschungen.«
    »Ich habe von dem kleinen Erbe, das mein Mann mir hinterlassen hat, einige Edelsteine gekauft.« Sie erzählt die Lüge jetzt zum zweiten Mal und fragt sich, ob sie sie beim dritten Mal vielleicht selbst glaubt. »Ich wollte schon immer Schmuck herstellen.«
    »Es ist nicht schlecht, wenn eine Frau eine Arbeit hat, die ihr gefällt«, sagt Berenice strahlend. »Und sie ist wirklich herrlich. Also ein echter Saphir?«
    »Ja.«
    »Aber er muss doch einiges wert sein. Warum haben Sie nur zwei Kleider?«
    »Ich habe noch nichts verkauft.«
    »Ich nehme ein Schmuckstück. Haben Sie sonst noch etwas da? Bringen Sie alles zum Morgentee mit. Meine Freundinnen werden begeistert sein. Handgemacht aus Dingen, die Sie am Strand gefunden haben: Ich bin entzückt!« Berenice’s strahlendes Gesicht spricht Bände.
    Isabella zeigt ihr die anderen Broschen und Armbänder. »Ich werde nur noch zehn Teile anfertigen«, sagt sie, nachdem sie im Kopf die Edelsteine gezählt hat.
    »Aber Sie

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