Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)
unterschiedlichsten Uhren. Ein älterer Mann mit dichtem Schnurrbart sitzt hinter der Theke an einem Tisch und reinigt Schmuck. Er blickt auf, als sie eintritt, und kneift beim Lächeln die Augen zu.
»Guten Morgen, Madam«, sagt er mit tiefer Stimme. »Womit kann ich dienen?«
»Ich bin Mary Harrow«, sagt sie und streckt ihm die Hand entgegen.
»Max Hardwick.« Er ergreift ihre Hand und drückt sie kurz. »Ich kenne Ihren Namen. Abel Barrett war vor einigen Wochen hier und hat mir eine Brosche verkauft, die Sie vermutlich angefertigt haben.«
»Sie haben ein gutes Gedächtnis, Sir.«
»Habe ich recht? Es war kein Familienerbstück. Viel zu modern.«
»Ja, ich habe es selbst gemacht. Und habe weitere Stücke mitgebracht, die Sie mir hoffentlich abnehmen.« Sie legt den Koffer auf die Theke. »Möchten Sie sie sehen?«
Er wischt sich die Hände an der Schürze ab. »Zeigen Sie mir, was Sie haben.«
Sie öffnet den Koffer und nimmt drei Broschen und drei Armbänder heraus. Es ist eine geschmackvolle Zusammenstellung atemberaubender Edelsteine und natürlicher Materialien, die durch lackierte Bänder und Spitze weiblicher wirken. Er inspiziert sie mit seiner Juwelierlupe.
»Der gewickelte Draht ist sehr ungewöhnlich.«
»Mein Vater hat mir diese Technik beigebracht, als ich noch ein Kind war.«
»Woher haben Sie die Rubine und Saphire?«
Sie lässt sich nicht anmerken, dass ihr Puls schneller geht. »Ich habe sie von der kleinen Erbschaft gekauft, die mir mein verstorbener Mann hinterlassen hat.« Die Lüge geht ihr glatt über die Lippen. »Ich wollte immer Schmuck herstellen, und er hat mich dazu ermutigt. Ich denke an ihn, wenn ich diese Stücke fertige, und fühle mich ihm immer noch nahe.«
Der Juwelier nickt betrübt. Während er die Schmuckstücke betrachtet, schaut sich Isabella im Laden um. Sie bemerkt eine ganze Vitrine voller Winterbourne-Schmuck.
»Sie sind wunderbar, und ich möchte sie gerne nehmen«, sagt er schließlich. »Allerdings habe ich nicht genügend Geld für alle. Ich habe das erste Stück noch nicht verkauft. Aber wenn Sie sie hierlassen möchten, werde ich sie für Sie verkaufen und eine kleine Provision dafür nehmen.«
Isabellas Herz zieht sich enttäuscht zusammen. »Kein Geld?«
»Irgendwann wird es Geld geben, meine Liebe. Wo kann ich Sie erreichen, um Ihnen mitzuteilen, wenn etwas verkauft ist?«
So war es nicht geplant. Sie hat angenommen, dass er ihr alle abnehmen und in etwa so viel bezahlen würde wie für das erste Stück; dass sie Brisbane als reiche Frau verlassen kann und nur noch auf ihren Schützling warten muss, um nach New York aufzubrechen. Wer kann denn schon sagen, wann er den Schmuck verkaufen wird? Kann sie es riskieren, ihm die Stücke zu überlassen? Wenn er nun unehrlich ist? Oder jemand die Edelsteine wiedererkennt?
Sie überlegt fieberhaft, kann sich nicht entscheiden. Die Niedergeschlagenheit, die unter einem dünnen Schleier verborgen war, kehrt zurück. Was soll nun aus ihr werden?
Sie stellt sich vor, Matthew wäre hier. Welchen Rat würde er ihr geben? Eine warme Ruhe überkommt sie.
»Ich überlasse Ihnen die Hälfte der Stücke«, sagt sie und schiebt ihm zwei Armbänder und eine Brosche hin. »Sie können mich über das Telegrafenbüro in Lighthouse Bay erreichen.«
Er zögert. Sie weiß, dass er sich fragt, was sie mit den anderen Stücken anfangen wird, doch dann entspannt er sich wieder. »Wie Sie wünschen. Darf ich sie unter Ihrem Namen verkaufen? Sie werden sicher besser gehen, wenn ich sie als exklusiv und handgefertigt präsentiere.«
»Ich vertraue auf Ihre Erfahrung«, sagt sie und genießt das leise Kribbeln, das sie überkommt, als sie sich vorstellt, wie ihr Schmuck mit dem der Winterbournes konkurriert.
Ihr Schmuck, gefertigt mit deren Edelsteinen, die sie gestohlen hat. Und sie bringt sie hier und jetzt unter die Leute.
Es gibt kein Zurück. Die Maschinerie hat sich in Gang gesetzt. Sie verabschiedet sich und tritt wieder auf die sonnige Straße. Jetzt ist sie aufgeregt und freut sich darauf, mehr Zeit mit Lady McAuliffe zu verbringen.
»Ich habe gedacht, Sie kommen gar nicht mehr zurück, meine Liebe«, ruft Berenice, ergreift Isabellas Arm und zieht sie ins Wohnzimmer. »Ich habe eine Überraschung für Sie. Darf ich Ihnen Adelaide vorstellen? Meine Schneiderin.«
»Guten Tag«, sagt Isabella neugierig und streift die Handschuhe ab. Sie hat sich eine halbe Stunde lang in der Stadt verlaufen, weil sie nicht mit
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