Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)
ihren Schmuck zu einem Nachmittagstee mitbringen wird, bei dem jede Frau ein Stück erwerben kann. »Erzählt es überall herum.« Aufgeregtes Gemurmel. Isabella weiß, wenn sie bis dahin zehn Schmuckstücke anfertigen kann, wird sie alle verkaufen. Dann kann sie ihre Reise antreten.
Berenice dreht sich zu ihr und sagt leise: »Und natürlich müssen Sie auch Ihren Freund mitbringen.«
»Nein … ich … er ist nicht …«, stottert Isabella.
Berenice zwinkert ihr zu. »Sie werden schon eine Möglichkeit finden. Nächstes Mal sollten Sie in Begleitung kommen. Sie sind jung. Suchen Sie sich eine neue Liebe.«
Dann entfernt sich Berenice, lacht und plaudert und lässt Isabella mit den Gedanken allein, wie sie in nur sechs Wochen zehn Schmuckstücke herstellen soll, die gut genug sind, um Berenice’ Freundinnen und deren Freundinnen zufriedenzustellen.
Matthew erwartet sie im Morgensonnenschein an der Anlegestelle. Sie tritt leichtfüßig und hell wie eine Taube vom Landungssteg, gekleidet in ein duftiges weißes Kleid. Sein Herz macht einen Sprung. Isabella. Bei dem Gedanken an sie sprudelt seine Seele vor Glück. Sie sieht ihn und lächelt, kommt herüber und breitet die Arme aus, doch er weicht zurück, weil er das Gerede der Leute fürchtet.
Der unbehagliche Moment ärgert sie. Sofort geht das Temperament mit ihr durch. »Niemand beobachtet uns«, faucht sie. »Vor allem aber kümmert es niemanden auf der ganzen Welt.«
»Ich bin hier bekannt, Isabella.« Er umfasst ihr blasses Handgelenk, um sie zu beruhigen.
Sie seufzt. »Ich möchte dich so gerne im Arm halten.«
»Das wirst du, sobald wir zu Hause sind.«
Er hat Pferd und Wagen gemietet und ist vor Einbruch der Dämmerung aufgestanden, um zwei Stunden hierherzufahren. Sie stürzt sich sofort in die Erzählung, wie sie eine reiche Frau auf dem Dampfer kennengelernt hat, die sie unter ihre Fittiche genommen hat. Wie sie Schmuck verkauft und mehr Geld im Innenfutter ihres Koffers versteckt hat, als er in einem Vierteljahr verdient. Dass sie vorhat, Lady McAuliffe noch einmal zu besuchen. Während sie spricht, scheint er in sich zusammenzufallen. Sie hat andere Freunde gefunden, Menschen aus ihrer eigenen Schicht. Sie hat wieder von dem glitzernden Leben gekostet, der Welt vor dem Leuchtturm.
»Warum siehst du so traurig aus?«, fragt sie, als sie über einen Stein holpern.
»Ich bin nicht traurig.«
»Vor fünf Minuten hast du aufgehört, zu meinem Geplapper zu nicken und zu lächeln.«
»Es tut mir leid, Liebste. Ich denke nur daran, wie schlicht und karg dir der Leuchtturm vorkommen wird, nachdem du in Lady McAuliffes Haus gewesen bist.«
Isabella denkt kurz darüber nach, dann legt sie ihre weiche Hand um seinen Ellbogen und drückt sich eng an ihn. »Schlicht und karg ist nicht unbedingt schlecht, mein Liebster.«
Sein Körper reagiert sofort auf ihre Nähe, ihren sinnlichen Tonfall, vor allem aber auf ihre Worte. Mein Liebster. Sonst nennt sie ihn Matthew oder Schatz, aber sie hat ihn noch nie als ihren Liebsten bezeichnet. Sie benutzen das Wort nicht. Sie reden darum herum, obwohl ihre Lippen und ihre Körper sich bei jeder Begegnung ihre Liebe gestehen.
Doch nun hat etwas zwischen ihnen Funken geschlagen. Sie hat eine Mauer niedergerissen, von der er nichts wusste. Die Heimfahrt kann gar nicht schnell genug gehen. Sie klammert sich an ihn, ihre Brüste drücken gegen seinen Oberarm, er spürt ihren warmen Atem an Hals und Ohr. Sie lässt ihn erst los, als sie Lighthouse Bay erreichen, und sinkt tief in den Sitz, die Haube über Ohren und Augen gezogen. Vor dem Leuchtturm angekommen, lässt er das Pferd im Geschirr, weil der Drang zu stark ist. Er kann ihn keine Sekunde länger zurückhalten. Sie drückt ihn auf die Bettkante und kniet sich so vor ihn, dass er die lange Reihe von Knöpfen an ihrem Rücken öffnen kann. Dann steht sie auf und lässt das Kleid auf den Boden fallen. Sie zieht ihr Mieder aus und steht in Strümpfen da, unter der schmalen Taille wölben sich weiße Hüften und Pobacken. Sie dreht sich um und sinkt in seine Arme, das blonde Haar fällt über ihre weichen Brüste, die noch weiße Linien von der Schwangerschaft tragen. Er fängt sie auf und hört sie die Worte sagen, nach denen er sich gesehnt hat.
»Ich liebe dich, Matthew.«
»Ich liebe dich, mein hübscher Vogel«, sagt er durch ihre Haare. »Ich liebe dich mehr, als ich sagen kann.«
Und zum ersten Mal denkt er: Vielleicht, vielleicht kann ich sie
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