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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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in ihrer Sprechweise, ihrer Haltung, wie sie eine Tasse Tee von dem Mädchen entgegennimmt. Sie verströmt eine Leichtigkeit, die er niemals haben wird, selbst wenn er hundert Jahre in diesem Hotel lebte.
    Isabella ist anders als er. Und er erkennt trotz des sanften Hoffnungsschimmers, dass sie niemals hätten zusammenbleiben können. Früher oder später wird er sie enttäuschen. Es ist gut und richtig, dass sie weggeht. Es ist richtig, dass er wieder allein ist, obwohl es ihm nie wieder gutgehen wird.
    Ein leises Klopfen an der Schlafzimmertür lässt ihn zusammenzucken. Dann fasst er sich wieder. Natürlich ist es nur Isabella, nicht die Polizei, die sie mitnehmen will; nicht Percy Winterbourne mit einer Pistole. Sie steht in einem dunkelrosa Ballkleid mit engem Mieder und Puffärmeln, die mit dunkelroten Bändern verziert sind, vor ihm. Sie trägt lange Handschuhe und hat die Haare lose im Nacken zusammengesteckt. Er sollte ihr sagen, dass sie wunderbar aussieht: der Inbegriff weiblicher Schönheit. Aber so denkt er nicht. Er kann nur eines denken: Sie sieht nicht aus wie Isabella. Sie sieht aus wie jemand anders.
    Falls Isabella die fehlenden Komplimente bemerkt, scheint es ihr nichts auszumachen. Stattdessen rückt sie seinen Kragen zurecht und wischt eine Fluse von seiner Schulter. »Geht es dir gut?«, fragt sie, ohne ihm in die Augen zu sehen.
    »Mir geht es bestens«, sagt er und weiß, dass er schroff klingt, doch er kann nicht anders.
    »Kannst du tanzen?«
    »Nein.«
    Isabella lacht und sieht wieder aus wie die Frau, die er kennt und liebt. Alles Künstliche ist wie weggeblasen. »Nun, dann sind wir ja ein schönes Paar.«
    »Wir können uns hinsetzen und dem Orchester zuhören.«
    Sie hakt ihn unter. »Mir ist egal, was wir tun. Solange wir es zusammen tun.«
    Sie verlassen die Suite Arm in Arm und gehen die Treppe hinunter. Im Speisesaal stimmt ein kleines Orchester die Instrumente, und schön gekleidete Männer und Frauen gehen von Tisch zu Tisch auf der Suche nach ihren Platzkarten. Isabella findet ihre – Mary Harrow und Freund –, und Matthew setzt sich erleichtert hin. Schon jetzt hat sein Anzug einige missbilligende Blicke auf sich gezogen. Er ist alt und aus der Mode gekommen; er besitzt keinen eleganten Frack wie alle anderen Männer im Raum. Er fragt sich, ob Isabella seine enttäuschende Kleidung bemerkt und nur nichts gesagt hat oder ob es ihr wirklich egal ist.
    Der Raum wird von gasbetriebenen Kronleuchtern erhellt. Das Licht schimmert auf Gläsern und Tellern. Das Orchester spielt eine sanfte Bourrée, während die Gäste Platz nehmen und der erste Gang serviert wird. Das Tanzparkett ist noch verlassen. Ein sehr junger Mann setzt sich neben Matthew und begrüßt ihn vorsichtig. Matthew fragt sich, ob Lady McAuliffe das so arrangiert hat, weil sie mit einem jungen Mann gerechnet hat. Isabella ist erst dreiundzwanzig, er beinahe doppelt so alt.
    Er fühlt sich zunehmend unglücklich und macht sich Vorwürfe, weil er ein Narr ist. Ein alter Narr. Ein alter, ungehobelter Narr.
    Und dann dreht sie sich zu ihm um und lächelt, und die Liebe leuchtet aus ihren Augen, und er fragt sich, was sie in ihm sehen mag. Doch es ist klar, dass sie etwas sieht, und das rührt sein Herz. Wie soll er sie jemals gehen lassen?

    Isabella braucht eine Atempause. Ihr Gesicht ist angespannt vom Lächeln. Den ganzen Abend über sind Frauen mit ihren Ehemännern zu ihr gekommen, haben sich nach ihrem Schmuck erkundigt und wann sie mehr davon machen wird, und haben enttäuscht den Kopf geschüttelt, als sie hörten, dass sie damit aufhört. Ein Herr erklärt, sein Cousin in Sydney sei Juwelier und exportiere in die ganze Welt, er werde sie nur zu gern mit ihm bekannt machen.
    Nein danke. Sie kennt genügend Juweliere.
    Sie ist froh, dass Matthew nicht tanzen kann oder will. Die französischen Ziegenlederschuhe mit dem Louis-XV-Absatz, die sie an diesem Morgen gekauft hat, drücken am Spann. Sie hatte längst vergessen, wie ermüdend es in guter Gesellschaft sein kann. Sie hat sich so lange im Leuchtturm verkrochen, wie sich ein Meerestier in seine Schale zurückzieht, dass sie sich jetzt entblößt vorkommt und instinktiv nach Schutz sucht.
    Sie lehnt sich an Matthew, um ihm zu sagen, wie erschöpft sie ist, doch als sie aufblickt, nähert sich eine wunderbar gekleidete, sehr dünne Frau. »Komm«, sagt Isabella, »lass uns in den Hof gehen. Ich kann einfach nicht mehr mit Leuten sprechen.«
    Sie tut, als hätte

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