Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)
wunderschön.«
Sie bemerkt, dass er ein Jackett in Händen hält. »Was ist das?«
»Das Jackett, in dem ich geheiratet habe.«
Ihre Haut fühlt sich kühl und heiß zugleich an. »Du bist verheiratet?«
»Ich war verheiratet. Vor vielen Jahren. Meine Frau starb, als sie erst zwanzig war. Sie hieß …«
Isabella legt ihm rasch die Finger auf die Lippen. »Nein. Irgendwann sollst du mir von ihr erzählen, aber nicht heute. Sage mir nicht ihren Namen, ich könnte es dir sonst übelnehmen.« Sie hat natürlich geahnt, dass er schon einmal geliebt hat. Ein Mann wird nicht so alt wie er, ohne zu lieben. Dennoch ist sie überrascht, wie sehr die Eifersucht schmerzt.
Er presst die Lippen aufeinander, unglücklich, aber gehorsam.
Sie berührt den Ärmel seines Jacketts. »Passt es noch?«
»Ich denke schon. Ich habe keinen großen Appetit, daher hat sich mein Körper kaum verändert. Wenn es dir gefällt, kann ich es beim Ball tragen.«
Isabella lächelt. »Ja. Es würde mir sehr gefallen.«
Er schaut traurig auf das Jackett. »Es wäre Verschwendung, es nur einmal zu tragen.« Dann schaut er sie wieder an. »Ich habe schon das Telegrafenamt verständigt. Wir werden gemeinsam zu Lady McAuliffes Frühlingsball nach Brisbane fahren. Du kannst nicht ohne meinen Schutz reisen. Nur für den Fall …« Er verstummt und fasst sich wieder. »Isabella, ich weiß nicht, wie lange ich dich noch bei mir habe, und ich möchte eine Erinnerung, an der ich mich festhalten kann.«
Sie fällt ihm in die Arme, drückt ihr Gesicht an seine Schulter und atmet den vertrauten Geruch ein. »Ich bin so froh, mein Liebster.«
Sie halten einander fest, erfüllt von der schrecklichen Gewissheit, dass ihre Zeit fast abgelaufen ist.
Vierundzwanzig
D ie klappernde, von Pferden gezogene Straßenbahn setzt Isabella und Matthew vor dem Bellevue Hotel in der George Street ab. Es steht am Rand eines weitläufigen Parks, genau gegenüber vom Parlament, und ist aus Ziegeln erbaut, mit breiten Veranden und schmiedeeisernen Verzierungen. Sie hält Matthews Hand fest umklammert, denn sie merkt, dass er überwältigt ist, es aber nicht zugeben will. Sie drückt seine Finger, doch er erwidert den Druck nicht; er fühlt sich noch immer nicht wohl dabei, seine Zuneigung so offen zu zeigen. Mehr noch, er hat keinen Spaß daran, sich in einer geschäftigen Stadt zu bewegen, in der Isabella von so vielen Augen gesehen werden kann. Der Geist von Percy Winterbourne ist allgegenwärtig. Gewiss denkt auch sie an ihn, will sich aber nicht einschüchtern lassen.
S ie muss den Schmuck verkaufen, wenn sie von hier wegwill.
Die Eingangshalle ist groß und belebt, an den Wänden reihen sich Podeste mit steinernen Urnen. Isabella kann in den baumbestandenen Innenhof blicken. Links von der Rezeption führt eine große Doppeltür in den Speisesaal, und sie fragt sich, ob dort Lady McAuliffes Frühlingsball stattfinden wird. Das weißgekleidete Personal eilt geschäftig um die Tische mit den gestärkten weißen Tischtüchern. Isabella und Matthew tragen sich an der Rezeption ein und lassen ihr Gepäck zum Aufzug bringen. Dann steigen sie die breite Treppe zu ihrer Suite hinauf.
Matthew entspannt sich sichtlich, als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hat und sie allein sind. Er nimmt den Hut ab und hält ihn mit gekreuzten Armen vor der Brust. »Und deine Freundin Lady McAuliffe hat für all das hier bezahlt?«
»Sie ist sehr großzügig. Und auch sehr reich.« Isabella streift die Handschuhe ab und legt sie auf den Esstisch. Die Möbel sind aus dunkel gemasertem Zedernholz. Die Tür zur Veranda wird von zwei Polstersesseln ohne Armlehnen flankiert. An einer Wand mit Flocktapete steht eine Chaiselongue. Isabella öffnet eine Tür und entdeckt ein Himmelbett und einen Toilettentisch aus Zedernholz mit Klappspiegeln. Sie tritt in das Zimmer und öffnet die schweren Vorhänge, die den Blick über die Baumkronen freigeben. Sie kennt diese Art von Luxus, er ist ihr zur zweiten Natur geworden.
Matthew steht an der Tür. »Wir haben jeweils ein eigenes Zimmer. Ich habe meins gerade entdeckt.«
Sie umschlingt seine Taille. »Nichts wird mich daran hindern, die ganze Nacht bei dir zu schlafen, mein Liebster.«
Er lächelt schüchtern und sagt leise: »Ich bin so viele Menschen nicht gewohnt. Vielleicht sind Gäste im Nebenzimmer.«
»Die kennen uns nicht und werden sich auch nicht für das interessieren, was wir tun«, sagt sie beruhigend. »Komm mit.«
Sie führt
Weitere Kostenlose Bücher