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Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberley Wilkins
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senken die Augen, wenn sie in den schmalen, holzgetäfelten Gängen aneinander vorbeigehen.
    »Es tut mir leid«, stößt Isabella hervor. »Ich weiß nicht …« Sie verstummt, nickt einmal und begibt sich auf das hintere Deck, um dem Ozean ihr Morgengebet darzubringen.
    Vermutlich wird Meggy den Rest der Reise über nicht mehr mit ihr sprechen, und einige heiße Augenblicke lang kümmert es sie nicht. Doch dann verzweifelt sie, weil sie so zerbrochen ist, dass sie sich selbst dann nicht mehr zusammenfügen kann, wenn es die Situation erfordert. Sie ist zu zerbrochen, um sich unter Menschen zu bewegen, deren Herzen noch heil sind.

    Das Schiff ist groß, aber die Räume liegen sehr eng beieinander. Isabella und Arthur haben schmale Kojen in dem Raum, der sonst dem Bootsmann als Kajüte dient und der auf auf dieser Reise mit der Mannschaft am dunklen Ende des Schiffes schläft. Nachts knarrt das Schiff. Draußen tobt der Wind. Die See klatscht gegen die Planken. Dennoch hat Isabella in ihrem Leben noch nie so gut geschlafen, weil sie der Ozean jeden Abend in den Armen wiegt.
    Wenn sie nachts auf ihrem Bett liegt, kann sie Arthur und den Kapitän im Salon reden hören. Sie wissen nicht, dass sie sie hören kann, denn sie sprechen klar und deutlich über sie. Ihr Körper verkrampft sich, als ihr Name genannt wird.
    »Meine Frau ist heute Abend untröstlich, Winterbourne. Isabella hat wohl etwas Albernes getan.«
    Arthur räuspert sich. Getränke werden eingegossen. »Hat Meggy gesagt, was es war?«
    »Nein, sagte sie nur, es sei ihr furchtbar peinlich, und sie sei fuchsteufelswild.«
    Isabellas Herz fällt in sich zusammen. Meggy hat sich gegen sie gewandt. Sie weiß, warum, fühlt sich aber dennoch hintergangen. Warum kann niemand freundlich zu ihr sein? So freundlich, wie sie es nötig hat? Ist da etwas in ihrem Gesicht oder ihrer Haltung, das Menschen zur Unfreundlichkeit einlädt?
    »Ach. So ist Isabella«, knurrt Arthur. »Sie war nicht immer so, Francis. Als ich sie geheiratet habe, war sie viel umgänglicher. Der Tod des Säuglings …«
    »Ich will offen mit dir sein, Winterbourne. Sie kann das nicht ständig als Entschuldigung benutzen.«
    »Manche Frauen erholen sich nie davon.«
    »Weil sie es nicht wollen. Sie sind verliebt in ihren eigenen Kummer. Du sagst, Isabella sei früher viel umgänglicher gewesen, aber sie hatte damals schon einen eigenen Willen. Als das Kind starb, hat nichts und niemand sie daran gehindert, zu toben und wirr daherzureden. Alle haben sie entschuldigt, und so hat sie schnell gelernt, dass sie tun und lassen konnte, was sie wollte, selbst wenn es andere vor den Kopf stieß.«
    Isabella weiß nicht, was sie beleidigender findet: die Vorstellung, sie habe gelernt, sich schlecht zu benehmen wie ein misshandelter Hund. Oder die Tatsache, dass sie so offen über ihre angeblichen Charaktermängel sprechen. Aber nein, am meisten schmerzt die Art und Weise, in der sie die Worte »das Kind« und »der Säugling« verwenden. Er hatte einen Namen. Daniel.
    »Ich weiß nicht, was ich noch machen soll, Francis. Ich habe sie eines Tages mit der Frau eines Freundes losgeschickt und alle Spuren des Kindes beseitigt. Die Wiege, die Kleidung, das kleine Kaninchen, das meine Mutter gestrickt hatte. Sie hat natürlich getobt. Ich musste sie recht fest an beiden Händen halten, damit sie mir nicht die Augen auskratzte.«
    Recht fest. Er hatte zwei schwarze Flecken auf ihren Armen hinterlassen, die eine Woche lang zu sehen waren.
    Und dann spricht der Kapitän aus, was Isabella schon befürchtet hat. »Meggy sagt, das Band um ihr Handgelenk sei sehr bedeutungsvoll.«
    »Tatsächlich?«
    Sie kann förmlich hören, wie es ihm dämmert.
    »Wir haben gerade heute noch darüber gesprochen. Isabella, das Baby, dass sie sich weigert, darüber hinwegzukommen. Und Meggy hat mir eröffnet, dass an der Innenseite des Bandes ein Kinderarmband eingenäht ist, das Sie wohl übersehen haben. Aus Koralle, angefertigt von Isabella und ihrer Schwester, als sie noch Kinder waren.«
    Während er die Worte ausspricht, fährt Isabella mit den Fingern über die vertrauten Kügelchen unter dem Stoff. Ja, er hatte alles weggeworfen. Sie war mit Mrs. Evans nach einem endlosen Tag in Bath zurückgekehrt und hatte das Kinderzimmer völlig kahl vorgefunden. Nur dieses Armband, das hinten in einer Schublade lag, war ihm entgangen. Als Kinder hatten sie und ihre Schwester Victoria gerne Schmuck gebastelt. Ihr Vater war Juwelier

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