Das Haus am Leuchtturm: Roman (German Edition)
deine Meinung immer wichtig war.« Er lächelte. »Es ist schwierig, es zwanzig Jahre später einfach abzuschütteln.«
Aus irgendeinem Grund musste sie bei diesem Geständnis lächeln. »Warum bist du hier?«
»Ich bin Tischler. Du brauchst eine neue Küche. Ich habe Probleme mit meinen Konten, meinen Papieren … Ist wirklich kompliziert. Daher dachte Libby, du wärst vielleicht an einem Geschäft interessiert. Ich nehme Bargeld oder Naturalien.«
Juliet sträubte sich innerlich. Libby hatte wirklich Nerven, ihm so ein Angebot zu machen. Dann aber gab sie nach. Sie hatte vier leere Zimmer, und der Winter stand vor der Tür. Außerdem ärgerte sie sich seit ewigen Zeiten über die alten Küchenschränke.
Sie hatte wohl sehr lange geschwiegen, denn Damien sagte: »Nur keine Eile. Es wäre schon toll, wenn ich für dich ausmessen, ein paar Vorschläge machen und Pläne erstellen könnte. Einige Sachen in Ordnung bringen …« Er verstummte, und Schweigen senkte sich über den Raum. Juliet wusste, dass sie eigentlich antworten müsste. Aber es war alles so verwirrend. Wollte sie wirklich gerade jetzt renovieren, wo die ganze Sache mit Libby in der Schwebe hing? Oder hatte sie es schon zu lange aufgeschoben, weil sie fürchtete, es sich nicht leisten zu können, weil sie immer jeden Cent zweimal umdrehte, weil sie Angst vor einer finsteren Zukunft hatte?
Und dann war da Damien. Sie erinnerte sich gut an seinen Schlafanzug mit den Piratenschiffen und wie gerne er sich Die kleine Lokomotive vorlesen ließ. Seine Männlichkeit – gib‘s ruhig zu: seine äußerst attraktive Männlichkeit – hatte sie etwas aus der Fassung gebracht. Wollte sie ihn wirklich in ihrer Küche haben, wenn sie verschwitzt und gestresst war und eine fleckige Schürze trug?
Aber er war kein gutaussehender Fremder. Er war Damien Allbright, ein Mensch, den sie aus einer glücklicheren Vergangenheit kannte. Plötzlich wollte sie sich an diese Vorstellung klammern: Hier war jemand, der sie gekannt und gemocht hatte, bevor die schlimmen Dinge passierten. »Sicher«, sagte sie schließlich. »Mach das.« Dann überkamen sie erneut Zweifel, und sie fügte hinzu: »Ich biete dir an, eine Woche kostenlos hier zu wohnen und in dieser Zeit die Renovierung vorzubereiten. Ein Tauschgeschäft. Danach sehen wir weiter.«
Er lächelte übers ganze Gesicht, doch Juliet bemerkte auch die verzweifelte Erleichterung in seinen Augen und fragte sich, wie er in diese Situation geraten sein mochte. Doch sie spürte, dass es noch zu früh war, um ihn danach zu fragen. »Wenn du deinen Tee ausgetrunken hast, zeige ich dir dein Zimmer.«
Er sprang auf, um ihr beim Abräumen zu helfen. »Hat Libby dir von dem Geheimnis unseres Leuchtturms erzählt?«
Juliet lächelte, wollte ihr Unbehagen verdrängen. »Nein. Wir haben nicht viel miteinander geredet.«
Er neigte den Kopf zur Seite. »Wirklich nicht? Aber ihr habt euch so lange nicht gesehen.«
»Das stimmt.« Sie hielt den Kopf gesenkt, während sie die Teller in die Spülmaschine räumte. »Du bekommst das Zimmer an der Seite. Du kannst zwar nur aufs Meer blicken, wenn du genau vor dem Fenster sitzt, aber du hörst es beim Einschlafen. Das finde ich immer am schönsten.«
Sie nahm den Schlüssel aus der Schreibtischschublade und führte ihn den Flur hinunter zu Zimmer 2. Sie zeigte ihm die Schlüssel, wo das Sicherheitslicht war, und öffnete die Tür. Er schaltete das Licht ein. Zimmer 2 war am kleinsten, doch sie hatte es als Erstes renoviert und seither eine besondere Schwäche dafür. Hellblau und sandfarben. Er ließ sich rückwärts aufs Bett fallen und breitete Arme und Beine aus.
»Oh, ein echtes Bett. Ich werde heute Nacht gut schlafen.«
»Frühstück gibt es zwischen sieben und neun.« Sie konnte ihn nicht anschauen, als er so auf dem Bett lag. »Bestelle es einfach bei Melody. Du kannst auch gern in deinem Zimmer essen. Ich habe erst nachmittags Zeit, um über die Küche zu reden, du könntest so gegen vier herunterkommen.«
»Klar doch.« Er stützte sich auf den Ellbogen. »Danke vielmals, Juliet. Ich kann … ich kann dir gar nicht sagen, wie viel mir das bedeutet.«
Ihr Puls raste. Sie freute sich darauf, am nächsten Tag mit ihm zu sprechen, und zwar mehr, als gut für sie war. Sie nickte und schloss die Tür hinter sich. Sicher, er mochte attraktiv und freundlich und ein bisschen geheimnisvoll sein. Aber er war zehn Jahre jünger als sie und würde kein Interesse haben. Es wäre dumm,
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