Das Haus am Nonnengraben
ihrem eigenen Bett geschlafen!«
»Danke, du bist wirklich ein Freund. Könntest du bitte Katja anrufen und sie fragen, ob sie etwas von Hanna weiß?«
»Kann ich machen.« Benno hörte, wie Werner sich vom Handy abwandte und rief: »Katja, hat Hanna dir gesagt, ob sie wegfährt oder etwas Ähnliches? Hier ist ein Staatsanwalt, der sie ganz schrecklich vermisst.« Eine Stimme im Hintergrund antwortete, und dann war Werner wieder am Telefon: »Nein, Katja hat seit Tagen nicht mit ihr gesprochen. Wenn wir bis, sagen wir mal, morgen früh nichts von ihr gehört haben, sollten wir etwas unternehmen. Aber jetzt ist es wirklich noch zu bald.«
»Ja, aber wenn …«
»Benno, lass gut sein. Ich würde mich jetzt wirklich gern fertig rasieren, ich bin sowieso schon spät dran. Ich muss losfahren. Ich bin heute Abend zurück. Okay?«
Werner hatte leicht reden. Der wusste schließlich, wo seine Katja war. Er war ja jetzt dauernd bei ihr. Eine Psychologin. Ausgerechnet. »Du willst doch bloß auf ihre Couch«, hatte er zu Werner gesagt. Er konnte ihn ja verstehen, vor allem, seit er Katja auf ihrem Fest neulich kennengelernt hatte. Diesem Fest, das für ihn den Beginn eines neuen Lebens bedeutete, denn dort war er Hanna begegnet. Sie war so lebendig, so ungewöhnlich, so strahlend. Und sie war so … so schön. Ihr Lächeln, ihr Mund, ihre Bewegungen, ihr … Es hatte ihn erwischt wie schon lange nicht, nein, wie noch nie.
Die Tür knarrte, und da war sie, leibhaftig und unversehrt, ein Wirbelwind aus Ungeduld und roten Haaren. Bennos Herz raste. Er hätte sie am liebsten umarmt. Aber das war ja wohl unmöglich. So nahm er nur ihre Hände, drückte sie fest und sagte hastig: »Ich bin froh, dass du wieder da bist. Ich habe dir so viel zu erzählen. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Wo warst du denn nur? Ich habe so oft bei dir angerufen! Ich wollte mich entschuldigen für mein Benehmen neulich, und ich wollte dir sagen, dass du dir um Tanja keine Sorgen mehr zu machen brauchst. Da steckt offenbar viel mehr dahinter. Ich bin da einer ganz großen Sache auf der Spur, und ich … Aber setz dich doch erst mal.«
Hanna lachte leise abwehrend und sah ihn prüfend an. »Ich habe auch viel zu erzählen.« Sie versuchte, ihre Hände zu befreien. »Aber vielleicht ist das, was ich herausgefunden habe, gar nicht mehr wichtig.«
Benno räusperte sich und trat einen Schritt zurück. »Doch, natürlich, jeder Hinweis ist wichtig. Ich bin schon … schon sehr gespannt …« Wie schön sie war, wie lebendig. »Aber setz dich doch erst einmal.« Er rückte seinen Stuhl ganz nah neben das Sofa. »Wo bist du denn nur gewesen?«, fragte er wieder. »Ich hab mir solche Sorgen gemacht. Ich hab dir doch gesagt, du sollst dich …«
»… zur Verfügung halten, jawoll, Herr Staatsanwalt!«
»Entschuldige«, sagte Benno leicht errötend, »nur … also, ich meine … du kannst wirklich nicht mitten in den Ermittlungen verschwinden, ohne dass jemand weiß, wo du bist. Wenn Werner, also Hauptkommissar Sinz, nicht dagegen gewesen wäre, hätte ich dich suchen lassen.«
»Ich habe meiner Tante Kunigunde Bescheid gesagt.«
»Und woher soll ich wissen, dass du eine Tante Kunigunde hast? Unter Tal stehst nur du im Telefonbuch.«
Hanna schaute an ihm vorbei. »In Ordnung, ich entschuldige mich. Ich war so zornig. Aber ich hätte mich tatsächlich abmelden müssen. Vielleicht kann ich es wieder gutmachen, wenn du hörst, was ich erlebt habe.«
Für ihre Reue hätte Benno ihr die Füße küssen mögen. Doch er verbarg seine Beglückung und sagte streng: »Na gut, fang an. Wo warst du?«
»Ich hatte, wie ich dir schon am Telefon gesagt habe, in München einen Termin bei einem alten Herrn. Er besitzt Unterlagen zum Haus am Nonnengraben. Der Besuch war schon seit Langem verabredet. Aber dann kam noch etwas hinzu, was dich interessieren müsste. Meine besagte Tante Kunigunde, die in Bamberg alle und jeden kennt, hat mir einiges über die Rothammers erzählt. Denn natürlich hat sie auch Elfi Rothammer und ihren Mann Arthur gekannt, war sogar mit ihnen zusammen im Tennisclub. Sie hat mich zu Anneliese Kurt geschickt, die jahrzehntelang als Dienstmädchen bei den Rothammers gearbeitet hat.«
»Ach ja, Werner hat sie gestern besucht. Sie ist im Testament von Arthur Rothammer mit einem ziemlich großen Betrag bedacht worden.«
»Kann ich mir vorstellen. Sie hat sich um Arthur und seine Schwester gekümmert, nachdem deren Mutter weggelaufen
Weitere Kostenlose Bücher