Das Haus am Nonnengraben
Herr Stadtdirektor und der Herr Generalstaatsanwalt essen jeden Mittwochmittag zusammen in ihrem Club. Und dass Bolz von der Stiftungssache ablenken und den armen Neffen reinreiten will, ist doch unglaublich!«
Benno war sich bewusst, dass er solche Details eigentlich gar nicht mit Hanna besprechen durfte. Aber einerseits war sie sowieso schon sehr in den Fall involviert und konnte vielleicht noch weitere nützliche Hinweise beisteuern. Und andererseits … und andererseits … Er rückte seinen Stuhl noch etwas näher zu ihr hin.
Hanna fragte: »Was für eine Stiftungssache? Und was hat denn der reizende Karl Bolz damit zu tun?«
»Ach, kennst du den auch?«
»Wer in Bamberg kennt den nicht?«
»Also, ich denke, das ist der springende Punkt in dem ganzen Fall. Das war so: Arthur Rothammer hat einige Zeit vor seinem Tod eine Stiftung gegründet, die junge Künstler unterstützen soll.«
»Ach, dann steckt das Vermögen der Rothammers in dieser Stiftung!«
»Zum Teil. Auffallend ist nur, dass zum Stiftungsvermögen auch das Haus am Nonnengraben gehört. Es soll aus den Mitteln der Stiftung unterhalten werden.«
»Aber so, wie das Haus aussieht, ist da nicht viel unterhalten worden.«
»Eben. Mit dieser Stiftung stimmt etwas ganz und gar nicht. Und Stadtdirektor Bolz und ein Rechtsanwalt Böschen stecken hackedick mit drin. Ich weiß bloß noch nicht, wie. Und mein General macht es mir ja nicht gerade leichter, es herauszufinden, nicht wahr? Aber ich find’s raus, und wenn er sich auf den Kopf stellt.«
»Trotzdem solltest du Joschi nicht aus den Augen verlieren. Da habe nämlich ich kein gutes Gefühl! Überprüf doch wenigstens mal sein Alibi.«
»Was denn für ein Alibi? Wir wissen doch gar nicht, wann genau Elfi Rothammer ermordet wurde. Der Pathologe kann den Todeszeitpunkt nur auf ungefähr vor drei Wochen eingrenzen, auf ein paar Tage hin oder her legt er sich nicht fest. Und Zeugen haben wir bisher nicht aufgetrieben. Die Einzige, die uns da weiterhelfen könnte, wäre deine Tanja.«
»Sie sagt, dass sie damals gerade ein paar Tage weg war, bei einer Freundin, und als sie zurückkam, war Frau Rothammer tot.«
»Na gut, dann kann sie uns wenigstens sagen, wann das war. Das grenzt den Todeszeitpunkt vielleicht ein. Außerdem hat sie möglicherweise irgendwelche Besucher im Haus gesehen oder sonst etwas Verdächtiges bemerkt.«
»Okay, ich schicke sie dir. Wann willst du denn mit ihr sprechen?«
Benno schaute auf seine Armbanduhr. »Ich habe jetzt gleich eine Verhandlung, die den ganzen Nachmittag dauert. Und heute Abend habe ich was Besseres vor. Aber morgen früh, gleich um neun Uhr, würde es gut passen. Hier in meinem Zimmer. Es wäre schön, wenn du dabei sein könntest.«
»Hm, ja, mache ich. Was … was hast du denn heute Abend vor?«
»Ich werde die umwerfendste Frau meines Lebens zum Essen einladen. Irgendwo muss ich doch ihre Nummer haben?« Benno tat, als suchte er in seinen Taschen nach einem Stück Papier. Hanna schluckte. Da grinste er sie an.
»Ach, eigentlich kann ich sie auch direkt fragen: Würdest du heute Abend mit mir essen gehen?«
17
Hanna ging wie in Trance über die Obere Brücke, unter den sich kreuzenden gotischen Bogen des Alten Rathauses hindurch. Ihr war seltsam zumute. Etwas Entscheidendes war passiert, aber was? Jedenfalls konnte sie nicht mehr aufhören, an Benno zu denken. Kleine Blubberbläschen guter Laune stiegen in ihr auf. Summend kam sie bei Tante Kunigunde an. Sie betrat das Haus durch die schiefe Ladentür, wechselte mit der netten Ladeninhaberin einige Sätze über den bemerkenswerten Zusammenhang zwischen Kinderspielzeug und der allgemeinen Weltlage und ging nach oben.
Tante Kunigunde stand am Herd und rührte in etwas Wohlduftendem. Sie strahlte, als sie Hanna sah, hielt ihr die Wange zum Küssen hin und zitierte spöttisch sich selbst: »Schön, dass du wieder da bist, Kind. Ich habe ›zufällig‹ eine Kleinigkeit zum Essen da. Magst du einen Teller? Ist in zehn Minuten fertig. Geh dir inzwischen die Hände waschen und schau dir Will an. Du wirst staunen, wie er gewachsen ist.«
»In zwei Tagen? Hörst du auch das Gras wachsen, Tantchen?«
»Sei nicht so frech, Kind. Du wirst schon sehen. Morgen geht Tanja mit ihm zur Vorsorgeuntersuchung. Er ist zwar das gesündeste Baby, das ich kenne, aber besser ist besser, und die Porzellankiste ist die Mutter der Vorsicht, wie ich immer sage.«
Hanna flüchtete lachend aus der Küche und tat, wie ihr
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