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Das Haus am Nonnengraben

Titel: Das Haus am Nonnengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Degen
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geheißen. Tanja klebte gerade Wills Windel zu. Will strampelte und krähte und klammerte sich an Hannas Finger fest, den sie ihm hinhielt. Sie lächelte Tanja an.
    »Hallo Tanja, wie geht es euch?«
    »Gut, danke. Deine Tante ist ein lieber Mensch. Ich danke dir.«
    Tanja sprach leise, ohne Hanna anzuschauen.
    Hanna war gerührt; sie ahnte, wie schwer es Tanja fiel, so etwas zu sagen. »Ist schon gut«, brummte sie und fügte dann schnell in sachlichem Ton hinzu: »Du musst jetzt keine Angst mehr vor der Polizei haben. Ich komme gerade von Staatsanwalt Berg. Sie sind inzwischen überzeugt, dass du nichts mit dem Mord zu tun hast. Aber sie brauchen dringend deine Aussage. Du warst schließlich außer dem Mörder die Letzte, die Frau Rothammer lebend gesehen hat. Herr Berg würde dich morgen früh gern sprechen.«
    Tanja starrte finster auf Wills Windel, als wären die armen Klebestreifen schuld an ihrem Dilemma. Sie murmelte: »Ich will da aber nicht hin. Ich weiß doch wirklich nichts, was ich dir nicht schon gesagt hab.«
    »Erstens musst du es halt nicht nur mir, sondern auch denen sagen, damit sie es zu Protokoll nehmen und verwerten können. Und zweitens weißt du ja vielleicht doch etwas, woran du jetzt gar nicht denkst, was ihnen weiterhelfen könnte. Sie wissen zum Beispiel immer noch nichts Genaues über den Todeszeitpunkt.«
    »Morgen geht nicht, da muss ich mit Will zur Vorsorge«, sagte Tanja zögernd.
    »Dann gehst du halt, wenn ihr vom Arzt zurück seid. Ewig wird das ja nicht dauern. Wann bist du denn bestellt?«
    »Um acht Uhr.«
    »Na also. Da bist du doch spätestens um elf fertig. Ich frage mal, ob das geht.«
    Tanjas sagte nichts, aber Hanna spürte, wie sie sich verschloss. Sie bekam den abwesenden Rühr-mich-nicht-an-Blick, den Hanna von ihrer ersten Begegnung kannte, und schaute sich in dem netten kleinen Zimmer um, als sei sie schon wieder auf der Flucht.
    Hanna beunruhigte dieser Blick. Sie beugte sich über Will, fragte: »Kann ich ihn mal nehmen?«, und setzte sich mit dem Kind in den blauen Korbsessel neben der Wickelkommode. Sie begann mit ihm zu schmusen, blies ihm ganz vorsichtig ins Gesicht, was Will mit hellem Krähen quittierte. »Ach Will, du Wonneproppen«, seufzte sie. »Tante Kunigunde ist ganz vernarrt in ihn. Sie ist so glücklich, wie seit Langem nicht. Ich glaube, sie würde euch am liebsten behalten. Weißt du, wenn ihr einen festen Wohnsitz habt und keine Fluchtgefahr besteht, kann die Polizei dich auch nicht festnehmen, selbst wenn herauskäme, dass du euren Lebensunterhalt auf nicht ganz legale Weise ›organisiert‹ hast.« Hatte sie damit Tanjas Sorge erraten?
    »Aber ich kann hier nicht …«, murmelte Tanja. »Ich muss was Eigenes … Ich mag auch nicht dauernd dankbar sein müssen.«
    »Ach so ist das. Sag mal, wann hast du eigentlich deinen achtzehnten Geburtstag?«
    »In zehn Tagen, am 16. September.«
    »Tante Kunigunde hat mir gesagt, dass ihr Anwalt sich um dein Erbe kümmern will. Du hast doch erzählt, dass deine Eltern auf ein Haus gespart haben. Dieses Geld gehört eindeutig dir.«
    »Das hat Tante Doris doch längst verbraucht«, stieß Tanja verächtlich hervor.
    »Ich bezweifle, dass sie da so einfach drankonnte. Ich könnte mir vorstellen, dass das Vormundschaftsgericht es seinerzeit für dich angelegt hat. Das werden wir herausfinden. Und noch etwas: Doris hat bestimmt für dich Kindergeld oder eine ähnliche Unterstützung gekriegt. Wenn sie dich nicht vermisst gemeldet hat, hat sie das Geld wahrscheinlich die ganze Zeit zu Unrecht bezogen.«
    Tanjas Panzer bekam einen Riss. »Echt?«, fragte sie und schaute von der Wolldecke auf, an der sie herumgezupft hatte. »Können wir sie damit drankriegen?«
    »Ich glaube schon. Und ich würde sie mit Begeisterung drankriegen, die liebe Tante Doris, weil sie dir so Angst gemacht hat mit diesem Unsinn, dass man dir Will wegnehmen würde.«
    Doch die harte Schale hatte sich schon wieder geschlossen. Tanjas Miene sagte deutlich: Was weißt du schon von der rauen Wirklichkeit da draußen! Sie nahm Will auf den Arm und ging aus dem Zimmer.
    Hanna blieb noch einen Augenblick sitzen, um zu überlegen. Was hatte sie getan, um eine solche Abwehrreaktion hervorzurufen? Tanja hatte ihr doch vertraut? Wieso hatte sie jetzt Angst? Und wovor? Ob Benno doch recht gehabt hatte? Einiges von dem, was er gegen Tanja vorgebracht hatte, war ja tatsächlich fragwürdig. Wusste Tanja etwa doch mehr, als sie zugab?
    Tante Kunigundes

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