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Das Haus am Nonnengraben

Titel: Das Haus am Nonnengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Degen
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war. Die Kinder wurden ihr Lebensinhalt. Sie nannten sie Kürtchen. Ich war am Montagabend nach einem unerfreulichen Gespräch mit einem gewissen Herrn …« – Hanna schaute zur Decke und spitzte die Lippen, als wollte sie pfeifen – »da war ich also bei ihr, und sie hat mir ziemlich viel über die Familie erzählt. Und sie gab mir Briefe zu lesen. Aus all dem gehen zwei wichtige Befunde hervor: Erstens, dass die Familie einmal sehr reich gewesen sein muss, und es ist nicht klar, wo das Geld abgeblieben ist, und zweitens, dass Elfi nur noch einen einzigen lebenden Verwandten hatte, ihren Neffen Joschi Schneider. Der ist Zahnarzt in München. Und da dachte ich, wenn ich sowieso in München bin, könnte ich mir diesen Herrn Schneider doch mal anschauen.«
    »Was? Die Ermordete hatte einen Neffen? Himmelherrgottsakra, dieser Bohrer! … Aber hör mal. Soll das heißen, dass du auf eigene Faust Ermittlungen angestellt hast? Bist du denn von allen guten Geistern verlassen? Weißt du denn nicht, wie gefährlich so etwas sein kann?«
    »Jetzt hör mir mal gut zu, Herr Staatsanwalt! Ich bin bisher ganz gut mit meinem Leben zurechtgekommen. Ich entscheide selbst, was ich tue oder nicht tue! Okay?« Zwischen ihren Brauen bildete sich eine zornig entschlossene kleine Furche. Darin hatte sich eines der wilden Haare verfangen. Benno hätte es gern gerettet. Aber da hatte sie es schon mit einer ihrer resoluten Bewegungen beiseitegeschoben. »Hörst du mir überhaupt zu?«
    »Ja, sicher, ich … Tut mir leid, ich mache mir eben Sorgen.«
    »Ich mag es aber nicht, wenn man sich dauernd um mich sorgt. Das macht mich nervös!«
    »Aber wir ermitteln hier in einem Mordfall. Das ist doch …«
    »Willst du jetzt wissen, was ich herausgefunden habe, oder nicht?«
    »Ja, selbstverständlich will ich das wissen.«
    »Also, auch Joschi Schneider sieht nach viel Geld aus: feudal eingerichtete Praxis, teures Auto, großes Haus. Aber …« Sie machte eine kunstvolle Pause und sah Benno erwartungsvoll an.
    »Na?« Sie sieht aus wie die Göttin des Triumphes, dachte Benno. Er konnte die Augen nicht von ihr lassen. Seine Hände zitterten leicht, und er klemmte sie zwischen die Knie.
    »Er spielt! Ich habe ihn im Spielkasino Bad Wiessee beobachtet.«
    »So, so. Das ist ja interessant.«
    »Das ist doch ein Motiv, oder?«
    »Na hör mal, nicht jeder, der spielt, bringt auch seine Tante um. Und wie kommst du überhaupt ins Spielkasino Bad Wiessee?«
    Hanna runzelte schon empört die Stirn, da klopfte es kurz, die Tür wurde aufgerissen, und Generalstaatsanwalt Daum marschierte ins Zimmer. Er nickte Hanna zu und sagte knapp: »Herr Berg, kann ich Sie kurz sprechen?«
    Er ging mit Benno in die entfernte Ecke des Raumes neben der Tür.
    »Herr Berg, Herr Stadtdirektor Bolz hat sich bei mir über Ihr Betragen beschwert.«
    »Das erstaunt mich. Ich habe mir besondere Mühe gegeben, den Herrn Stadtdirektor absolut korrekt zu behandeln.«
    »Aber was stochern Sie denn in diesen uralten Stiftungssachen herum? Sie haben doch einen Mordfall aufzuklären!«
    »Genau aus diesem Grunde stochere ich in diesen Stiftungssachen herum. Sie stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Mordfall.«
    »Das Ganze ist zwanzig Jahre her! Verschieben Sie Ihre historischen Studien und bleiben Sie doch erst einmal in der Gegenwart! Haben Sie sich schon um den Neffen von Frau Rothammer gekümmert?«
    »Woher wissen Sie …«
    Doch Daum ließ sich nicht unterbrechen. »Das tut nichts zur Sache. Er ist immerhin der einzige Erbe von Frau Rothammer.«
    »Ich vernehme zu diesem Thema gerade eine Zeugin. Eine Zeugin übrigens mit guten Ohren.«
    Der Herr Generalstaatsanwalt war konsterniert. »Wie meinen Sie das? Ich kann Ihnen nicht folgen!«
    Benno riss sich zusammen. »Vielen Dank für den Hinweis auf den Neffen der Ermordeten. Ich kann allerdings nicht ausschließen, dass wir auch in der Stiftungssache noch die eine oder andere Frage klären müssen, Herr Generalstaatsanwalt. Darf ich Sie nachher anrufen, um das zu besprechen, damit ich jetzt mit meiner Vernehmung fortfahren kann?«
    »Ja, ja, vernehmen Sie, vernehmen Sie. Und konzentrieren Sie sich auf den Neffen. Ich möchte von jetzt an jeden Tag über Ihre Ergebnisse informiert werden. Grüß Gott.«
    Benno starrte auf die geschlossene Tür, dann atmete er tief aus und ging kopfschüttelnd zu Hanna zurück. »Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass an der Sache etwas faul ist, dann war es dieser Auftritt. Der

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