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Das Haus am Nonnengraben

Titel: Das Haus am Nonnengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Degen
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Fingernägel, obwohl sie zu beteuern versuchte, sie habe den Einbrecher nicht angefasst. Aber es war einfacher, es geschehen zu lassen, als zu protestieren. Bevor sie gingen, las eine junge Beamtin die Blätter vom Boden auf und schichtete sie sorgfältig auf dem Schreibtisch zusammen. Auch Dr. Last verabschiedete sich und verordnete, dass sie keinesfalls allein bleiben dürfe und für die nächsten Tage absolute Ruhe halten müsse. Er werde am nächsten Tag wieder vorbeischauen und prüfen, ob sie psychologischer Hilfe bedürfe. Die beste erste Seelenhilfe aber sitze ja, wie er sehe, schon bereit. Er zwinkerte Benno zu.
    Und dann war der Trubel, den Hanna wie hinter einem Vorhang wahrgenommen hatte, vorbei. Sie war allein mit Benno. Ihre Stimme war durch die abschwellende Wirkung des Eises zurückgekehrt, wenn auch noch schwach.
    Benno nahm Hannas Hände zwischen die seinen. »Endlich!«
    Er lächelte sie an. »Geht’s dir langsam besser?« Sie nickte. »Weißt du, was mich wundert? Dass du überhaupt nichts gehört hast. Der Einbrecher hat doch Schubladen aufgemacht und ist hier herumgegangen. Dass du davon nicht wach geworden bist?«
    »Schlaftablette.« Noch schonte Hanna ihre Stimme. »Habe Geräusche gehört – etwa um ein Uhr –, bin aufgestanden und habe das Haus durchsucht. Ich konnte nicht mehr einschlafen, darum habe ich eine Tablette genommen.« Sie schluckte den letzten Löffel Eis.
    »Ach so, dann war der also schon länger hier zugange. Und was ist dann passiert? Was hast du als Erstes bemerkt?«
    »Ach, nichts Besonderes«, antwortete Hanna. »Ein Mann kniete auf meinen Armen und versuchte, mich zu erwürgen. Davon bin ich aufgewacht.«
    »Bist du dir sicher, dass es ein Mann war?«
    »Ganz sicher. Ich habe ihm das Knie in den Unterleib gerammt, und er fiel vom Bett und stöhnte. Das hörte sich ziemlich männlich an.« Sie erzählte ihm, wie es dann weitergegangen war, bis sie ihn angerufen hatte.
    »Hast du irgendetwas erkennen können?«
    »Wie denn? Es war doch dunkel, und ich war damit beschäftigt, nicht zu ersticken.«
    »Aber vielleicht ist dir doch etwas aufgefallen. Die Stimme, der Geruch …«
    Hanna dachte nach. Der Geruch, ja, der war ihr irgendwie bekannt vorgekommen, aber sonst … »Ich habe ihn am Fenster vorbeigehen sehen. Aber er ging vornübergebeugt und humpelte.«
    »Na gut, dann müssen wir woanders ansetzen. Hast du einen Feind, jemanden, der dich nicht mag?« Er sah sie mit schief gelegtem Kopf und seinem Schalkslächeln an. »Ich kann mir zwar nicht vorstellen, dass es irgendjemanden auf der Welt gibt, der dich nicht mag, aber offenbar ist da doch einer anderer Meinung.«
    »Ich kenne nur eine, die mich wirklich gehasst hat: meine Ex-Schwiegermutter in spe.« Bei dem Wort Schwiegermutter zog Benno fragend die Augenbrauen hoch. »Aber sonst? Ich bin ein absolut harmloser Mensch. Ich habe nicht mal geschäftliche Rivalen.«
    »Du? Harmlos? Von wegen. Du bist gefährlich wie Schießpulver.« Benno streichelte Hannas Finger.
    Hannas Lächeln ging in ein Gähnen über. Sie war völlig erschöpft. »Vielleicht hat es ja mit dem Rothammer-Fall zu tun?«, nuschelte sie.
    »Ja, das denke ich auch. Komm, halt noch ein bisschen durch. Denk nach: Wem hast du in den letzten Tagen so viel Wut oder Angst eingeflößt, dass er den Wunsch verspürt, dich zu ermorden? Er muss dich kennen, er muss deine Adresse wissen und …«, Benno starrte auf seine Finger, mit denen er die Bedingungen aufzählte, »und er muss etwas bei dir gesucht haben. Notizen vielleicht? Wenn er weiß, dass du wegen Elfi Rothammer Recherchen angestellt hast – eigenmächtige, wie ich betonen möchte –, dann ist die Wahrscheinlichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass es sich hierbei um den Mörder von Elfi handeln könnte.«
    Ganz ohne sprachliche Spätfolgen geht ein Jurastudium eben doch nicht ab, dachte Hanna, sparte aber ihre Stimme, denn das Sprechen tat immer noch weh. »Jemanden, den ich in Angst oder Wut versetzt habe? Also, am Montag zunächst mal einen Staatsanwalt, wie hieß der noch gleich?«
    Benno gab ihr einen kleinen Nasenstüber. »Frechdachs!«
    »Und außerdem?« Hanna schloss die Augen. »Außerdem wohl Joschi Schneider. Der war mächtig ungehalten, als er mich im Spielkasino in Bad Wiessee entdeckte. Er hat mich beschimpft, ich würde ihm nachspionieren.«
    »Er meinte, du würdest ihm nachspionieren, weil du auch im Spielkasino warst? Das ist aber komisch.«
    Irgendwie hatte Hanna keine

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