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Das Haus am Nonnengraben

Titel: Das Haus am Nonnengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Degen
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Schuppen im hinteren Teil des Firmengeländes. Sieht nach Brandstiftung aus. Warte mal.« Man hörte wieder die Hacktöne der Computertastatur. »›Die Feuerwehr konnte eine Ausbreitung des Brandes verhindern‹«, zitierte Werner. »›Größerer Schaden ist nicht entstanden.‹«
    »Verdammte Scheiße!«, äußerte Benno vornehm. »Von wegen ›kein größerer Schaden‹! Wenn dieser Schuppen das Archiv der Firma war, dann ist der Schaden für uns enorm. Denn die Akten dort waren bisher die einzigen Beweise, die ich für die Stiftungsgeschichte auftreiben konnte. Du weißt so gut wie ich, dass die zum Himmel stinkt, nur beweisen kann ich nichts. Lass bitte umgehend alles, was von den Akten noch vorhanden ist, sicherstellen. Vielleicht finden wir ja doch noch irgendwelche Hinweise.«
    »Geht in Ordnung«, sagte Werner. »Meine Leute sind ja sowieso dort und sichern alles ab, wegen der Brandstiftung.«
    »Irgendwie gefällt mir das alles nicht. Können wir nicht gleich zu Herrn Schneider gehen, noch vor deinem Zahnarzttermin?«
    »Leider nicht. Ich muss los, eine Krankenschwester vernehmen, die heute Nacht einen Mann totgefahren hat, einen Herrn Ernst.«
    »Herrn Ernst?«
    »Ja. Er war … aber holla, er war Vorarbeiter …«
    »… bei der Firma Simanc«, ergänzte Benno. »Verdammte Scheiße!« Sein Wortschatz war an diesem Vormittag etwas eingeschränkt. »Unser wichtigster Zeuge! Und das soll Zufall sein? Das gibt’s doch nicht! Wer war das, der Herrn Ernst überfahren hat?«
    »Eine junge Krankenschwester namens … Tamila Nabadjan«, sagte Werner, »sie hat sich sofort kompetent und fürsorglich um den Verletzten gekümmert. Als er in ihren Armen starb, hat sie einen Schock erlitten und liegt jetzt oben im Klinikum.«
    »Diese geschockte Krankenschwester möchte ich mir einmal persönlich anschauen. Holst du mich ab? Ich gehe gleich runter zur Bushaltestelle an der Schranne. Da kannst du mich im Vorbeifahren aufpicken.« Von Bennos guter Laune war nicht mehr viel übrig.
    Er holte sein Handy heraus. Er trug es nur im Notfall angeschaltet mit sich herum. Noch während er es einschaltete, klingelte das Telefon auf seinem Schreibtisch. Die Geschäftsstelle rief an, er möge doch bitte vorbeikommen und ein paar Unterschriften leisten, es sei eilig. Vor dem Fenster trieben Wolken über den Himmel. Es sah nach Regen aus. Benno holte seinen Schirm aus dem Schrank und zog seine Jacke an. Dann stellte er den Schirm wieder zurück. Er würde ihn doch nur irgendwo vergessen, und er musste auch keine weiten Strecken zu Fuß gehen. Er schloss sein Büro ab und beeilte sich, damit er das mit den Unterschriften noch erledigen konnte, bevor Werner ihn an der Bushaltestelle vor der Staatsanwaltschaft auflas. Zurück blieb, mitten auf seinem Schreibtisch, ein einsames Handy.

23
    »Hanna … Hanna … Es ist etwas Schreckliches … Herr Ernst ist tot.« Hanna war noch nicht aus ihrer Beruhigungsmittelferne zurückgekehrt. Sie hatte Mühe, Tante Kunigundes Stimme am Telefon zu erkennen. Sie klang fremd, gepresst und tonlos.
    »Was sagst du? Herr Ernst? Wieso? Was ist denn passiert?«
    »Er ist überfahren worden. Gestern Abend. Die Bedienung vom Sternla war dabei und hat es heute früh der Bäckerin erzählt.«
    Schluchzer unterbrachen Tante Kunigundes Bericht.
    Angst kroch aus den Nebeln in Hannas Gehirn. Herr Ernst gestern Abend, sie selbst heute Nacht …
    »O Gott, Tante Kunigunde, nein! Es tut mir so leid!«
    »Kind, könntest du mir einen Gefallen tun? Könntest du kurz zu mir kommen?«
    »Nein, Tante Kunigunde, ich fürchte, das kann ich nicht.«
    »Wieso, was ist los? Du klingst so komisch.«
    »Ich bin noch ein bisschen lädiert, weil – ich bin heute Nacht überfallen worden«, sagte Hanna kläglich.
    »Überfallen? Du guter Gott!« Tante Kunigunde hörte sich schon etwas weniger verloren an. »Wo, wer … Wart, ich komme zu dir.«
    Hanna ließ den Telefonhörer fallen und legte den Kopf zurück. Sie war so entsetzlich müde. Der Hals tat ihr unsäglich weh, und sie bekam kaum Luft. Die Bilder in ihrem Kopf zerbröselten. Hingen denn der Überfall auf sie und der Tod von Herrn Ernst und der Mord an Elfi zusammen? Und wie? Gab es eine gemeinsame Wurzel? In ihr wuchs eine würgende Angst. Da war etwas Ungutes, etwas, das anklopfte, ans Licht kommen wollte, das sich im Traum nach vorn gedrängt hatte, immer wieder. Ein Bild, das verschwand, sobald sie es genauer anzusehen versuchte. Sie wusste, sie musste diese

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