Das Haus Am Potomac
mit den
Kennedys zu sehen sind, gleich welchen. Wußten Sie, daß
Jack nach Willards Tod Abigail zum Trauergottesdienst
geleitete?«
Pat machte sich schnell ein paar Notizen in ihrem Block.
»Hatte die Senatorin keine Familienangehörigen?« fragte
sie.
»Vermutlich nicht. Davon ist nie die Rede gewesen.«
Luther langte nervös nach der Zigarettenpackung auf
seinem Schreibtisch. »Ich versuche dauernd, dieses
verdammte Kraut aufzugeben.« Er zündete sich eine an
und wirkte momentan etwas entspannt. »Ich wünschte nur,
ich wäre damals nach Washington gegangen«, sagte er.
»Ich dachte, das eigentliche Leben spiele sich in New
York ab. Ich habe es ganz richtig gemacht, aber das war
eine große Zeit in Washington. Es ist jedoch schon
eigenartig, wie viele von den jungen Männern damals
eines gewaltsamen Todes starben. Die beiden KennedyBrüder. Willard bei einem Flugzeugabsturz. Dean Adams
durch Selbstmord … Haben Sie schon von ihm gehört?«
»Dean Adams?« sagte sie fragend.
»Er hat seine Frau umgebracht«, erklärte Luther. »Dann
sich selbst. Beinahe auch sein Kind. Die Kleine starb am
Ende doch. Wahrscheinlich war es besser so für sie. Hatte
ohne Zweifel einen Hirnschaden abbekommen. Er war
Kongreßabgeordneter von Wisconsin. Niemand hatte eine
Vorstellung, warum er das tat. Wahrscheinlich einfach
durchgedreht, vermute ich. Wenn Sie bei Gruppenfotos
auf Bilder von ihm oder seiner Frau stoßen, sortieren Sie
die aus. Nicht nötig, bei irgendwem die Erinnerung daran
wachzurufen.«
Pat hoffte, daß ihr Gesicht nicht verriet, wie sie litt. Ihre
Stimme klang jedenfalls frisch und bestimmt wie zuvor,
als sie sagte: »Die Senatorin war eine der treibenden
Kräfte, die zur Verabschiedung des Gesetzes gegen
Kidnapping durch Eltern führten. Da gibt es einige
wunderbare Briefe in den Akten. Ich habe mir gedacht, ich
sollte einige von den Familien aufsuchen, die sie wieder
zusammengeführt hat, und für einen Teil der Sendung die
besten aussuchen. Als Gegengewicht gegen die Senatorin
Lawrence mit ihren Enkelkindern.«
Luther nickte. »Gut. Geben Sie mir die Briefe. Ich werde
hier jemanden darauf ansetzen, die Beinarbeit für Sie zu
erledigen. Ach, übrigens, in Ihrem Entwurf hatten Sie
nichts über den Fall Eleanor Brown. Ich möchte
unbedingt, daß das mit hineinkommt. Sie wissen ja, sie
kam auch aus Apple Junction – die Schuldirektorin da
hatte Abigail gebeten, ihr Arbeit zu geben, nachdem sie
bei einem Ladendiebstahl erwischt worden war.«
»Mein Instinkt sagt mir, wir sollten das lieber sein
lassen«, sagte Pat. »Überlegen Sie sich das noch einmal.
Die Senatorin gäbe einem Mädchen, das eines Vergehens
überführt war, eine neue Chance. So weit, so gut. Dann
wurde Eleanor Brown beschuldigt,
siebenundfünfzigtausend Dollar aus dem WahlkampfFonds gestohlen zu haben. Sie schwor, unschuldig zu sein.
Schließlich wurde sie aufgrund der Zeugenaussage der
Senatorin verurteilt. Haben Sie jemals Bilder von diesem
Mädchen gesehen? Als sie wegen Veruntreuung der
Gelder ins Gefängnis kam, war sie dreiundzwanzig, sah
aber aus wie sechzehn. Die Menschen neigen von Natur
aus dazu, Mitleid mit dem underdog, dem vom Leben
Benachteiligten zu empfinden – und der Zweck dieser
Sendung besteht einzig und allein darin, alle Welt dazu zu
bewegen, Abigail Jennings zu lieben. Im Fall Eleanor
Brown ist sie am Ende die Schuldige.«
»Der Fall beweist aber, daß Mitglieder der Legislative
Betrügereien aus dem Kreis ihrer Mitarbeiter nicht
vertuschen. Und wenn Sie Abigails Image weicher
gestalten wollen, dann heben Sie hervor, daß dies
Mädchen es ihr zu verdanken hat, mit einer wesentlich
geringfügigeren Strafe davongekommen zu sein als
meines Wissens jeder andere, der so viel Geld gestohlen
hat. Vergeuden Sie nicht Ihre Mitgefühle auf Eleanor
Brown. Sie hat im Gefängnis einen
Nervenzusammenbruch vorgetäuscht, wurde in eine
psychiatrische Klinik überführt, vorzeitig zu ambulanter
Weiterbehandlung entlassen und ist seitdem
verschwunden. Das war ein abgebrühtes kleines Biest.
Was noch?«
»Ich möchte heute abend nach Apple Junction fahren.
Wenn es da unten etwas Lohnendes gibt, rufe ich Sie an
und lasse eine Kamera-Crew kommen. Danach möchte ich
der Senatorin einen Tag lang im Büro Gesellschaft leisten,
um festzustellen, welche Aufnahmen gemacht werden
sollen, und dann ein oder zwei Tage später die
Aufzeichnungen machen.«
Luther stand auf – ein
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