Das Haus an der Düne
abrupt.
«Überflüssig, davon anzufangen, Milly. Vielleicht möchten Sie einige Schnappschüsse aus Australien sehen, Monsieur Poirot?»
Der restliche Besuch verging ohne besondere Vorkommnisse. Zehn Minuten später verabschiedeten wir uns.
«Nette Leute», bemerkte ich. «So einfach und anspruchslos. Typische Australier.»
«Sie haben Ihnen gefallen?»
«Ihnen nicht?»
«Sie waren sehr nett – sehr freundlich.»
«Also, was ist es dann? Ich merke schon, etwas stimmt nicht.»
«Vielleicht waren sie einen Hauch zu ‹typisch›», sagte Poirot nachdenklich. «Diese ‹Kui›-Rufe – die Schnappschüsse, die wir unbedingt sehen mussten –, hat da nicht vielleicht jemand seine Rolle zu perfekt gespielt?»
«Was sind Sie doch für ein misstrauischer alter Teufel!»
«Da haben Sie Recht, mon ami. Ich misstraue jedem und allem. Und ich habe Angst, Hastings – große Angst.»
Sechstes Kapitel
Besuch bei Mr Vyse
P oirot hielt eisern an seinem kontinentalen Frühstück fest. Mein Anblick, wie ich Eier und Speck verzehrte, verursachte ihm das kalte Grausen – so behauptete er wenigstens immer. Folglich nahm er sein Frühstück – bestehend aus Kaffee und Brötchen – im Bett ein, während es mir frei stand, den Tag mit dem traditionellen englischen Frühstück zu beginnen – mit Speck, Eiern und Orangenmarmelade.
Bevor ich am Montagmorgen nach unten ging, warf ich einen Blick in sein Zimmer. In einen äußerst prächtigen Morgenrock gehüllt, saß er aufrecht im Bett.
« Bonjour, Hastings. Ich wollte gerade läuten. Seien Sie doch so freundlich, dafür zu sorgen, dass diese persönliche Nachricht nach End House gebracht und Mademoiselle sofort ausgehändigt wird.»
Ich streckte meine Hand danach aus. Poirot sah mich an und seufzte.
«Wenn Sie nur – wenn Sie doch nur Ihren Scheitel in der Mitte tragen wollten, statt seitlich! Es würde der Symmetrie ihrer Erscheinung so gut tun. Und Ihr Schnurrbart. Wenn Sie schon auf einem Schnurrbart bestehen, dann doch auf einem richtigen – nehmen Sie sich doch ein Beispiel an einem Prachtstück wie dem meinem.»
Bei diesem Gedanken lief es mir kalt den Rücken hinunter und mit festem Griff nahm ich die Botschaft aus Poirots Hand und ging aus dem Zimmer.
Ich hatte mich gerade in unserem Salon wieder zu ihm gesellt, als Miss Buckley gemeldet wurde. Poirot ließ anweisen, man möge sie hinaufschicken.
Sie betrat mit gewohnter Fröhlichkeit den Raum, aber die Ringe unter ihren Augen schienen noch dunkler als sonst. Sie hielt ein Telegramm in der Hand, welches sie Poirot reichte.
«Da», sagte sie. «Hoffentlich sind Sie nun zufrieden.»
Poirot las es laut vor.
« Ankomme heute fünf Uhr dreißig. Maggie. »
«Mein Schutzengel und Kindermädchen!», sagte Nick. «Aber da liegen Sie ganz falsch, wissen Sie. Maggie hat so gut wie keinen Grips. Ja, für praktische Sachen taugt sie wohl. Das wohl, dafür entgeht ihr immer die Pointe in einem Witz. Heimliche Mörder aufzuspüren läge ja sogar Freddie zehnmal mehr. Und erst Jim Lazarus. Ich habe immer das Gefühl, Jim lässt sich nicht gern in die Karten schauen.»
«Und der Commander?»
«Oh, George! Der sieht etwas nur, wenn man es ihm direkt unter die Nase hält. Dann allerdings würde er es jedem zeigen. Ja, wenn es wirklich darauf ankommt, wäre George in seinem Element.»
Mit einer ungestümen Bewegung nahm sie ihren Hut ab und fuhr fort: «Ich habe Anweisung gegeben, den von Ihnen angekündigten Mann hineinzulassen. Es klingt alles so mysteriös. Bringt er ein Diktafon oder so etwas an?»
Poirot schüttelte den Kopf.
«Nein, nein, nichts Wissenschaftliches. Eine kleine, unbedeutende Sache, Mademoiselle. Etwas, dem ich auf den Grund gehen will.»
«Nun gut», sagte Nick. «Das macht alles einen Riesenspaß, nicht wahr?»
«Wirklich, Mademoiselle?», fragte Poirot behutsam.
Sie wandte uns etwa eine Minute lang den Rücken zu und sah aus dem Fenster. Dann drehte sie sich um. Jeglicher tapferer Trotz war aus ihren Zügen gewichen. Ihr Gesicht verzerrte sich in kindlichem Kummer, als sie mit den Tränen kämpfte.
«Nein», sagte sie kleinlaut. «Tut es in Wirklichkeit gar nicht. Ich fürchte mich – ja, ich fürchte mich. Fürchte mich sogar entsetzlich. Und ich habe mich immer für so mutig gehalten.»
«Das sind Sie auch, mon enfant, und ob Sie das sind. Hastings und ich, wir bewundern beide Ihre Courage.»
«Ja, das tun wir allerdings», warf ich mit Wärme ein.
«Nein», Nick
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