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Das Haus an der Düne

Das Haus an der Düne

Titel: Das Haus an der Düne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Eine mittelmäßige Persönlichkeit.»
    «Sein Aussehen ist ganz sicher nicht besonders eindrucksvoll. Ist Ihnen während unserer Unterhaltung irgendeine Diskrepanz in seinem Verhalten aufgefallen?»
    «Oh ja», sagte ich langsam. «Und zwar in Bezug auf den Verkauf von End House.»
    «Exakt. Würden Sie Mademoiselles Gefühle für ihr Haus als ‹abgöttische Liebe› bezeichnen?»
    «Das ist eine sehr drastische Formulierung.»
    «Allerdings – und Mr Vyse benutzt drastische Formulierungen ganz sicher äußerst selten. Normalerweise neigt er wohl dazu – schon aus beruflichen Gründen –, die Dinge eher nicht zu überschätzen. Und doch sagt er, Mademoiselle empfinde eine fanatische Verbundenheit zu dem Sitz ihrer Vorfahren.»
    «Heute Morgen machte sie nicht diesen Eindruck», warf ich ein. «Ich fand, sie hat sehr vernünftig darüber gesprochen. Ganz eindeutig mag sie das Haus – das würde jeder andere an ihrer Stelle auch –, aber sicher nichts darüber hinaus.»
    «Folglich lügt einer von beiden», meinte Poirot nachdenklich.
    «Man würde Vyse kaum eine Lüge unterstellen.»
    «Äußerst vorteilhaft für ihn, besonders wenn er einmal dazu genötigt wäre», bemerkte Poirot. «Ja, er ist ein wenig wie George Washington. Ist Ihnen noch etwas aufgefallen?»
    «Was denn?»
    «Am Samstag um halb eins war er nicht in seinem Büro.»

Siebtes Kapitel
    Tragödie
     
    D ie erste Person, die uns an diesem Abend in End House über den Weg lief, war Nick. Sie wirbelte in einem wundervollen, mit Drachen bestickten Kimono durch die Eingangshalle.
    «Ach, Sie sind es bloß!»
    «Mademoiselle, ich bin untröstlich!»
    «Ich weiß. Das war mehr als unhöflich von mir. Aber sehen Sie, ich warte nämlich auf mein Kleid. Dabei hat mir der abscheuliche Salon hoch und heilig versprochen, es pünktlich zu liefern.»
    «Oh, Kummer wegen der Abendtoilette verstehe ich gut! Heute Abend soll ein Ball stattfinden, nicht wahr?»
    «Oh ja. Wir gehen alle hin nach dem Feuerwerk. Das heißt, das nehme ich doch an.»
    Ihre Stimme klang plötzlich ein wenig niedergeschlagen. Im nächsten Augenblick lachte sie schon wieder.
    «Niemals aufgeben! Das ist mein Motto. Denk nicht an Unglück, dann passiert dir auch keins! Heute Abend sind meine Nerven wieder in Ordnung. Ich werde fröhlich sein und mich amüsieren.»
    Man hörte Schritte auf der Treppe. Nick wandte sich um.
    «Oh, da ist ja Maggie. Maggie, hier sind die Spürnasen, die mich vor dem unbekannten Mörder beschützen. Führe sie doch ins Wohnzimmer und lasse dich von ihnen ins rechte Bild setzen.»
    Poirot und ich schüttelten nacheinander Maggie Buckley die Hand, und wie vorgeschlagen führte sie uns in den Salon. Sie machte auf Anhieb einen positiven Eindruck auf mich.
    Besonders anziehend fand ich ihre vernünftige Gelassenheit. Ein ruhiges Mädchen, auf altmodische Art hübsch – ganz sicher nicht mondän. Ihr Gesicht war völlig ungeschminkt und sie trug ein schwarzes, eher ein wenig schäbiges Abendkleid. Ihre blauen Augen blickten uns offen an, als sie mit angenehmer Stimme etwas bedächtig zu sprechen begann.
    «Nick hat mir die erstaunlichsten Sachen erzählt», sagte sie. «Aber das ist doch sicher alles übertrieben, oder? Wer könnte Nick etwas antun wollen? Sie hat auf der ganzen Welt keine Feinde.»
    In ihrer Stimme schwang große Ungläubigkeit mit. Die Art, wie sie Poirot musterte, war wenig schmeichelhaft. Mir wurde klar, dass Ausländer für eine junge Dame wie Maggie Buckley grundsätzlich etwas Verdächtiges an sich haben mussten.
    «Und dennoch versichere ich Ihnen, Miss Buckley, ist es die Wahrheit», sagte Poirot ruhig.
    Sie erwiderte nichts, blickte jedoch noch immer ungläubig drein.
    «Nick benimmt sich ziemlich seltsam heute Abend», bemerkte sie. «Ich weiß nicht, was mit ihr los ist. Sie scheint in einer besonders wilden Stimmung zu sein.»
    Bei dem Wort, das sie für seltsam benutzte – den schottischen Ausdruck fey – lief es mir kalt den Rücken herunter. Außerdem hatte etwas in ihrem Tonfall meine Neugier geweckt.
    «Sind Sie Schottin, Miss Buckley?», fragte ich ganz übergangslos.
    «Meine Mutter stammt aus Schottland», erklärte sie.
    Mir fiel auf, dass sie mich mit größerem Wohlwollen betrachtete als Poirot. Ich hatte das Gefühl, dass meine Darstellung des Falls sie mehr überzeugen würde als die Poirots.
    «Ihre Cousine verhält sich sehr tapfer», sagte ich. «Sie ist fest entschlossen, einfach weiterzumachen, als sei nichts

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