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Das Haus an der Düne

Das Haus an der Düne

Titel: Das Haus an der Düne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ergattern?»
    Ich musste ein Lächeln unterdrücken.
    «Nicht die geringste», sagte ich. «Wissen Sie Poirot, die trägt man längst nicht mehr.»
    «Dann werde ich mich ins Haus begeben», erklärte er. «Eine Knallerei à la Guy Fawkes ist mir doch keinen Rheumatismus wert. Oder womöglich eine Lungenentzündung.»
    Poirot murmelte immer noch ärgerlich vor sich hin, als wir unsere Schritte in Richtung Haus lenkten. Vom Kai unten drang lautes Klatschen hinauf zu uns, das einem prächtigen Bild am Himmel galt – ich glaube, es war ein Schiff mit dem Schriftzug «Willkommen unseren Gästen».
    «Im Herzen sind wir doch alle Kinder», philosophierte Poirot gedankenverloren. « Les Feux d’Artifices, die Partys, die Ballspiele – ja und sogar der Zauberer, der selbst das wachsamste Auge zu täuschen vermag – mais qu’est-ce que vous avez? »
    Ich hatte ihn am Arm gepackt und hielt ihn mit meiner einen Hand umklammert, während ich mit der anderen auf den Rasen zeigte.
    Wir befanden uns etwa hundert Meter vom Haus entfernt und genau vor uns, zwischen uns und der offenen Verandatür lag auf dem Rasen eine zusammengekrümmte Gestalt in einem scharlachroten chinesischen Schal…
    « Mon Dieu! » , flüsterte Poirot. « Mon Dieu… »

Achtes Kapitel
    Der verhängnisvolle Schal
     
    S tarr vor Entsetzen und regungslos verharrten wir höchstens ein paar Sekunden, die uns jedoch wie eine Stunde vorkamen. Dann schüttelte Poirot meine Hand ab und tat einen Schritt vorwärts. Seine Bewegungen waren steif und völlig mechanisch.
    «Es ist passiert», murmelte er und ich vermag kaum die qualvolle Bitterkeit beschreiben, die in seiner Stimme lag. «Trotz allem – trotz meiner Vorkehrungen ist es passiert. Ach, was bin ich doch für ein miserabler Kriminaler. Warum habe ich sie nicht besser beschützt? Ich hätte es vorhersehen müssen. Keinen Augenblick hätte ich von ihrer Seite weichen sollen.»
    «Sie dürfen sich nicht die Schuld geben», sagte ich. Meine Zunge klebte am Gaumen, und nur mit Mühe vermochte ich die Worte zu artikulieren.
    Poirot reagierte nur mit einem bedauernden Kopfschütteln. Er kniete neben dem Körper nieder.
    Und in diesem Moment erlitten wir einen zweiten Schock. Denn da hörten wir Nicks Stimme, klar und fröhlich, und einen Augenblick später erschien im Türrahmen Nicks Silhouette, die sich gegen den erleuchteten Raum hinter ihr abhob.
    «Entschuldige Maggie, dass es so lange gedauert hat», sagte sie. «Aber…»
    Sie brach ab und starrte auf die Szenerie vor ihr.
    Mit einem scharfen Aufschrei drehte Poirot den Körper auf dem Rasen um, und ich drängte nach vorn, um zu sehen, wer es war.
    Ich blickte in das leblose Antlitz von Maggie Buckley.
    In der nächsten Sekunde war Nick bei uns. Sie stieß einen schrillen Schrei aus.
    «Maggie – oh Maggie – es kann – es kann doch nicht…»
    Poirot war noch immer damit beschäftigt, den Körper des Mädchens zu untersuchen. Schließlich richtete er sich langsam wieder auf.
    «Ist sie…» Nicks Stimme brach ab.
    «Ja, Mademoiselle. Sie ist tot.»
    «Aber warum? Warum nur? Wer hätte sie denn nur töten wollen?»
    Poirots Antwort kam schnell und entschieden.
    «Nicht Maggie sollte getötet werden, Mademoiselle! Sondern Sie! Der Schal war irreführend.»
    Nick entfuhr ein entsetzlicher Schrei.
    «Warum konnte ich es nicht sein?», klagte sie. «Oh Gott, warum nicht ich? Es wäre mir viel lieber. Ich will nicht mehr leben – jetzt nicht mehr. Ich würde glücklich – bereitwillig, ja glücklich sterben.»
    Mit einer hilflosen und wilden Geste warf sie ihre Arme in die Luft und schwankte dann ein wenig. Schnell legte ich einen Arm um sie, um sie zu stützen.
    «Bringen Sie sie ins Haus, Hastings», sagte Poirot. «Und verständigen Sie die Polizei.»
    «Die Polizei?»
    « Mais oui! Sagen Sie, es sei jemand erschossen worden. Und danach kümmern Sie sich um Mademoiselle Nick. Lassen Sie sie unter gar keinen Umständen allein.»
    Ich nickte zustimmend zu seinen Anweisungen und mit dem halb bewusstlosen Mädchen an meinem Arm begab ich mich durch die Verandatür in den Salon. Ich legte das Mädchen auf das Sofa, schob ein Kissen unter ihren Kopf und eilte dann hinaus in die Halle auf der Suche nach dem Telefon.
    Ich stieß einen erstaunten Schrei aus, als ich dabei beinahe Ellen umgerannt hätte. Sie stand da, und auf ihrem freundlichen, ehrbaren Gesicht lag ein höchst seltsamer Ausdruck. Die Augen glänzten, und ihre Zunge fuhr immer wieder über

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