Das Haus an der Klippe
Funkgerät und meine Pistole befinden.«
»Meine Schuld, oder? Tut mir leid, daß ich nicht medial veranlagt bin. Was haben Sie zuletzt gemeldet?«
»Daß ich gehört habe, wie Sie über den Kommandoposten gesprochen haben. Sie haben darüber spekuliert, was KP bedeuten könnte.«
»Also haben sie wahrscheinlich eine ziemlich genaue Vorstellung von der Situation hier und könnten Verstärkung angefordert haben?«
Wendy Woolley schüttelte den Kopf.
»Mein Boß zieht nicht gern mehr Leute heran, als seiner Meinung nach unbedingt nötig sind«, sagte sie. »Und wenn er glaubt, daß er sein Ziel erreicht, indem er abwartet und Tee trinkt, dann tut er das und nichts anderes.«
»Und was will er?«
Wendy zögerte.
Sie vögelt mit ihm! dachte Ellie. Das heißt, sie weiß genau, was in ihm vorgeht, und steht trotzdem halbwegs loyal zu ihm.
»Jetzt ist die Stunde der Wahrheit, Wendy«, erklärte sie, »wenn wir hier nicht ehrlich sagen können, was los ist, wann dann?«
Wendy nickte.
»Sie haben recht. In allererster Linie will Gaw eine erfolgreiche Operation, das heißt, er
braucht
eine. Und das bedeutet in diesem Fall, die Waffen und das Kokain sicherzustellen und Popeye Ducannon und Fidel Chiquillo zu fassen. Unser Überleben wäre ein Pluspunkt, aber für ihn geht das Leben auch ohne uns weiter.«
»So kaltblütig ist er?«
»Allerdings, und außerdem er ist ehrlich überzeugt, daß die meisten von euch sowieso eine Grenze überschritten haben«, entgegnete Wendy.
»Welche Grenze?« fragte Ellie.
»Die Grenze zwischen dem Staatswohl und der normalen Menschlichkeit«, warf Feenie wütend ein. »In den Augen des Geheimdienstes gibt es keine Abstufungen von Schuld. Also, meine Damen, es sieht nicht so aus, als würde uns die Kavallerie in dieser Notlage zu Hilfe eilen. Wir werden uns wohl selbst helfen müssen, so gut es geht.«
Und wie? fragte sich Ellie.
Das einfachste wäre gewesen, abzuwarten, bis die Tür aufging, einen der Kerle mit der einzigen Kugel umzulegen und den anderen mit der leeren Pistole zum Aufgeben zu zwingen. Aber selbst als Spontanidee wirkte dieser Plan nicht gerade überzeugend. Außerdem hätte das bedeutet, Kelly ihrem Schicksal zu überlassen. Und wenn sie sich zuviel Zeit ließen, würde sich das Problem verdoppeln, weil Popeye und Luis irgendwann mit dem Lastwagen auftauchen würden. Und so nett der Ire sein mochte, er hatte klargestellt, daß es ihm vorrangig darum ging, seine Rente in Form von Kokain abzuholen.
Nein, sie mußten die Initiative ergreifen.
Ellie prüfte ihre Gefühle und stellte fest, daß die Aussicht sie beflügelte. Die Information, daß noch andere Geheimdienstleute in Reichweite waren, hatte ihre Laune ungemein verbessert. Obgleich es sich nicht so anhörte, als würden sie ihnen demnächst zu Hilfe eilen, war zu hoffen, daß Rosie bei ihnen Zuflucht gefunden hatte. Und da sie von Peter mindestens sechzig Meilen trennten, brauchte sie sich um niemanden Sorgen zu machen außer um sich selbst.
Und genau das wünschte sich doch der kleine narzißtische Anteil ihrer Persönlichkeit, den sie durch das Abfassen von Romanen sublimieren wollte, oder?
Jetzt war es soweit. Sie hatte die Chance zu beweisen, wie kreativ sie wirklich war.
»Ich habe einen Plan«, sagte sie.
Achtzehn
Die Kavallerie
E rst hatte Peter Pascoe gedacht, es sei ein leichtes, mit dem Lastwagen zum Pavillon zu fahren, die eigentlichen Probleme würden erst anfangen, wenn sie dort ankämen.
Nach fünf Minuten stellte sich aber die Frage,
ob
sie je dort ankommen würden.
Vermutlich gab es irgendwo einen richtigen Zufahrtsweg, über den der Pavillon versorgt worden war, als Mungo Macallum dort seinen Gästen ein Schauspiel der entfesselten Elemente nebst Festbankett bot.
Nun hatten diese Elemente die Luft in einen undurchdringlichen Wirbel aus Laub, abgebrochenen Zweigen und Regen verwandelt, der das gelbe Scheinwerferlicht schluckte wie ein Saufbruder seine Halben Bier, so daß Peter zweifelte, ob er dem Weg hätte folgen können, selbst wenn er gewußt hätte, wo er sich befand.
Die einzige Orientierungshilfe, die er hatte, war der Sturm, der ihm entgegenblies und von Zeit zu Zeit den Lastwagen rückwärts zu schieben drohte. Die Windschutzscheibe glich einem Fluß bei Hochwasser, in dem die Scheibenwischer zuckten wie sterbende Aale, und der Boden unter den Reifen war mittlerweile so durchtränkt, daß sich das Fahrzeug durch sein Gewicht praktisch sein eigenes Grab
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